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Ausgabe:

1975

Spalte:

608-610

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Tügel, Franz

Titel/Untertitel:

Mein Weg 1975

Rezensent:

Meier, Kurt

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607

Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 8

608

Ruello, F.: Les fondements de la liberte humaine selon
Jacques de Viterbe Disputatio Prima de Quolibet, q.
VII (1293) (Augustiniana 24, 1974 S. 283-347).

Stella, Prospero, T.: Gli „Articuli parisienses, qui doctri-
nam eximii doctoris beati Thomae de Aquino tangunt
vel tangere asseruntur" nella accezione di Giovanni
Regina de Napoli (Salesianum 37, 1975 S. 39-67).

Wippel, F.: The Dating of James of Viterbo's Quodlibet
I and Godfrey of Fontaines' Quodlibet VIII (Augustiniana
24, 1974 S. 348-386).

Worek, Josef: Historia de la Salvaciön en el siglo XIV
(Revista Augustiniana de Espiritualidad 15, 1974 S. 125
bis 185).

Ypma, E.: Recherches sur la carriere scolaire et la biblio-
theque de Jacques de Viterbe (t 1308) (Augustiniana 24,
1975 S. 247-282).

KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT

Reinhard, Wolfgang: Papstfinanz und Nepotismus unter

Paul V. (1605-1621). Studien und Quellen zur Struktur
und zu quantitativen Aspekten des päpstlichen
Herrschaftssystems. Stuttgart: Hiersemann 1974. 2 Tie.
1: XV, 160 S. 2: S. 161-409. gr. 8° = Päpste und Papsttum
, in Verb. m. R. Elze, O. Engels, W. Gessel, R. Man-
selli, G. Müller, T. Nyberg, W. Ulimann, E. Weinzierl,
P. Wirth u. H. Zimmermann hrsg. v. G. Denzler, 6, I u.
II. Lw. DM 184,-.

Innerhalb der zügig angelaufenen Reihe Päpste und
Papsttum nimmt das vorliegende Werk nach Meinung
des Rez. einen gewichtigen Platz ein. Der Untertitel zeigt
bereits, daß es R. auf eine sehr genaue Analyse ankommt,
die letztlich — zumindest in ihrem Weiterwirken — weit
über das engere Thema des päpstlichen Finanzwesens zu
Beginn des 17. Jh.s hinausgeht. R. hat sich in mehrjähriger
Archivarbeit gründlich darum bemüht, alle wichtigen
, teilweise aber auch sogar untergeordnete Aspekte
des päpstlichen Besitztums und Finanzwesens und der
eng damit verbundenen borghesischen Vermögenspolitik
zu sezieren. Die verbalen Darlegungen selbst zeigen
ebensogut wie die eingefügten Listen und Tabellen sowie
die dem 2. Teil vorbehaltenen Quellen, daß ihm dies
gut gelungen ist. Nicht zuletzt deshalb gibt das Werk
auch einen ausgezeichneten Einblick in finanzielle und
wirtschaftliche Bereiche der frühen Neuzeit überhaupt.

R. gibt zunächst einen Überblick über die päpstlichen
Kassen und die Komplikationen des Einnahmen- und
Ausgabenwesens, das seit Schrumpfung der Papstfinanz
auf — im wesentlichen — die Kirchenstaatsfinanz besondere
Mühewaltung erforderte. An zahlreichen Beispielen
wird dann im Zusammenhang mit den „Privilegien" der
Nepoten (Kap. II) und der Vermögensbildung und der
Investitionen der Nepoten (Kap. III—VI) gezeigt, welche
Rolle die päpstlichen Schenkungen an die Verwandten
innerhalb des päpstlichen Finanzwesens und darüber
hinaus spielen und welche Position dem wirtschaftlichen
Aufstieg der Borghese innerhalb eines allgemeineren
„sozio-ökonomischen" Prozesses zukommt. Für ganz Italien
einschließlich der unter spanischer Herrschaft stehenden
Gebiete ist der borghesische Besitz bis 1620 stark
angewachsen, was R. sogar einmal kartographisch anschaulich
zu machen weiß (S. 141). Er verschweigt dabei
nicht die oft mehr als bedenklichen Methoden, mit denen
die Nepoten des Papstes, auf den Souverän des Kirchenstaates
gestützt, zuweilen auch ohne liquide Mittel ihren
mobilen und vor allem immobilen Besitz ständig zu vergrößern
wußten. Man ging dabei meist „im Rahmen der
zeitüblichen juristischen Auffassungen korrekt vor"
(S. 156), wußte aber doch fast jeden Konkurrenten aus
dem Felde zu schlagen. Da R. dies mit großer Akribie und
an zahlreichen Beispielen verdeutlicht, dürfte eine seiner
wichtigsten Schlußfolgerungen im Nachwort (S. 158)
allerdings einiges Erstaunen wachrufen: „Wie ich schon
mehrfach zu zeigen versuchte, ist ein Phänomen wie der
päpstliche Nepotismus von einem eigenen Ethos getragen
, von der vorbürgerlichen Wertordnung der Pietas,
die eine Versorgung von Personen aus dem gesellschaftlichen
Nahbereich des Machthabers nicht nur duldet, sondern
ihre Bevorzugung geradezu vorschreibt." Mir
scheint, daß hierzu nicht das letzte Wort gesprochen ist,
denn auch mancher, der R.s sonst vorzügliche Arbeit
schätzt, dürfte über diese Schlußfolgerungen stolpern,
auch wenn er zu konzedieren bereit ist, daß Paul V.
gleich anderen Pontifices seiner Zeit nicht ganz ohne das
„Subsystem Nepotismus" hätte auskommen können.
Halle/Saale Hans-Joachim Diesner

