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Ausgabe:

1975

Spalte:

950-951

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Müller, Hellmut

Titel/Untertitel:

Beiträge zur Baugeschichte der Klosterkirche Arendsee in der Altmark 1975

Rezensent:

Müller, Helmut

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W9 Theologische Litwatonatong 100. Jahrgang 1973 Kr. 12 agn

fahrang »teilt ein weiter« historisches Ergebnis der vorlie- bezogen werden, methodisch den Versuch einer Korrelation

senden Untersuchung dar. Für das systematische I'rohleu« von deduktivem und induktivem Ansatz dar. Stahl sel/.i nieder
Gestaltung des Sozialen erwies sich Stahls Auseinander- laphysisch und empirisch jeweils hei dem für ihn umfassc.id-
setzung mit der Ilegelschen Sozialphilosophie als besonders sten Bezugssystem an. Metaphysisch denkt er den Menschen
»richtig. In entscheidender Weise verhalf die Hegeische im Bezugssystem des „Sittlichen Reiches", dessen auf die
„Rechtsphilosophie" Stahl zur Ausarbeitung seiner Frogestel- Wesensverwirklickung der Person ausgerichtete Strukturen
lung. Aus dem Interesse an der Freiheit resultiert bei Hegel auch dem Reich Gottes zugrunde liegen. Die Institutionen wer-
das Interesse an den Institutionen. Seine Theorie des „objek- den darum nicht in der Weise mclaphvsisch überhöht daß
liven Geistes" entwickelt die Elemente einer an der mensch- sie durch die direkte Ableitung aus Gott oder göttlichen
Hellen Bestimmung orientierten sozialen Formenlehre. Schopfangsordnungen geheiligt wären; vielmehr besteht bei
Es ließ sich zeigen, daß diese Elemente und ihr /iisam- Stahl lediglich ein theologischer Bezug der Institutionen auf
nlenspiel zum Modell für die oberste sozialphilosophische Ka- das Reich Gottes durch die Kategorie des „sittlichen Reiches"
legorie Stahls wurden, die Vorstellung des „sittlichen Rei- die in dieser Mittelstellung normierende Funktion besitzt,
dies", die im übrigen noch aus Quellen der coccejanisch-ben- Empirisch erfaßt Stahl den Menschen aus dein Ganzen eines
gejsehen Reich-Gottei-VorStellung gespeist ist. Da Stahl an di" Volkes heraus, dessen Einheit er durch die besondere „Le-
dieser letzteren Tradition verwandle anthropologische und benswürdigung" als Gemeinsamkeit des Denkens und Wer-
theologische Prämissen gebunden war, ergab sich für ihn die tens garantiert glaubt.

Notwendigkeit, Hegels Ontologie gegen die — wie Stahl es Wie die juristische Ausformung dieser soziale,bischen Theo-

sah — prinzipiell andersartige Axiomatik einer „christlichen rie zeigt, läuft dieses Verfahren auf eine Rechtfertigung des

Weltanschauung" auszuwechseln. Dies gelang Stahl durch sei- gesellschaftlichen Status quo hinaus. Die Arbeit demonstriert

neu Anschluß an die Spülphilosophie Schellings, deren Rezep- dies am Beispiel der Institutionen Eigentum, Ehe, Staat und

tion freilidi — so das dritte hislorisdie Ergebnis dieser Un- Kirche. Allerdings ergibt die Einzelanalyse auch, daß Stuhls

tersuohung — nur über Stahls Mißverständnis der Sdielling- leitendes Interesse nicht die Legitimierung des Gewordenen

sehen „positiven Philosophie" möglich war. Das Abgründige war. Vielmehr sucht er Aufschlüsse über die Gestallungsim-

dieser Philosophie hat Stahl als Hegelianer nicht erkennen pulse, die eine schöpferische Bewältigung gegenwärtiger und

können. Die Differenz zeigt sich am Begriff des „Realen" beim künftiger Lebensverhältnisse ermöglichen sollten,
späten Schelling und bei Stahl. Sendling verstand unter dem Haß die in der Stahlseilen Instilutioncnlchre aufgegriffene

Realen seit seiner Schrift „Uber das Wesen der menschlichen systematische Fragestellung von aktueller Bedeutung ist, zeigt

Freiheit" (1809) das „Regellose", die „Natur in Gott". Für die seit dem Gottinger Rechlsgcsprüch von 1949 geführte

Stahl war das Reale das Mannigfaltige. Während Schelling Diskussion zum Instilulionenproblcm. Die Parallelen zwi-

im Begriff des Realen den Gedanken der Ordnung immer scheu diesem Entwurf und der Stahlschen Institiitionenlchre

mehr verschwinden ließ, blieb für Stahl das Reale als das werden im abschließenden Teil IV kurz angedeutet. Hier wie

Mannigfaltige stets das Geordnete. Gegen die subjektive <lort sieht man in den Institutionen Einrichtungen Gottes,

Sclhsleinschälzung Stahls ist somit zu beobaditen, daß Stahl 'leren Unverfügbarkeit im Grundriß die ethische Entschei-

in seiner Freiheitslehre und der daraus entwickelten Ethik dung «'es Menschen und seine gestaltende Mitarbeit nicht

dem Idealismus des frühen Schelling und Hegels wesentlich ausschließt, sondern fordert. Stärker als die neue Theorie,

nähersteht als der „positiven Philosophie" des späten Schcl- welche die Offenheit der konkreten Gestalt einzelner Insti

ung.

