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Ausgabe:

1975

Spalte:

828-830

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

The Dura-Europos Synagogue 1975

Rezensent:

Beyse, Karl-Martin

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Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 11

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tiv charakterisieren oder sich mit ihm auseinandersetzen
, folgen ein oder zwei Verheißungen, die alle von der
Heimkehr und dem neuen Leben handeln (S. 370). Ob
diese Einheiten vorlaufende Teilsammlungen darstellen
oder das Ergebnis der Endredaktion des Buches sind, ist
nach E.s Ansicht nicht mehr erhebbar. Diese redaktionellen
Einheiten stellen darüber hinaus den Hauptteil einer
größeren Teilsammlung oder eines Abschnittes des Buches
dar, der mit der Aufforderung zum „neuen Lied"
42,10-12 eingeleitet und durch den Hymnus 44,23 abgeschlossen
wird.

Im Zusammenhang der gattungskritischen Analyse der
Texte, die wieder auf einer äußerst sorgfältigen und
gründlichen Analyse basiert, fällt auf, daß E. sich eingehend
der Widerlegung von Westermanns „Heilsankündigung
" widmet (bes. bei 42,14-16(17) und 43,16-21). Die
Argumentation überzeugt. Eben darum aber enttäuscht
der Gegenvorschlag E.s ein wenig, die Texte der Gattung
„Verheißung" (im Gunkelschen Sinn) zuzuordnen, weil
er die auch sonst zu beobachtende gründliche Beweisführung
bei der Erarbeitung der Gattungsmerkmale gerade
hier vermissen läßt. Die verbleibenden Einheiten ordnet
E. den folgenden Gattungen zu: Hymnus (42,10-13), Verheißung
(43,14-15), Stück im Disputationsstil (42,18-23),
Heilsorakel (43,1-7; 44,2-4), Gerichtsrede (43,8-13.22-28).

Eine besondere Stärke des Kommentars wird in der
Auslegung der einzelnen Texte deutlich. Sowohl in der
Textkritik als auch in Abschnitt Wort gilt E.s besonderes
Augenmerk terminologischen Problemen, die mit großer
Gründlichkeit und Umsicht behandelt werden. Ihre Darlegung
ist im übrigen in Lfg. 4—5 aus den Anmerkungen
in den Text des Kommentars übernommen worden. Da
wegen der Fülle von Einzelproblemen, die E. in diesem
Zusammenhang erörtert, auf sie hier nicht eingegangen
werden kann, sei der nachdrückliche Verweis auf den
Kommentar selbst erlaubt.

Einige kurze Bemerkungen zu E.s Auslegung der einzelnen
Texteinheiten soll diese Besprechung abschließen
: 42,10-13 sieht E. durch die Feldzüge des Kyros veranlaßt
; der Hymnus schildert Jahwe als den eigentlichen
Führer des persischen Heeres und versteht darum den
Sieg des Kyros als den Beginn des Neuen. Dieses Neue,
dessen Anbruch auch in 42,14-16(17) verheißen wird, ist
weniger an der eschatologischen Umwandlung der Welt
als vielmehr in der Heimführung des Volkes Israel zu
sehen.

Bei dem stark umstrittenen Stück 42,18ff. entscheidet
sich E. gegen viele andere für die Echtheit von V. 18-19a.
20-21a.22-23, da der häufig ausgeschiedene V. 21a vielmehr
als die Mitte des ganzen Zusammenhangs anzusehen
sei. In diesem Disputationswort setzt sich Dtjes. mit
seinen Gegnern auseinander, die stellvertretend für ganz
Israel und seine falsche Einschätzung der Lage stehen.
Das Heilsorakel 43,1-7, das gelegentlich als Beleg für die
zunehmende Individualisierung des Jahweglaubens herangezogen
wird, bezieht E. auf das Volk Israel und seine
Gruppen in der Diaspora.

Als „die totale Absage an den Polytheismus" und „die
eindeutige Proklamation des Monotheismus" bezeichnet
E. die zentralen Aussagen der Gerichtsrede von 43,8-13
(S. 324). In E.s Auslegung liefert dieser Abschnitt auch
ein treffendes Beispiel für die Ausführlichkeit seiner terminologischen
Überlegungen: Ganze zwei Seiten benötigt
er für die Erörterung der Bedeutung des Wortes zr. In
ähnlicher Breite legt E. seine Ansichten zu dem äußerst
schwierigen Text 43,14-15 dar, von dem er schließlich annehmen
muß, daß er nur mehr fragmentarisch erhalten
ist. Mancher Leser mag solche Breite der Darlegung für
überflüssig halten; der Rezensent hat gerade an dieser
Stelle die eingehende Erörterung der Probleme als sehr
hilfreich empfunden.

