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Ausgabe:

1975

Spalte:

830-833

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Genesis 1975

Rezensent:

Bertram, Georg

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Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 11

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chard Brilliant untersucht mit „Painting at Dura-Euro-
pos and Roman Art" (S. 23—30) die Beziehungen zwischen
der Kunst im Imperium Romanum und der von
Dura und schlägt vor, diese verschiedenen Kunstäußerungen
mehr in formaler Hinsicht (Motive, Kompositionsform
, Farben und Linien u. a. m.) zu erfassen und
damit vergleichbarer zu machen („Only through a criti-
cal description of their Visual appearance is it possible
to characterize these paitings properly, identify their
properties, and attempt a stylistic definition of painting
at Dura").

Mary Lee Thompson führt die kunstgeschichtlichen
Betrachtungen mit „Hypothetical Models of the Dura
Paitings" (S. 31—52) in der Richtung weiter, daß sie
nach dem technischen Vorgang der Übertragung von
Bildmotiven fragt, wobei dieses Problem nicht nur für
die Gemälde von Dura, sondern überhaupt für die Ausmalung
von Räumen mit Bildern und Bildkompositionen
ansteht. Vf. kommt zu dem Ergebnis, daß es große, auf
Leinwand gemalte Vorlagen gegeben haben muß, die
man auf Holzrahmen spannte und dann gut kopieren
konnte, um daraus Bildkompositionen herzustellen („In
conclusion, pattern books, panel paintings and Cartoons
must have been Standard equipment of ancient artists").
Mit dem sehr diffizilen Komplex „The Dura Synagogue
Costumes and Parthian Art" (S. 53—77) befaßt sich der
Beitrag von Bernard Goldman. Die weite Robe und die
enge, zugeschnittene Jacke mit Hose, wie sie die Gestalten
auf den Gemälden tragen, haben keinerlei symbolische
Bedeutung, sie sind vielmehr gewissen formalen
Darstellungstypen von Personen zugeordnet; Regeln für
die Anwendung dieser „suggested patterns" brachten die
Künstler jeweils nach ihrem Herkommen mit. Andrew
Seager beleuchtet mit seinem Beitrag „The Architecture
of the Dura and Sardis Synagogues" (S. 79—116) durch
einen Vergleich der beiden Bauwerke die folgenden
Punkte: „1) the origins of ancient synagogue architecture
and its evolution during the later Roman Empire,
2) the orientation of worship in synagogues, 3) the Provision
for women in worship, and 4) the functions of the
courtyard and annex rooms", um am Schluß seiner Ausführungen
noch kurz das Verhältnis von jüdischer Synagoge
und christlicher Kirche zu streifen: „The basilican
hall ... was used for public assembly of many types in
the Roman world, but both Christianity and Judaism
appear to have fused the hall and a frontal court in si-
milar fashion at about the same time." Die These E.
Goodenoughs vom „Mystic Judaism", wie sie in dem als
wissenschaftliche Großtat bezeichneten Werk „Jewish
Symbols in Greco-Roman Period" vertreten wird, unterzieht
Michael Avi-Yonah einer kritischen Betrachtung
(S. 117—135: „Goodenough's Evaluation of the Dura
Paitings: A Critique"). Vf. hebt die vielen gelungenen
Identifikationen von Einzelheiten auf den Gemälden lobend
hervor, lehnt aber ihre symbolische Ausdeutung
und Beweiskraft für ein „mystic Judaism" ab; es sei ein
Irrtum, „that transitory symbolical values, good for their
own period and environment, can be transferred to an-
other without losing their meaning. Symbols stand for
certain values and certain times, and are not good for all
eternity". Auch hier wird die Forderung erhoben, der
kunstgeschichtlichen und formalen Betrachtung der Gemälde
aus Dura mehr Beachtung zu schenken: „Goodenough
's theological and philosophical training caused his
lack of interest in the history of art and in the formal
aspect of the Dura paitings — this point does in fact re-
nuire still much further study." Der letzte Beitrag, den
der Herausgeber Joseph Gutmann selbst beisteuert, befaßt
sich mit der Frage „Programmatic Painting in the
Dura Synagogue" (S. 137—154). Nachdem Vf. verschiedene
Entwürfe und Vorschläge genannt und ihre innere
Gemeinsamkeit gezeigt hat, richtet er sein besonderes

Augenmerk auf die mittlere Gemäldereihe, auf der die
Geschichte der Lade das vorherrschende Thema ist. Bei
der Frage nach einem Bezug dieser thematischen Darstellung
zu dem liturgischen Geschehen im Synagogenraum
kommt Vf. zu der These, daß die Überführung der
Thorarolle aus dem Nebenraum zum Thoraschrein des
Versammlungsraumes und ein diesen Vorgang begleitender
liturgischer Gesang diese Themenstellung und
Szenenfolge veranlaßt hat.

