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Ausgabe:

1975

Spalte:

682-686

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Die sächsisch-thüringische Provinz und die sächsische Reformkongregation bis zum Untergang der beiden 1975

Rezensent:

Kleineidam, Erich

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079

Sandvik, Björn: Dag Kommen des Herrn beim Abendmahl
Im Neuen Testament. Zürich: Zwingli Verlag [1970].
170 S. 8° = Abhandlungen zur Theologie des Alten und
Neuen Testaments, hrsg. v. O. Cullinann u. H. J. Stoebe,
58. Kart. DM 19,—.
Die bei O. Cullmann gearbeitete Basier Dissertation
will „ins theologische Neuland der hinter den neutesta-
mentlichen Texten liegenden Abendmahlstheologie"
vorstoßen (7). Sie tut das nicht mittels einer nochmaligen
Untersuchung der Einsetzungsberichte, sondern
nimmt als ihren Ausgangspunkt „die Spuren der Gottesdienstliturgie
, die wir in den Texten finden. Unter
.Liturgie' verstehen wir fostgeprägte Elemente des Gottesdienstes
, wie Gebete, Akklamationen, Segenssprüche
und Hymnen" (9). Allerdings versucht S. nicht, systematisch
alle solche Elemente aus den urchristlichen
Schriften zu eruieren, bei denen ein Bezug auf das Abendmahl
wahrscheinlich gemacht werden könnte. Er begnügt
sich vielmehr mit zwei kurzen Formeln, Mara-
natha und Hosanna, in der Hoffnung: „Mit Hilfe einer
liturgischen Anspielung oder Formel kann man in den
Texten verborgenen Zusammenhängen . . . auf die Spur
kommen. Die Liturgie hilft, .zwischen den Zoilen' zu
lesen" (10). Solcho Methode ist besonders bei schmaler
Ausgangsbasis mit der Gefahr verbunden, beim „Vorstoß
ins theologische Neuland" den Boden unter den
Füßen zu verlieren. M. E. ist S. dieser Gefahr -—■ trotz
guter Einzelbeobaehtungen — gründlich erlogen.

Ein weiterer Punkt sei gleich zu Anfang kritisch
vermerkt. S. sieht seine „Aufgabe nicht darin, die
verschiedenen historischen Fragen der Entstehung und
Entwicklung des urchristliehen Mahlbrauches zu beantworten
. Wir fragen nach dem theologischen Inhalt der
Mahlfeier" (10). D.h., er setzt voraus, daß nur der Mahlbrauch
eine historische Entwicklung im Urchristentum
erlebt hat, während der theologische Inhalt gleichbleibt
. Diese Voraussetzung beherrscht die ganze Untersuchung
.

Das 1. Kapitel behandelt den Maranatharuf. S.
meint, daß er „nie losgelöst von seinom oucharistischen
Rahmen behandelt werden" darf (14). Nun ist es zwar
durch Did 10,6 und IKor 16,22 gesichert, daß Mara-
natha in der Abendmahlsfoier hellenistischer Gemeinden
seinen Platz hatte, aber damit ist noch nicht bewiesen,
daß es denselben Platz auch in der aramäisch sprechenden
Urgemeinde einnahm. Dagegen spricht, daß Mara-
natha auf die Einlade- und Ausschlußformel folgt, zu
der es Parallelen nur in den hellenistischen Mysterienreligionen
gibt.

Für die hellenistische Gemeinde dürften S.s Ausführungen
zu Maranatha in der Abendmahlsfeier zutreffen
, die als „Vorwegnahme des endlichen Kommens"
gilt. Maranatha ist entweder Bitte um das Kommen
Christi zum Mahl und um sein eschatologisches Kommen
oder aber „das Kommen des Herrn beim Mahl (ist)
die Voraussetzung der Bitte um das eschatologische
Kommen" (17). Diese Botonung der Gegenwart versucht
S. abzusichern durch Betrachtung des Mara-
Titels, Heranziehung der „Auferstehungsmahlzeiten"
und die Darlegung des dem Abendmahl implizierten
Gerichts. Letzteres gelingt ihm überzeugend für Paulus
(28f), während die Interpretation der Sendschreiben der
Apk von diesem Gedanken her kaum überzeugen kann
(29—34). Bedauerlich ist, daß S. die „Komm".Gebete
der Thomasakten „nur beiläufig erwähnt" (26f).