Unionen betont, hat Stahl die sozialen Formen abschließend

n Teil III der Arbeit wird gezeigt, wie die versdiiedenen definiert. Es ist jedoch zu fragen, ob nicht auch in den neuen

Linien des institutionellen Denkens als Ergebnis der persön- Ansätzen weit mehr, als theologisch begründhar ist, das ge-

lichen Entwirkl...... Stahls und seiner Auseinandersetzung mit .....Worden« /..,■ ethischen .Nonn erhoben wird.

der geistig-politischen Wirklichkeit samt ihren juristischen, Offen ist schließlich die Frage, ob es unabhängig von jeder
theologischen .....1 philosophischen Implikationen in den An- Kulturbezogen heil soziale Grun.lmustcr gibt. Es scheint so,
natz und die Durchführung seiner Instilutioncnlehre ein- "'s habe Stahl hier mit seinem Begriff der „Lebenswürdi-
gehen. Dabei war zu berücksichtigen, daß die Französische Kung einen Aspekt aller Ethik freigelegt, dessen kritische
Revolution für Stahl nicht nur dasjenige Ereignis war, auf Verarbeitung die gegenwärtige Diskussion des Institutionen-
'las alle politisch* Praxis der Zeit sich bezog, sondern daß Problems fordern könnte,
die Revolution für ihn die „Signatur des Zeitalters'' bildete,
auf die nur mit einer Gesamlsdiau des Menschen, insbesondre
seines Verhältnisses zu Gott und zu den Formen des Müller, Hellmut: Beiträge zur Baugesehichte der Klostersozialen
Lehens, angemessen geantwortet werden konnte. Weil kirche Arendsee in der Allmark. Diss. Halle 1973,
Stahl in der Konsequenz dieser Diagnose auch seinen eigenen

Standpunkt durch das Kraftfeld der Revolution bedingt sah, Der erste lc.1 der Dissertation bietet eine vergleichende

heginnl die Darstellung in Teil III mit einem Referat von Baubeschreibung und der zweite den Versuch einer Bau-

Si„i i ii i ■•■ i •„ ..„.i .«nir Sieht der Entwiek- geschichte, während im dritten Teil die Stellung der Arendseer

■nalils llcvohilidiisvcrslaiulMis Iiiiii seiner .-nun uo » .. . . . tl , , "

hng des neuzeitlichen Naturredils seit Grotius. Kennzcidien Klosterkirche innerhalb des norddeutschen Backsteinbaus

dieser Tradition sind nach Stahl in der philosophisd.en diskutiert wird. • .

«■in,„Hegung die Ausscheidung de, Gotlesgcdankens und ... Die m ganzen wohlcrha tenc h.rdie des ehemaligen Be-

,i,.„ ,. . . .. . ,, ____. ,i- k'i.iei»orie des Ver- nediktiner .Nonnenklosters Arendsee ist eine in Ziegelrohbau

<l«r ethisch-politischen Durchführung die Kategorie uu _ o

__ i • i : l u i___„ ,i„« rationalistische errichtete, türm ose. in allen leiten gewölbte, dreischifhge

•rages. Zu einer Institulioneiilehre kann (las r.ilion.iusiisu". "* > > " . j • t .

IV„, , . . . ... , Pfeilerhasihka auf kreuzförmigem (irun.triu mit drei .lochen

naturreoht von daher nicht kommen. ... • in i ■ m %. ,

n i n %r ■ i t — ----J--»--- be- im Langhaus, einer runden llauplaps.s und zwei iNcbenkon-

Den bewußten Ver/ieh auf einen I ranszenden/ntzug ut. . .,, ... .• • . a n u j

„ . . ■__ J,«S>iU<*uin Welt- dien. Glanzpunkte des gut proportionierten Außcnbaus sind
antwortet Stab mit dein Entwurf einer „ciirisllirlicn wen i » r-r

, ,, , . , , • ii ,:,.„ i-„ii^«lel,re und die Hauptapsis und das Querhausportal, das trotz seiner ma-

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Mc aphsik (Cr ( eschichte st tzt. Auf diese Untologie werocn » __- , , ..... , . . , ZZ

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