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Ausgabe: | 1975 |
Kategorie: | Naturwissenschaft und Theologie |
Titel/Untertitel: | Neuerscheinungen |
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Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 11
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Brandmüller, Walter: Kirche und Arbeiterschaft im 19.
Jahrhundert. Fragen und Tatsachen (StZlOO, 1975 S. 228
bis 236).
Schatz, Klaus: Papst, Konzil und Unfehlbarkeit bei Wilhelm
Emmanuel v. Ketteier. Neue Gesichtspunkte zum
Thema „Ketteier und das 1. Vatikanum" (Theologie
und Philosophie 50, 1975 S. 206-230).
Zeiger, Ivo: Kirchliche Zwischenbilanz 1945. Bericht über
die Informationsreise durch Deutschland und Österreich
im Herbst 1945. Eingeleitet und kommentiert von
Ludwig Volk (StZ 100, 1975 S. 293-312).
NATURWISSENSCHAFT UND GLAUBE
Hübner, Jürgen: Biologie und christlicher Glaube. Konfrontation
und Dialog. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus
Gerd Mohn [1973]. 175 S. 8° = Bücherei für Erwachsenenbildung
, hrsg. von W. Böhme, 2. Kart.
DM 16,80.
Unter dem Gewicht der naturwissenschaftlichen Argumente
war der jahrzehntelang mit Erbitterung geführte
Streit um Entwicklungstheorie und Schöpfungstheologie
nahezu zum Erliegen gekommen. Heute hat es den Anschein
, als ob dieser Problemkreis erneut zu einem Gegenstand
der theologischen Reflexion wird. Das könnte
einmal damit zusammenhängen, daß die Sachverhalte
der Evolutionstheorie über das Schulwissen, aber auch
über Presse, Funk und Fernsehen erst jetzt in das Bewußtsein
der breiten Öffentlichkeit — und damit auch
der Gemeindeglieder — treten. Zum anderen haben neue
Forschungszweige und -ergebnisse, ebenfalls durch die
modernen Kommunikationsmittel schnell popularisiert,
Anknüpfungspunkte für neue Gesprächs- und Reflexionsgänge
geliefert: die Ethologie durch den Nachweis, daß
die phylogenetische Entwicklung über das rein Physische
hinaus bis in das Verhalten von Tier und Mensch hinein
wirksam ist (beim Menschen freilich nur in fragmentarischen
Resten, überlagert durch sozio-kulturelle Motive);
die Molekularbiologie bzw. Biochemie durch Untersuchungen
zum Ubergang von der anorganischen zur organischen
Evolution, durch die Entzifferung des genetischen
Codes und die damit in Aussicht gestellte Einflußnahme
auf das genetische Material.
Das vorliegende Buch konzentriert sich auf den zweiten
Bereich, der unter vier Fragen entfaltet wird: 1. „Entwickelt
sich die Welt?" (S. 12-44: Wandlungen des Weltbilds
vom Alten Testament über die Antike bis zur „ko-
pernikanischen Revolution" und zum „darwinistischen
Schock"). 2. „Ist der Mensch ein Tier?" (S. 45-86: Die
Stellung des Menschen in der Natur und mögliche Deutungen
seiner Existenz). 3. „Woher kommt das Leben?"
(S. 87—129: Entstehung des Lebens auf unserem Planeten
und Strukturen der lebenden Materie). 4. „Dürfen wir
tun, was wir können?" (S. 130—166: Ethische Probleme
hinsichtlich möglicher Konsequenzen genetischer Forschungen
). In einem Anhang gibt der Herausgeber eine
knappe methodische „Einführung in die Arbeit mit selbsttätigen
Gruppen" (S. 167-171).
Die einzelnen Abschnitte sind methodisch im Dreischritt
Information — Problemskizzen — Konkretionen
aufgebaut. Die Informationen zeichnen sich durch Konzentration
auf das Wesentliche und Bemühen um Verständlichkeit
aus. In den Problemskizzen und Konkretionen
werden verschiedene „Denkmodelle'' angeboten,
in der Absicht, die eigene Reflexion, Meinungs- und Urteilsbildung
des Lesers zu stimulieren (Vorwort S. 9 und
Anhang S. 169). Problematisch und hinsichtlich ihrer
Funktion unklar bleiben die zahlreich eingestreuten Zitate
von Naturwissenschaftlern und Theologen, auch da.
wo sie unter der Rubrik „Konkretionen" stehen. Durch
ihre Anordnung erwecken sie in vielen Fällen den Eindruck
, als sollte durch Autoritäten-Sprüche das Vorangegangene
unterstrichen und zusammengefaßt werden. Dabei
ist es für den Nichtfachmann ohne Kenntnis des Kon-
texts oder des Autors oft kaum möglich, diese biologischen
und theologischen „Brocken" — in der Unterschiedlichkeit
der Positionen und Terminologien — zu erfassen.
