Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1975

Spalte:

662-663

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Drummond, Richard Henry

Titel/Untertitel:

Gautama the Buddha 1975

Rezensent:

Mensching, Gustav

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

059

Theologische Literaturzeitung 100. Jalirgang 1975 Nr. 9

(300

Die nunmehr 1 üjührige Arbeit hat auch gewisse
Veränderungen am Plan des Werkes mit sieh gebracht,
die in einer Beilage für die Bezieher mitgeteilt werden
Danach ändert sich vor allem die Umfangsdisposition,
indem jetzt endgültig 34 Lieferungen vorgesehen sind,
gegenüber den ursprünglichen 20 (die erste Konzeption
rechnete sogar nur mit 10—12!).Auch der Aufbau ist
leicht verändert worden; Band 3 ist für die griechisch-
römische Mythologie reserviert, Band 4 für die kaukasischen
und iranischen Volker (wovon schon oine Lfg.
mit Beiträgen von G. Dumezil und K. Ishkol-Kerov-
pian vorliegt), Band 5 für den vorderindischen Kontinent
(auch davon liegt schon als Lfg. 8 die „Mythologie
der vedischen Religion und des Hinduismus" von
V. Moeller seit 1966 vor!), Band 6 für Ost-, Südost-
und Nordasien, Band 7 für Altamerika. Herausgenommen
wurde wegen Dispositionsschwierigkeiten die
klassische chinesische Mythologie von W. Münke, die
in einer selbständigen Publikation erscheinen wird. 1 >as
ganze Werk soll nach dem jetzigen (Stand 1978 abgeschlossen
sein.

Der vorliegende 2. Hand umfaßt einen Großteil
der wichtigsten alteuropäischen Religionen mit ihrem
meist nur bruchst ückhaften Mythenbestand. Eine allgemeine
Einführimg dazu bietet der Horausgeber,
H.W. Haussig (S. XV—XXIII). Er gehl davon aus,
daß die von Haus aus schriftlosen Völker in Europa
nur ihre Mythen als Zeuginsse der Vorzeit besitzen,
deren Aufzeichnung und Sammlung sehr unterschiedlich
vor sieh gegangen ist, meistens sehr spät, zum 'Peil
erst in der Neuzeit. Dadurch ist der l'ro/.eß ihrer Überlieferung
sehr in Dunkel gehüllt und von vielen Unsicher-
heitsfaktoren begleitet. Es machen sich andere Kor-
schungsmethoden, z. B. volkskundliche, notwendig, als
sie etwa für die mythologische Überlieferung des Alten
Orients angewandt werden. Unter diesem Gesichtspunkt
lassen sich fünf Gruppen feststellen: 1. Kinnen,
Est in, Letten, Albaner und Basken, deren mythologisches
Material erst im 20. Jh. gesammelt wurde und
nur selten durch alte Zeugen belegt ist. 2. Slawen, Litauer
, Altpreußcn und Ungarn, für die es mittelalterliehe
und folkloristische Zeugnisse gibt. 3. Germanen
und Kelten besitzen antike und mittelalterliche Quellen
(einschließlich epigraphischo und ikonographischo).
4. Die althispanischen (vorindogermanischen) Völker
sind durch Inschriften und Funde faltbar, ö. Kür die
Herber lassen sich mittelalterliche und volkskundlicho
Zeugnisse auswerten. Bei allen genannten Völkern ist
allerdings die Hinterlassenschaft dürftig und der Interpretation
derselben stehen große Schwierigkeiten entgegen
. Chronologische Angaben sind nur selten zu machen
und die Kutwickhmg der Myt hcnkoinplcxe ist
daher sehWr zu verfolgen. Es fehlt weithin an einer

eigenständigen Überlieferung,und was vorliegt, bietet

nur „ein fragmentarisches Relief", Trotzdem ist es
erstaunlich, was in diesem Hand zusammengel ragt n
worden ist, auch wenn es sich teilweise nur um Namen
handelt. Auf einigen Gebieten werdt n erstmalig Zusammenfassungen
geboten, wie bei den Basken, Berbern
und Alt hispaniern, oder eine lange Zejt fehlende N' u
aufarbeitung, wie bei den Germanen, Slawen, Kinnen
und den baltischen Völkern. Soweit verfügbar, sind
Abbildungen oder Zeichnungen beigegeben. In teilweise
recht ausführlichen Einleitungen zu den einzelnen
Abschnitten werden Historisches, Quellenlx stand und
-problemc, Methoden ihrer Erschließung und Literaturangaben
vermittelt. Instruktive Kurten orientieren vorzüglich
über die Gebiete. Da es das Wissen eines Keyen-
»enten bei weitem übersteigt, sachgemäße ('Heile über

die weh auseinanderliegenden Bereiche sbxugebt n,

kann hier nur ein kurzer Überblick über den Inhalt
mit einigen Bemerkungen gegeben werden.