Bei der Verheißung 43,16-21, deren strophischer Gliederung
(Volz, Fohrer) E. mit zwei kleinen Korrekturen
zustimmt, ist besonders auf die Bemühung um die Interpretationsprobleme
hinzuweisen, die mit den Ausdrük-
ken qdm und r'sn verbunden sind. E. bezieht das „Frühere
" und das „Vorige" auf die gesamte Geschichte des
Volkes Israel und seine Stellungnahme dazu, „wobei die
Katastrophe von 587 ganz selbstverständlich ihre besondere
Rolle spielt" (S. 353), und lehnt damit den direkten
Bezug auf das unmittelbar davor berichtete Exodusgeschehen
ab, dessen sprachliche Ausformung einer hymnischen
Tradition entstammen dürfte.

43,22-28 versteht E. als einen kultkritischen Text, nach
welchem der Kultus als eine menschlichen Interessen
dienende Institution zu verstehen ist und darum vom
Propheten als Argument in der Auseinandersetzung nicht
zugelassen wird. Schließlich redet das Heilsorakel 44,2-4
nicht von der Umwandlung der Natur oder der wunderbaren
Heimkehr Israels durch die Wüste, sondern einfach
metaphorisch vom Wiedererstehen des Volkes Israel.

Insgesamt darf festgehalten werden, daß die vorliegenden
beiden Lieferungen von E.s Deuterojesajakom-
mentar die Erwartungen, die die ersten Lieferungen
weckten, erfüllt haben. Es bleibt zu hoffen, daß die nächsten
Lieferungen in nicht zu großen Zeitabständen folgen
.

Erlangen Gunther Wanke

Gutmann, Joseph [Ed.]: The Dura-Europos Synagogue:
ARe-Evaluation (1932-1972). Cambridge, Mass.: American
Academy of Religion. Society of Biblical Litera-
ture 1973. 190 S. m. 17 Abb. a. Taf. 8° = Religion and
the Arts, 1. $ 4.50.

Am 4. September 1972 fand unter der Leitung von
Clark Hopkins, dem „fleld director of the Dura excava-
tions", in Los Angeles ein „Meeting of the International
Congress of Learned Societies for the Study of Religion"
statt, das der 40. Wiederkehr des Jahres gewidmet war,
in dem die berühmte Synagoge von Dura-Europos ausgegraben
wurde. Joseph Gutmann hat die bei diesem Anlaß
gehaltenen Vorträge, die die mit diesem Thema verbundenen
Probleme mit „fresh eyes" zu untersuchen
sich bemühen, herausgegeben. Dem „Preface" (S. 8—10)
des Herausgebers folgen sieben Aufsätze, jeweils mit
einer Vielzahl von Anmerkungen versehen, Informationen
über die „Contributors" (S. 155—156), eine „Selected
Bibliography" (S. 157-159), ein „Index" (S. 160-171) sowie
16 Abbildungen, die in einer „List of Illustrations"
(S. 6—7) aufgeführt sind. Voran steht ein „Frontispiece",
das die SW-Ecke des Synagogenraumes zeigt, wie er jetzt
im Museum zu Damaskus wieder aufgebaut worden ist.
Um gleich bei den Abbildungen zu bleiben, so hätte man
sich beim Studium dieses informativen Buches eine Ubersichtskarte
des behandelten geographischen Raumes und
eventuell auch eine Lageskizze der Stadt gewünscht, wie
sie etwa O. Eißfeldt in seinem Aufsatz über „Die Wandbilder
der Synagoge von Dura Europos" in „Forschungen
und Fortschritte" 31, 1957, S. 241-249 = Kleine
Schriften III, 1966, S. 426-440. Taf. IX-XII gebracht hat
(diesen Aufsatz vermißt man in der Bibliographie ebenso
wie seinen Artikel „Dura-Europos" aus dem Reallexikon
für Antike und Christentum IV, 1959, Sp. 358
bis 370).

Die einzelnen Vorträge sind durchweg von Fachleuten
der behandelten Spezialprobleme gehalten. In der „In-
troduction: The Excavations of the Dura Synagoge Paint-
ings" (S. 11—21) läßt der schon obenerwähnte Leiter der
Ausgrabungen von Dura-Europos, Clark Hopkins, die
Geschichte der Entdeckung der Synagoge an den Augen
des Lesers vorüberziehen, bei der glückliche Zufälle und
technische Probleme, z. B. die Sicherung der Gemälde,
die Aufteilung der Funde u. ä. eine Rolle spielen. Ri-