So werden philosophisch-theologische Unklarheiten gefördert
oder erzeugt, die darauf hinauslaufen, aus agno-
stisch, positivistisch, idealistisch, kulturpessimistisch gefärbten
Zitaten Kapital zu schlagen und Schöpfungstheologie
noch immer als Weltentstehungstheorie zu formulieren
(s. etwa S. 44, 71 f., 114f., 128f.). Um diese verbreitete
Neigung abzuwehren, wäre es wünschenswert, jeweils
mehrere Zitate zur gleichen Sache mit deutlich voneinander
abgehobenen Positionen zusammenzustellen
und — über die knappe „Gebrauchsanweisung" auf S. 169
hinaus — den Zitaten direktere Hinweise, Fragestellungen
, Rückkopplungen zum Vorangegangenen vorzugeben
. Oder kommen in der Wahl der Zitate die geheimen
Intentionen von Autor bzw. Herausgeber zum Ausdruck,
die sonst hinter der Methodik von Frage und Gegenfrage
, These und Gegenthese zurücktreten? Dann freilich
müßten entschiedene Bedenken angemeldet werden.
Denn Schöpfungstheologie ist alles andere als „ein Versuch
, den Vorgang der Weltentstehung und der Menschwerdung
zu erklären ... Gott wäre dann nichts anderes
als ein Ausdruck, eine Chiffre für eine letzte zu postulierende
Weltursache oder auch eine anonyme, geheimnisvolle
Kraft, die im Ganzen der Welt wirksam ist. So
oder so, er wäre selbst ein Objekt der Welt. Es gehört zu
den elementarsten Kennzeichen des biblischen Gottesglaubens
, daß er so gerade nicht von Gott redet" (G.
Bornkamm in: Schöpfungsglaube und Evolutionstheorie,
Stuttgart 1955, S. 131).
Es dürfte deutlich geworden sein, daß eine Rezension
des Buches im gewohnten Sinn Schwierigkeiten bereitet:
Als „Arbeitsbuch für Hauskreise und Kurse" konzipiert
(S. 167), bietet es keine deutlich ausgesprochene Position
des Autors, die bejaht, angefragt oder kritisiert werden
könnte. Sie wird zurückgestellt zugunsten der Absicht,
verschiedene Positionen als „Denkmodelle" vorzulegen.
Man hat es nicht mit üblicher populärwissenschaftlicher
Lektüre zu tun, die kurzerhand zur Kenntnis genommen
werden könnte, sondern mit Arbeitsmaterial, das am
besten in einer Gruppe zu studieren, zu reflektieren und
zu diskutieren ist. Eigene Erprobungen dieser Art haben
dem Rez. die Bestätigung erbracht, daß es dazu hervorragend
geeignet ist.
Berlin Manfred Punge
Dessecker, Klaus, u. Peter H. A. Neumann [Bearb.]: Moderne
Naturwissenschaft und Schöpfung. Stuttgart:
Calwer Verlag [1972]. 48 S. 4° = Religion - Studienstufe
, hrsg. v. P. H. A. Neumann, 6. DM 4,50.
Gilch, Gerhard: Neue Dimensionen der Lebensforschung
(DtPfrBl 72, 1972 S. 629-632).
Heitier, Walter: Gott und die Naturwissenschaft, in: Gott
in dieser Zeit, hrsg. v. L. Reinisch. München 1972 S. 89
bis 105.
Käufer, Christoph: Der Sterbevorgang in medizinischer
Sicht (Concilium 10, 1974 S. 245-250).
Langner, Jürgen: Stand und Tendenzen der modernen
medizinisch-biologischen Erforschung des Menschen
(ZdZ 1971 S. 133-145).
Nikolasch, Franz: Die Bußliturgie in den Kirchen des
Ostens und ihre Bedeutung (Conc 7, 1971 S. 32-36).
Nußbaum, O.: Die Zelebration versus populum und der
Opfercharakter der Messe (ZkTh 93, 1971 S. 148-167).
Punge, Manfred: Genesis-Biogenese-Genetlk. Anmerkungen
zum Gespräch zwischen Biologen und Theologen
(ZdZ 1971 S. 121-126).