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Ausgabe:

1975

Spalte:

663-667

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Stolz, Fritz

Titel/Untertitel:

Strukturen und Figuren im Kult von Jerusalem 1975

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 9

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als die Bauorngemeinschaften des 19. Jh.s" (270). —
Eine m. E. ausgezeichnete Bearbeitung haben J. Balys
(verantwortlich für die litauischen Teile) und H. Biezais
(für die lettischen Teile) der baltischen Mythologie
(375—454) angedeihen lassen, vor allem durch ihre
kritische Zurückhaltung gogonüber der vergleichenden
Mythologie Forschung (bes. 286f.). Besonders hervorgehoben
seien die übersichtlichen Quellen- und Literaturzusammenstellungen
. — Die „Mythologie der Albaner"
(455—509) entstammt noch der Feder des verstorbenen
Leipziger Albanisten M. Lambertz und wurde von
K.-H. Rchroeder bearbeitet. In ihr nimmt verständlicherweise
Volks- und Aberglaube einen breiten Raum
ein. Erwähnt sei, daß die angeblich illyrische Göttin
Ogthg ihre Existenz einer falschen Lesung bzw. Schreibung
von Münzlegenden („AnaboSthei Jesu Kyrie")
verdankt (494). — Die drei letzten Beiträge behandeln
bisher wenig beachtete Bereiche, die aber wegen ihres
Alters für die vorindogermanische Religionsgeschichte
Alteuropns von großem Wert sind. Die „Mythologie
der Basken", oder wie sie sich selbst nennen, der Eus-
kalerri, hat ,T. M. de Barandiarän verfaßt; sie wurde
aus dem Spanischen übersetzt (613—552). Dieses wohl
älteste europäische Volk bewohnte ursprünglich, wie
Funde lehron, die Pyrenäen, Aquitanien und Teile von
Kastilien („Pyrenäenkultur") und ist schon im Neolithikum
nachweisbar (als lokale Weiterentwicklung des
Cromagnotunenschen). Seitdem linterlag es dem Einfluß
verschiedener Kulturen und Völker, bes. der Kelten
und Römer. Wir können also hier einen sehr tiefen
Blick in die europäische Vorgeschichte an Hand eines
noch lebenden Zeugen tun. In der Hauptsache handelt
es sich dabei um noch lebondige Volksüborlieferungen
und um Inschriften aus der Römerzeit. Die Forschung
steht jedoch hier noch in den Anfängen. — Ahnlieh
sieht es mit der „Mythologie der Berber" (für die
W. Vicichl einen ungewöhnlich breiten Raum beansprucht
hat (555 706), da es die erstmalige Zusammen-
fasHung auf diesem Gebiet überhaupt ist. Sind die Basken
das älteste noch lebende Volk Kuropas, so die her
bersprnehige Bevölkerung NW-Afrikas die älteste des
Mittelmeerraumes, da sie schon den allen Ägyptern um
3000 v. Chr. in Gestalt der „Libyer" bekannt waren.
LVr Artikel zieht daher Quellen aller Art muh einem
Zeitraum von ca. 5000 Jahren heran, angefangen von
nltorientalisehen Inschriften bis zu arabisch-islamischen
Zeugnissen und der modernen Volkst radit ion. Man linde
) in einem langen Exkurs über „Ethnologie und Geschichte
in der Bevölkerung Nordafrikas" (558—582)
Angäben über K>rth*gfl, NttmkUeU, die Berbersprachen
(in Marokko sprechen noch 5 Mill. eine solche), die
Tuiirre, n<k'1 i eine nl« berberische Sctirift (das

• .Pnnische", tafinei)) kennen. — Den Schluß bildet die

• •Mythologie der Althispanief" von J. M. Dtliqnal
'707 -828), eine gleichfalls singulare Monographie, die
die nber die Basken ergänzt und sich mit deren vor-
""dogermanischen Nachbarvölkern der Tartessier oder
Mlrdetaner und den Iberern beschäft igt. Diese Volker
*'0d seit dem 2. Jhtsd. v. Chr. dort nachweisbar, wurden
"m 1000 v. Chr. indogennanisiert, vor allem von den
Ke||,.n ^_ Luajfcanier), dann von den Römern (218 v.
Chr.). Aus der alten Zeit lassen sich ca. 220 Götter
"'im,.,, erttieren, manches steckt im Volksglauben. Die
Forschungen darüber sind noch in den Anfängen, wo-

' ei,, Exkurs berichtet (798—809). Interessant ist
Diakuaeion um das Alter des Stierkampfes und seine
'"•sprünglieho Verankerung (SOBff.): der älteste Beleg
v°n 1080 zeigt, daß die Sitte mit dem Hochzeitsritual
v,'rbunden und kein Kampf war, sondern in einer rituellen
Verletzung des Stieres bestand (ob zu magischen
Keeken ,)„,. Kraftgewinnung, bleibt m. E. noch dahingestellt
). Der moderne Stierkampf ist eine Neuerung
des 18. Jh.s und hat nichts mit einem alten Stierkult
zu tun.

