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Ausgabe:

1975

Spalte:

38-40

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Blank, Josef

Titel/Untertitel:

Jesus von Nazareth 1975

Rezensent:

Strobel, August

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Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1075 Nr. 1

38

eine Untersuchung über die „Bedeutung des Pfingst-
berichtes im Rahmen des lukanischen Geschichtswerkes
" (1953). In zwei Aufsätzen schreitet E.Lohse die
beiden hauptsächlichen theologischen Dimensionen des
Kolosserbriefes ab: Ethik und Ekklesiologic. Und zwar
beleuchtet er beide von der im Hymnus Kol 1,15-20
programmatisch verkündigten Christusherrschaft her.
Weil Christus „der Kyrios schlechthin ist" (S.252),
neben dem es keine anderen Herren geben kann, darum
läßt sich christlicher Glaube nicht auf den Bereich geistiger
und moralischer Gesinnung einschränken, sondern
erfüllt „alle Bereiche menschlichen Lebens, Denkens und
Handelns" (Christologie und Ethik im Kolosserbrief,
1964). In gleicher Weise gründet in der Allherrschaft
Christi der ökumenische Charakter der Kirche. Denn sie
hat den Auftrag, den durch die Entmächtigung aller
Mächte errungenen Frieden aller Welt zuzusprechen
(Christusherrschaft und Kirche im Kolosserbrief, 1964).
Der durch die Klarheit seiner Gedankenführung besonders
eindrucksvolle Aufsatz „Glaube und Werke -
zur Theologie des Jakobusbriefes" (1957) arbeitet die
Intention dieser am Rande des Kanons stehenden
Schrift sehr schön heraus nnd widerlegt zugleich alle
Versuche ihrer theologischen Überbewertung: Jakobus
ist „kein eigentlicher Antipode des Paulus". Er wollte
nur ein „kleines Enchiridion für die Fragen des Christ-,
liehen Alltags" schreiben, um dem Christen zu helfen
„Gerechtigkeit zu wirken und zur Vollkommenheit zu
gelangen" (S.305f). Eine Arbeit über „Paränese und
Kerygma im 1. Petrusbrief" (1954), zeigt, wie die Bekenntnis
- und Liedstücke des I Petr dazu dienen, die
Mahnungen dieses Briefes auf den einheitlichen Grundton
der Nachfolge des für die Seinen leidenden Jesus zu
st immen.

Eine zweite Gruppe bilden jene Aufsätze, die im Zusammenhang
mit größeren Arbeiten des Vf.s stehen. So
bietet die Studie „Jesu Worte über den Sabbat" (i960)
wichtige Ergänzungen zum Sabbat-Artikel in ThW VII,
während in „Der Prozeß Jesu Christi" (1961) ein Teil des
hinter der populär gehaltenen Monographie über die
Passionsgeschichte (Die Geschichte des Leidens und
Sterbens Jesu Christi, Gütersloh 1964) stehenden wissenschaftlichen
Materials ausgebreitet wird.In den Umkreis
der Kommentare zum Kolosserbrief (KEK IX/2,
1968) und zur Apokalypse (NTD 11, 1960) gehören „Ein
hymnisches Bekenntnis in Kolosscr2,13c-15" (1960) und
..Die alttestamentliche Sprache des Sehers Johannes"
(1961).

Zu einer dritten Gruppe lassen sich jene Aufsätze zählen
, in denen Lohse zu jeweils aktuellen Fragen der theologischen
Tagesdiskussion Stellung bezogen hat. Hierher
gehört sein Referat vor der Bischofskonferenz der
KLKD von 1961 „Die Frage nach dem historischen
Jesus in der gegenwärtigen neutestamentlichen Forschung
" ebenso wie der Aufsatz „Taufe und Rechtfertigung
bei Paulus" (1965), in dem er sich überzeugend
gegen die Abwertung der paulinischen Taufaussagen im
Umkreis K.Barths wendet. Um einen Mittelweg zwischen
den extremen Positionen von R.Bultmann und
O.Cullmann bemüht sich Lohse in „Wort und Sakrament
im Johannesevangelium" (i960): zwar hält auch
er Joh 8,5 und 6,51c-58 für kirchliche Redaktion, doch
führt, er das Fehlen der Sakramente in der ursprünglichen
Fassung des vierten Evangeliums nicht anfrieren
grundsätzliche Ablehnung,sondern lediglich auf die Überzeugung
des Evangelisten zurück. ..dal! das Wort dem
Sakrament übergeordnet ist und dem Sakrament allein
die Bedeutung zukommen kann, daß in ihm das
Wort, das die Antwort des Glaubens herausfordert, laut

wird" (S.208). Den Charakter einer aktuellen Stellungnahme
hat schließlich auch der einzige bisher unver

