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Ausgabe:

1975

Spalte:

669-670

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Hoffmann, Adalbert

Titel/Untertitel:

David 1975

Rezensent:

Zobel, Hans-Jürgen

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Seite 1, Seite 2

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.Religion aber unbrauchbaren Gedanken vor allem von
M. Eliade, S. Freud, C. G. Jung, G. van der Leeuw
und W. Staudacher stützen, sind leider überholt.
Berlin Karl-Heinz Bernhardt

1 Von einor Auseinandersetzung im einzelnen, die ohnehin
den Rahmen einer Besprechung sprengen würdo, kann hior
abgesehen werden, da der Vf. die andere Position des Rez.
ausdrücklich vermerkt (S. 10, Anm. 35).

2 Wenn man das Vorbild des jebusitischen Königtums
auf den besonderen Aspekt der davidischen Herrschaft als
Stadtkönigtum in Jerusalem beschränkt, dann kann Ps 110
nicht so interpretiert werden, als sei Königtum „hier offenbar
ganz bewußt als Nachfolgeinstitution des vorisraelitischen
jebusitischen Königtums" verstanden wordon (S. 88). Odor
ist auch hier nur an die spezielle Funktion des davidischen
Herrschers als Stadtkönig von Jerusalem gedacht ? Ähnlich
undeutlich bleibt die Charakterisierung des jebusitischen
Königtums. Einerseits erscheint es als bescheidenes kanaa-
näisches Stadtkönigtum, andererseits entdeckt St. in seiner
Ideologie einen „vorisraelitisch-jerusalemischen Staatskosmos
" mit „universalistischem Anspruch" und damit „dasselbe
Verständnis vom Wesen des Staates und seines Rituals"
wie in den mesopotamisohon Großstaaten (S. 96). St. bezweifelt
überhaupt die Existenz eines Tempels im vordavidi-
schen Jerusalem (S. 8—10), setzt aber zugleich ein hochentwickeltes
Kultwesen voraus.

8 Die Malkisedeq-Überlieferung wertet St. zu einem „Kompendium
jebusitischer Religiosität" auf (S. 151). Im einzelnen
finden sich hier angeblich „Aspekte des Fruchtbarkeitskultus
", weil Malkisedeq den Abram mit Wein und
Brot bewirtet, den „hervorragendsten Produkten agrarischer
Kultur". Wenn weiterhin nach Malkisedeqs Worten
EI die „Feinde in Abrams Hand" gegeben hat, dann soll
dies El als den Gott kennzeichnen, der „sich dem Ansturm
der feindlichen Mächte entgegenstellt". Von hier aus erschließt
sich dem Vf. eine Verbindung zum .Völkorkampf-
motiv' im Alten Testament, dessen jobusitische Horkunft
darin zu erkennen sei. -—■ Die Unzulänglichkeit solcher
Beweisführung dürfte auch jenen Fachleuten nicht entgehen,
die den Wert kanaanäischen Brauchtums innerhalb der
Religion Israels gebührend zu schätzen wissen.

IC ml, Gerhard von: Gottes Wirken in Israel. Vorträge zum
Alten Testament, hrsg. v. O. H. Steck. Neukirchen,
Vluyn: Neukirchener Verlag des Erziehungsvereins [1974]-
323 S. 8°. Lw. DM 30.—.

Es gehört zu den reizvollsten Gelegenheiten im Leben
eines Wissenschaftlers, wenn er einem ausgewiesenen
Fachgonossen bei dem Geschäft der Popularisierung
wissenschaftlicher Erkenntnisse zuschauen darf. Nicht
allein die Themenauswahl interessiert dabei, sondern
auch die Methode der Darbietung regt zur Auseinandersetzung
und Stellungnahme an. Daß die .gleichsam
zwischen Lehrstuhl und Kanzel' angesiedelten Vorträge
Gerhard von Rads — zumindest in einer sehr schönen
und repräsentativen Auswahl — nunmehr auch dem
an dem Lebenswerk des einstigen Heidelberger Alt-
t estamentlers interessierten Leser zugänglich geworden
sind, muß O. H. Steck verdankt werden. Er hat sich
der sicher nicht ganz einfachen Aufgabe unterzogen,
aus dem großen Schatz der hintorlassenen Aufzeichnungen
von Vorträgen solche auszuwählen, die auch
beute noch unmittelbar zum Leser zu sprechen imstande
sind, ohne daß des längeren erst erklärt werden müßte,
in welche Situation sie einst hinoingosprochen worden
waren. (). H. Steck war darin recht beraten, daß er für
die Lösung dieser Aufgabe engste Familienangehörige
sowie Freunde, Schüler und Mitarbeiter G. v. Rads
konsultiert hat. Der Problematik dieses Unternehmens
ist jeder sicli bewußt, der darum weiß, welch hoben
Maßstab G. v. Rad selber an das gedruckte Wort angelegt
hat. Der Herausgeber spricht davon auch redlicher
weise in seinem Vorwort (7).