Man sieht: 40 Jahre nach der Entdeckung der Synagoge
von Dura-Europos sind noch viele Fragen offengeblieben
und müssen beantwortet werden, und Archäologen
, Kunsthistoriker und Theologen werden gut daran
tun, gemeinsam diese Aufgabe anzugehen, damit nicht
durch einseitige Betrachtungsweisen Fehlschlüsse gezogen
werden.

Halle Karl-Martin Beyse

Wevers, John William [Ed.]: Genesis. Göttingen: Van-
denhoeck & Ruprecht 1974. 502 S. gr. 8° = Septuaginta.
Vetus Testamentum Graecum. Auctoritate Academiae
Scientiarum Gottingensis editum. Vol. I. Lw. DM 185,—.

Mit dem Erscheinen der Genesis ist ein bedeutsamer
Schritt zur Weiterführung der Göttinger LXX geschehen.
Die moderne Arbeit am griechischen AT ist in ihren Anfängen
durch Lagarde bestimmt. Er gab im Jahre 1868
die erste kritische Ausgabe der Genesis heraus und
wandte dabei die Grundsätze an, die er in seinen „Anmerkungen
zur griechischen Übersetzung der Prover-
bien", erschienen 1863, formuliert hatte. Diese „Anmerkungen
" bedeuten, wie Rahlfs in der Darstellung des Lebenswerkes
seines verewigten Lehrers sagt, die Einleitung
einer neuen Epoche der LXX-Forschung. Lagarde
ist mehr und mehr zur Arbeit an den LXX-Texten übergegangen
. Die Möglichkeit bot sich für ihn vor allem dadurch
, daß ihm ein englischer Freundeskreis das Werk
von Holmes und Parsons schenkte. Damit stand ihm der
größte Apparat zur Verfügung, der von den Herausgebern
und ihren Mitarbeitern auf Grund von 300 Mss,
dazu Väterzitaten und Tochterübersetzungen der LXX
geschaffen worden war. Das wachsende Interesse am griechischen
AT führte in England wie in Deutschland zur
Gründung von wissenschaftlichen LXX-Unternehmen.
Die englischen Gelehrten unter Brooke und McLean legten
für ihre diplomatische Ausgabe den Codex Vaticanus
zugrunde, der, soweit nötig, durch den Alexandrinus
u. a. ergänzt wurde. Von der auch heute noch nicht vollendeten
Gesamtausgabe der LXX erschien 1906 die Genesis
. Durch die Nachkriegsverhältnisse in Deutschland
war das unter Rahlfs gegründete LXX-Unternehmen
sehr gehemmt. Aber es gelang, bei der Privilegierten
Württembergischen Bibelanstalt Stuttgart einen Text
der Genesis zu veröffentlichen, der im wesentlichen mit
vorhandenem Material gestaltet war. Es war der erste
kritische Text, der die Überlieferung nach Textfamilien
und Gruppen ordnete und mit seiner wissenschaftlich begründeten
Textgestaltung für die ganze Göttinger LXX-
Arbeit vorbildlich wurde (vgl. OLZ 31, 1928 Sp. 449). Das
Nebeneinander der englischen und der deutschen LXX-
Arbeit führte dazu, daß die Engländer bei der Herausgabe
der überlieferten Ordnung der Bücher folgten. Das
Göttinger LXX-Unternehmen teilte das griechische AT
in 16 Teile. Die Veröffentlichung begann mit den Psalmen
, dem Bd. X, den Rahlfs selbst noch 1931 herausbrachte
. Die Bände XII, 1, 2,-XVI Sap, Sir, sowie die Propheten
stammen sämtlich von Joseph Ziegler 1943—67.
Außerdem sind erschienen IX, 1 Macc I von Kappler,
dem Nachfolger von Rahlfs in der Leitung des Unternehmens
, IX, 2 Macc II von Kappler vorbereitet, nach seinem
Tode hrsg. von Hanhart 1959. Hanhart hat inzwischen
auch die Leitung übernommen. IX, 3 Macc III 1960, VIII,