öffentlichte Aufsatz des Bandes über „Die Gerechtigkeit
Gottes in der paulinischen Theologie". Lohse wendet
sich hier vor allem gegen P. Stuhlmachers Versuch, die
paulinische Wendung (fmaioavi'^ 9eov aus apokalyptischen
Schöpfungstraditionen herzuleiten und sie im Sinne
der sich durchsetzenden Macht des Schöpfers gegenüber
seiner Schöpfung zu deuten. Demgegenüber betont er,
mit G. Klein, den Charakter der Gerechtigkeit Gottes
als Gottes endzeitlicher Gabe, die nur der Glaube zu
empfangen vermag.

Gerade in den zuletzt genannten Beiträgen zeigt sich
E.Lohses didaktische Fähigkeit besonders eindrucksvoll
. Wie wenigen anderen gelingt es ihm, schwierige
Probleinkomplexe ohne unzulässige Vereinfachung übersichtlich
darzustellen und zugleich auf ihre theologische
Mitte hinzuführen.

Erlangen Jürgen Eoloff

lilank, Josef: Jesus von Nazareth. Geschichte und Relevanz:
Frciburg-Bascl-Wien: Herder [1972]. 150 S. 8° = Theologisches
Seminar. Kart. DM 14,80.

Das Büchlein des katholischen Neutestamcntlers
(Saarbrücken) besteht aus drei Abhandlungen, die bc-
reits früher einmal als Aufsätze veröffentlicht worden
sind: A. Der Christus des Glaubens und der historische
Jesus (S. 11-92), B. Was Jesus heute will. Überlegungen
zur Ethik Jesu (S. 93-121), C. Der historische Jesus und
die Kirche (S. 122-150). Die Darstellung entbehrt nicht
der Eleganz, der Inhalt nicht der Gründlichkeit sachgemäßer
theologischer Besinnung. Der gebildete Laie,
der im Streit der Meinungen nach einer Antwort sucht,
wer denn Jesus eigentlich war und wer er für uns heute
ist, empfängt eine durchaus überzeugende Antwort. Der
Fachkollege aber wird dem Autor für diese flüssige und
einprägsame Umsetzung exegetischer Erkenntnisse die
Anerkennung gleichfalls nicht verweigern, zeigt es sich
doch, daß die neuere Gesprächslage sorgfältig berücksichtigt
ist. Kritisch sollte vielleicht zu bedenken gegeben
werden, ob die Tatsache der „Radikalität" Jesu
sprachlich mehrfach nicht etwas zu monotonen Ausdruck
gefunden hat. Mag das Wesen der Sendung Jesu
damit auch durchaus richtig getroffen sein, der Begriff
selbst - so möchte man betonen - spricht keineswegs
immer in der erwünschten Weise an. Wichtiger ist indessen
freilich, daß J. Blank über die zentrale Bedeutung
der Person und der Botschaft Jesu auch für den Glauben
des modernen Menschen keinen Zweifel läßt. Er schärft
ein, daß bei Jesus Person und Sache „eine zusammengehörige
Einheit" bilden (S.78), wodurch er heute noch
überzeugt. Mit Recht bezeichne daher der historische
Jesus mit seinem Wirken und mit seiner Geschichte die
Grundlage der Christologie. In den einmaligen christo-
logischen Prädikaten der Gemeinde aber drücke sich
aus, daß Jesus eine Bedeutung über andere Menschen
hinaus hat. Es komme hinzu, daß die Hoheitsprädikate,
die man auf Jesus übertrug, „durch die Person und die
Geschichte Jesu völlig neu definiert wurden" (S.83f.).
Was das Bekenntnis zu Jesus als dem Sohne Gottes betreffe
, so sei seine Anwendung „aufs engste mit der
Geschichte Jesu" verbunden, „vor allem mit seinem
Leiden und seinem Tod am Kreuz" (S.85). Denn: „Der
Todesgehorsam Jesu ist nach dem neutestamentlichen
Zeugnis ein wichtiger Ausweis seiner Gottessohnschaft,
seiner radikalen Gottesliebe" (S.85). Nicht übersehen
dürfe man freilieh, daß Jesu Sohnschaft ebensosehr
als „befreiende Vollmacht der Liebe zu den Menschenbrüdern
" gemeint gewesen sei. Nach .1. Blank hat. somit,
in Jesus die Liebe zu Gott und den Menschen in der Tat