Das 2. Kapitel ist dem Hosannaruf gewidmet. Aus
der Tatsache, daß er in Did 10,6 der Bitte um die Par-
usie folgt, gewinnt S. dasselbe Ergebnis wie bei Maranatha
: „Die Gemeinde erlebt das Mahl als eine Vorwegnahme
der Parusie" (40). Hat sich S. bis hierhin
auf relativ sicherem Boden bewegt, so folgert er ab
jetzt — beim Eindringen „in das theologische .Hinter-

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land' der Liturgie" (44) — eine ungesicherte Hypothese
aus der anderen. Daß der Hosannaruf in Mk
11,9f in einem Zitat aus Ps 118,25f erscheint, läßt ihn
fragen, ob dieser Ruf innerhalb des Abendmahls losgelöst
von seinem Kontext im Psalm verstanden werden
darf. Von daher stellt er die Hypothese auf, beim
Schlußteil von Ps 118 handle es sich um einen „Abendmahlstext
" (48). Daß ein anderer Vers dieses Schlußteils
, nämlich v22, im NT öfter zitiert wird, bildet
dann die Brücke zum 3. Kapitel („Der Tempel"), das
den Hauptteil des Buches ausmacht (53—126). Hier
versucht S. zunächst nachzuweisen, daß an den Stellen,
an denen Ps 118,22 zitiert wird, Tempelsymbolik vorliegt
, die im Zusammenhang mit dem Abendmahl verstanden
werden müsse. Nachdem er so über Ps 118,22
einen Zusammenhang von Tempel und Abendmahl
konstruiert hat, behauptet er diesen Zusammenhang
dann generell, indem er den „Tempelbegriff" bei Paulus,
in Hebr, Apk und JohEv untersucht und überall einen
eucharistischen Hintergrund entdeckt.

Hier wird allzu munter kombiniert. Unter den Begriff
„Tempel" fallen u. a. der Weinberg in Mk 12,1—12,
der Weinstock Davids in Did 9,2, die mone in Joh
14,23. Als Beweise für eucharistischen Hintergrund
erscheinen u. a. das Vorliegen des Gerichtsgedankens
(70.77.108), die Verbindung von Ohristologie und
Ekklesiologie (67.69.87), für Eph 5,19 die Mahnung im
vorangehenden Vers, sich nicht mit Wein zu berauschen
(45). Daß S. hier auf einem Holzweg ist, zeigt
sich auch daran, daß er zwar regelmäßig fragt, was die
Tempelvorstellung für das Verständnis des Abendmahls
austrägt, bei der Antwort aber im Grunde nicht
über das schon zuvor ermittelte Ergebnis hinauskommt:
eine besondere göttliche Gegenwart im Abendmahl
(37.40.63.71.100.117; vgl. 95.111.125).

Die Überschrift des 4. Kapitels („Der Hintergrund
der neutestamentlichen Tempelvorst» llung") trifft nur
auf den 2. Abschnitt zu. Der erste gehört sachlich zum
3. Kapitel, da dort einige Texte aus den Apostolischen
Vätern dieselbe Behandlung erfahren wie vorher die
neutestamentlichen. Im 2. Abschnitt unternimmt S.
zunächst „nur einen .Streifzug' durch einige Tempeltexte
in den Qumranschriften" (137) und handelt dann
— die Probleme mehr anreißend als ausführend — über
„Die Tempelvorstellung und der Vorstellungskreis des
Laubhüttenfestes" (139—143). Ohne Zusammenhang
wird noch ein Exkurs angehängt („Der Makarismus in
der urchristlichen Abendmahlsliturgie" — 145—149).

Sympathisch ist an S.s Buch, daß der Vf. die Hypo-
thesenhaftigkeit seines Versuchs selbst wiederholt
herausstellt. Die Lektüre wird dadurch erleichtert,
daß auf die beiden ersten Kapitel und jeden Abschnitt
des 3. und 4. Kapitels ein Rückblick folgt, der Gang
und Ergebnis der vorangehenden Untersuchung sehr
gut zusammenfaßt. Wer sich schnell einen Uberblick
verschaffen will, dem sei zuerst die Lektüre dieser Rückblicke
empfohlen.

Bonn Klaus Wengst

Farmer, William R.: The Last Twelve Verses of Mark. Cambridge
: University Press [1974]. XVI, 124 S., 4 Taf. 8° =
Society for New Testament Studies, Monograph Series,
25. £ 3,—.

Der texanische Neutestamentier, der sich uns bisher
als energischer Bestreiter der synoptischen Zweiquellentheorie
und der literargeschichtlichen Markuspriorität
gezeigt hat (ThLZ 92, 1967, 424f.), hat sich dem Problem
des sog. „Ariston-Schlusses" des Markusevangeliums zugewandt
. Für die Authentizität dieser Überlieferungsein-

Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 9