Dem Werk ist ein umfassendes Register beigegeben
(S2!l -876), das die Arbeit mit ihm sehr erleichtert. Wie
bereits hervorgehoben, ist auch dieser Band 2 eine
wirkliche Bereicherung der religionswissenschaftlichen
Grundlagcnliteratur und wird sicherlich auf Jahrzehnte
hinaus eines der wichtigsten Informationsworke
bleiben. Der Hrsg. hat selbst im Vorwort auf die zu
beobachtende Neuaufnahme (so wohl besser als „Neu-
aufleben"^ mythischer Stoffe in der modernen Literatur
aufmerksam gemacht (Th. Mann, D. H. Lawrence,
H. Miller, J.-P. Sartre u.a.), so daß auch von dieser
Seite her ein Bedarf an Orientierung besteht. Gegenüber
einer verbreiteten „Technisierung" und „Normierung
" (sprich „Strukturalisierung") des Mytheribestnn-
des, die durchaus ihre Berechtigung haben, ist die im
„Wörterbuch der Mythologie" geübte Beschränkung
auf das Individuelle und Faktische ein gutes Gegengewicht
. Was „Mythos" ist, kann daraus allerdings
erst nach einer längeren Reflexion und Diskussion festgestellt
werdenl.

Leipzig Kurt Rudolph

1 Vgl. meine Bemerkungen dazu: Der Boitrag der Religionswissenschaft
zum Problem der sog. Entmythologisie-
rung, in: KAIROS XII, 1970, S. 183—207.

Drummern], Richard Henry: bull tu um ihfi Buddha. An Essay
in Religion« Understanding. Grand Rapids, Mich.: Eerd-
mans [1974]. 239 S. 8°.

Dieses bemerkenswerte Buch ist entweder von einem
queflenm&fiig »ingewöhnlich gut über den Theravüda-
Buddhismus informiertenThoologen oderoinoniBuddho-
logen mit starken theologischen Interessen und Kenntnissen
geschrieben. Das Schwergewicht liegt indessen
auf der Darstellung des Lebens Buddhas mit seinen
bekannten Abschnitten ohne die legendarische Ausschmückung
ähnlich der Buddha-Biographio H. Oldon-
berga (Neuausgabe von H. v. Glasenapp 1961).

Der weitere Aufbau ist merkwürdig unlogisch: Nach
den Abschnitt „The Life of tho Buddha" (S. 25—83)
folgen die Abschnitte III „The Tcaching of the Buddha"
(84—112), IV. „Nirwina" (113—127), V. „Dharma"
(128—137), VI. Non-Self (138—152). Daran schließt
sich dann ein VII. Abschnitt „Toward Thoological
I nderstanding" (153 213) mit folgenden kurzen Unterabschnitten
an: Developments in the History of the
Church, Biblical Perspectives, Clarification of Criteria.
Basic evalutions, Foci of Understanding, The Problem
of Personalism, Seif and theCritical Roleofthe Buddha.
An Oriental Summation, Concluding Postscript. In
dieser Einteilung ist merkwürdig, daß dem Abschnitt
III, in dem die Lehre Buddhas behandelt wird, gleichgestellt
die Abschnitte IV, V, VI folgen, in denen wiederum
die Lehre in Einzelproblemen erörtert wird.

Was den dem Buddhismus gewidmeten Teil dea Buches
(S. 25—152) betrifft, so ist zu sagen, daß die Darstellung
der Lehn' Buddhas sieh in zentralen Punkten
von den üblichen Auffassungen m. E. zu Recht unter
scheidet | das bezieht sich in erster Linie auf das Verständnis
des „Leidens" (dukkha), das der Vf. nicht
als natürlichen Schmerz und gewöhnliches Ungemach
versteht, sondern dem er eine spezifisch religiöse Deutung
gibt: ..tIiis term is frcquontly translated as pain,
but it mcans pain of mind and heart as well as of body,
including grief, anxienty, despair and frustration"
(S. 97). Das entspricht dem, was ich mit dem deut-