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Die ersten 9 der insgesamt 23 Vorträge und Aufsätze
wollen vom Editor unter dem Stichwort der
,kritischen Nacherzählung alttestamentlicher Texte'
zusammengefaßt verstanden sein. Unter ihnen sind so
wichtige Beiträge wie ,Die Josephsgeschichte', ,Die
Geschichte von Simson', .Naaman', ,Die Erzählung
von den Leiden Hiobs' enthalten. In einen zweiten Teil
sind (12) Vorträge aufgenommen, die alttestamentliehe
Texte unter thematischen Gesichtspunkten behandeln,
z. B. ,Die Wirklichkeit Gottes' oder der Rundfunkvortrag
,Zur Entstehung des mosaischen Monotheismus'
(wobei der Titel des Vortrags von der Rundfunkredaktion
so gewünscht war), oder .Alttestamentliehe Glaubensaussagen
vom Leben und vom Tod' u. a. m. Es
folgen zwei Reflexionen, die sich mit der Aufnahme
dea Alten Testaments im dichterisch-literarischen Schaffen
befassen, von denen die erste, .Biblische Josephserzählung
und Josephsroman', zunächst gedruckt veröffentlicht
, dann später noch einmal als Rundfunkvoi-
trag gehalten und schließlich in einer Weihnachtsgabe
des Chr.-Kaiser-Verlages erneut publiziert worden ist.
G. v. Rads Reflexionen über die .Tagebücher Jochen
Kleppers' sind überhaupt nicht mündlich vorgetragen,
sondern in der Zeitschrift .Evangelische Theologie'
(17, 1957, 241—248) abgedruckt worden, aber sie
stellen eine echte Bereicherung dieser Sammlung von
Vorträgen dar. Zeigen sie doch G. v. Rad als den vielseitig
geistig Regsamen und Interessierten, der mit
einer wunderbaren Gabe der treffsicheren Einfühlsam-
keit den Gedanken und Ideen Klepper! nachspürte und
den Tagebuchnotizen wie einem zu interpretierenden
Text das sachgerechte Verständnis abzuringen Versuchte
. Als Beispiel sei das zusammenfassende Urteil
G. v. Rads über Kleppers Tagebuchnotizen wiedergegeben
: „Und das, was Klepper in seinen hellen und
dunklen Zeiten in sein Tagebuch eingetragen hat, das
war ja wahrhaftig auch .Bibelexegese durch getobte*
Leben' " (315). Ganz zum Schluß dei vorliegendeil
Buches sind zwei autobiographische Notizen G. v. Radi
wiederabgedruckt worden, einmal seine .Antrittsrede
als Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
' und sodann .Gerhard von Rad über sich
selbst' aus .Forscher und Gelehrte', hrsg. von W. E.
Böhm .... 1966. Neben dem zuletzt genannten Beitrag
sind außerdem noch die Arbeiten .Vom Lesen des Alton
Testaments' und .Richter 12,5—7' ursprünglich nicht
Vorträge, sondern literarische Äußerungen G. v. Rads
gewesen. Der Herausgeber hat sie wegen ihrer „Programmatik
" (wohl zu Recht) in den Band mit aufgenommen
(7).

Vielen der hier vorgelegten Ausführungen ist der
ursprünglich mündliche Charakter des Gesagten noch
abzuspüren, keineswegs zum Schaden der Abhandlungen
, im Gegenteil: man hört förmlich noch den
Lohrer der alttestament liehen Wissenschaft seine wohlüberlegten
Erkenntnisse und Erfahrungen aussprechen
und freut sich der Meisterschaft im Nahebringen und
Erläutern komplizierter wissenschaftlicher Sachvorhalte
. Die Kunst des Weglassens, ohne daß in der Sache
eine Ermäßigung in Kauf genommen werdon müßte,
zwingt zur Bewunderung: So müßto man es sagen
können 1 Eben auch der Fachmann hat Freude an der
Lektüre dieser Vorträge, nicht zuletzt auch deswegen,
weil mitunter ganz verborgen noch eine überraschende
Wissenschaft liehe Lösung des verhandelt i n Problems
entdeckt werden kann. So darf allen, die diese Publikation
ermöglicht haben, vorab dem Herausgeber un<l
dem Verlag, dafür gedankt worden, daß sie einer breiteren
interessierten Öffentlichkeit auch diese Seite des
Lebenswerkes von G. v. Rad erschlossen haben.

bftiptig Siegfried Wagner

Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 9