Die „Germanische Mythologie" (23—98), von E.
Neumann und H. Voigt erarbeitet, hält sich in erster
Linie an die reichlicher lließenden nordgermanischen
Quellen. Die Darstellung zeichnet sich durch kritisch-
philologische Arbeitsweise aus und übt wohltuende
Zurückhaltung gegenüber volkskundlichen Spekulationen
. Es werden in erster Linie Kakten geboten und
die Deutung derselben deutlich davon abgesetzt. Die
neuen Erkenntnisse der Sagakritik sind stellenweise
verarbeitet, hätten aber noch stärker berücksichtigt
werden können. Insgesamt, ist dieser Beitrag nach meinem
Dafürhalten einer der besten und wird dem gegenwärtigen
Korschungsstand durchaus gerecht. Ergänzungen
zur Literatur: Y. Baetkes Quellenbuch ist
1944 in einer 3., erweiterten Auflage erschienen; vom
gleichen Autor ist noch zu erwähnen: Art und Glaube
der Germanen, Hamburg "1934, und der RGG'-Artikel

über die Germanische Religion (jetzt abgedruckt in:
Kleine Sehrilten, Weimar 1973, S. 28—36). Im Art.
„Friede" fehlt der Verweis auf Baetke, Der Begriff der
Lnheiligkeit im altnordischen Recht (jetzt in ebd.
S. 90—128). Bei Loki ergänze: W. Krogmann, ZRGG
XV, 1963, S. 361 —363. — Die „Keltische Mythologie"
(101 —162) stammt aus der Feder des französischen
Archäologen R. Lantier und wurde noch von J. I'o
korny übersetzt. Wen1'11 des außerordentlich trümmerhaften
ÜbcrlieferungHbestandes weicht die Anlage dieses
Beitrages von den übrigen ab: die Lemmata in Form
eines Registers ent halten nur Verweise auf eine monographische
Darstellung (125 —162), die eine Zusammenfassung
der keltischen Roligionsgcschiehte bietet, einschließlich
ihres Kortiebens (159ff.). Dioser Auf bat» ist
recht unglücklich, da er ein häufiges Nachschlagen und
Aufsuchen auf verschiedenen Seiten erforderlich macht,
ohne daß man immer ein klares Bild lies Stichwortes
erhält. So muß man z. B. bei „Druide" allein vier
Stellen und noch zwei andere Verweisstiehworte aufsuchen
und sieh daraus selber ein Bild machen. Auch
ander«' Teile des Bandes mußten mit einer ähnlichen
Quellerisituation fertig werden.ohne deshalb den Wörter-
buoheharakter aufzugeben. Vf. hält übrigens die „Linen
felderteute" für Kelten, doren Haupt atisbreit ungszeit,
um 850- 800 v. Chr. anzusetzen ist; das Knde beginnt
im 4. .Ib. mit der Romanisierung. —- Die Darstellung
der ..altslawischen Mythologie" von N. Reiler (165
208) arbeilet stärker mit der Volkskunde, da das Nach-
vvirken der Geisterwelt, die für die Mythologie eine
große Bedeutung besitzt, bei einzelnen slawischen Völkern
noch bis ins 20. Jh. nachweisbar sei. — Bemerkenswerl
ist bei der Behandlung der ,,Mythologie der
Cngarn" von M. de Kerdinandy (2(19 259) die knti
«che Abrechnung mit der spät romantisch-nal ionaIi
Mischen Gc schichtsklitterung des 19. Jh.s, die eine
ungarische l'rreligion mit Hille des iranischen Dualis
mUS r» konstruierte (2531T.) und von großem Kinllul.t auf
die zeitgenössische ungarische Gcistosgeschiehle gewesen
ist. Trotzdem rechnet auch der Vf. damit, daß dt I
allen ungarischen Religion ein dualistischer Kampf
mythus eigen gewesi n ist, der sieh im Schamanentum
und in den Polaritäten des Weltbildes nachweisen läßt.

Die „Mythologie der Kinnen" hat L. Ilonko (263 -
371) mit greller Umsicht und auch mit kritischem Gespür
für flie Übertreibungen des 19. Jh.s auf diesem
Gebiet beschrieben. Notgedrungen überwiegt dabei
Volksglaube mal Geisterwelt. „Obgleich man mittels
der cig'eicheiuleti Methcde den meisten Motiven eine
lange Geschichte niiehwei-en kann, darf nicht vergessen
wenli n, dalt ehr relevante kulturelle Hintergrund des
lebenden Vnlksgliiuhi ns im Durchschnitt nicht iiiler ist