Tügel, Franz: Mein Weg 1888-1946. Erinnerungen eines
Hamburger Bischofs, hrsg. v. C. Nicolaisen. Hamburg:
Wittig [1972]. XIII, 453 S., 1 Porträt, gr. 8° > Arbeiten
zur Kirchengeschichte Hamburgs, hrsg. v. M. Elze, G.
Kretschmar, H.-M. Kühn, B. Lohse u. H.-O. Wölber, 11.
Lw. DM 24,-.

Die Autobiographie des bereits 1946 im Alter von 59
Jahren verstorbenen Bischofs der Hamburger Landeskirche
wurde bereits 1941 begonnen und im März 1945
abgeschlossen. Die fortschreitende innere Wandlung Tü-
gels in seinem Verhältnis zum NS-Staat, die dem Bilde
seines Lebensablaufs in diesen Jahren abzuspüren ist,
schlägt sich auch in der Darstellungsweise selbst nieder:
verhaltene Kritik weicht später bitterer Klage über die
„Führungsmethoden" des NS-Regimes, mit denen es sich
selbst das Grab geschaufelt habe (S. 414). Durchgängig
allerdings ist die politisch und kirchlich-theologisch konservative
Haltung und seine scharfe Ablehnung von allem
, was mit revolutionärer gesellschaftlicher Veränderung
zusammenhängt; schon die Charakterisierung der
Weimarer Republik als negativ apostrophierte „Novemberrepublik
" liegt auf dieser Linie. Ihr lastet er auch eine
zu schwache Haltung angesichts der „nationalen Demütigung
" durch das Versailler Friedensdiktat an. Eine betont
nationalkonservative Grundorientierung, dem
deutschnationalen Typus jener Jahre vergleichbar, war
Voraussetzung für die Entscheidung, die ihn wie viele
Kirchenmänner in der Spätphase der Weimarer Republik
für den vermeintlichen „nationalen Aufbruch" optieren
ließ, in dem die NSDAP seit 1930 einflußmächtig dominierte
. 1930 innerlich für den Nationalsozialismus gewonnen
, trat er nach einigem Zögern, ob er als Gemeindepastor
einer Partei beitreten solle, Mitte 1931 in
die NS-Partei ein. In strapaziösem Rednereinsatz dieser
Jahre für die NSDAP habe er den Rest seiner Gesundheit
und ein Stück seines kirchlichen Ansehens darangegeben
, ohne daß es ihn damals gereut hätte. Tügel litt an
Gelenkrheumatismus, der ihn körperlich zunehmend behinderte
, so daß er während des Krieges seinen Predigtdienst
überhaupt nicht mehr versehen und die bischöflichen
Leitungsaufgaben vielfach nur vom Krankenzimmer
aus erledigen konnte.

Den Deutschen Christen hat sich Tügel hauptsächlich
darum angeschlossen, weil er seine Beauftragung zum Vertrauensmann
für Hamburg am 16. 1. 1933 und bald darauf
zum hamburgischen DC-Gauobmann als parteiamtlich
verstand. Ende April 1933 wurde er, damals Gemeindepastor
an der Gnadenkirche (später Hauptpastor
an St. Jacobi) zum Mittelsmann zwischen Staat und
Kirche in Hamburg eingesetzt, um den staatlichen Einfluß
auf den Gang der kirchenpolitischen Dinge zu sichern
. Doch wurde nicht er, sondern Hauptpastor D. D»'-
Simon Schöffel in das neugeschaffene hamburgische Bischofsamt
berufen, nachdem Jungreformatoren und
Deutsche Christen Hamburgs, an diesem Punkte bemer-