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Ausgabe:

1975

Spalte:

547-549

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Johansson, Nils

Titel/Untertitel:

Woman and the Church's Ministry 1975

Rezensent:

Hoffmann-Aleith, Eva

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Theologische Litcraturzeilung 100. Jahrgang 1975 Nr. 7

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daß nicht in jedem Gottesdienst für alle gebetet wird, die
Fürbitte brauchen, sondern heute für die, das nächste Mal für
andere. Vermieden ist, soweit ich sehe, der bei politischen
und gesellschaftlichen Gcbctsgegenständen nicht selten auftretende
Fehler, Gott politisch ideologisieren zu wollen und
ihm die Entscheidungen seines Weltregiments zu soufflieren.
Zuweilen freilich unterläuft es, daß das Gebet nicht nur zur
Meditation wird, sondern in Predigt oder gar (verkappte)
Paräncse umschlägt (z. B. 27, 28, 34, 49, 53, 81 83 ...). Es mag
einzelne Beter und ganze Gemeinden geben, denen es geradezu
sachlich nötig seheint, das erbetene Tun Gottes und das,
was wir tun, möglichst koinzidicren zu lassen; daß daran
Richtiges sein knnn, soll nicht bestritten werden. Trotzdem:
wir sollten darauf achtgeben, daß da- Gebet nichl Fortsetzung
der Predigt mit anderen Mitteln werde. Gott wird gebeten:
„Mache uns klar, daß. . .", und schon „predigt es" (S. 60,
vgl. S. 51, 151, 167, 175). In vielen der hier angebotenen
(lebete ist es anders, so daß man nicht nur ohne Anstöße mit-
bclen kann, sondern geradezu mitgenommen und zum Beten
ermutigt wird. Wir brauchen Gebete, die situalionsgereeht
sind in zweierlei Sinne: dem gelebten Leben gemäß und der
coram-Deo-Situation der Gemeinde angemessen. Wir brauchen
Gebete, die jeder mitbeten kann: In sehlichter, natürlicher
, dabei gefüllter, konkreter Sprache, ohne Subjektivismen
, Eigenwilligkeiten, ohne alles Ausgefallene und Gestelzte.
Ell ist sehr schwer, Gebete für die Gemeinde zu schreiben.

Das Buch bietet eingangs einen längeren Texl (Uberschrift:
Wie reden die Christen vom Christus Gottes?), den man sich
etwa als Sprechmotetle in einem Jugendgottesdiensl vorstel
len könnte. Die Sprache ist weniger die der Liturgie als die
der Lyrik. Man wird darum nicht so sehr nach der Stichhaltigkeit
der (dogmatischen) Aussage fragen, vielmehr gelten
lassen, daß hier in einem anderen Medium des Denkens und
Redens von unserem Chrislusglauben gesprochen wird. Der
Katechismus (S. 13—22) versucht ebenfalls, eine neue Sprache

zu linden; hier ist gewiß eine Menge katechetischer Erfahrung
investiert und vieles eingebracht, was in Gesprächen mit jungen
Menschen erfahren und erprobt wurde. Auch hier soll
über die einzelnen Aussagen nicht gerechtet werden. Man
wird diesen Katechismus wohl dann am besten gebrauchen
können, wenn man ihn im Zusammenhang mit Luthers Kleinem
Katechismus sieht, wo die Konturen der Aussage scharfer
sind, auch griffiger und einprägsamer. Aber daß wir zu
einem solchen Dokument wie dem von 1529 neue Zugänge
suchen müssen, ist klar; hier hat das vorliegende Buch Hilfreiches
und Anregendes anzubieten.

Die mitgegebenen 16 Gemeindelieder benutzen Melodien,
die das EKG bietet, und mögen insofern nicht dem entsprechen
, was viele vom neuen Gemeindelied erwarten. Dem Aussagegehalt
nach sind aber die hier veröffentlichten Gemeindelieder
dem meisten, was zur Zeit an Liedern produziert wird,
weit überlegen; auch dichterisch ist, bei aller Schlichtheit,
Wertvolles geboten (nicht geglückt scheint mir. schon um der
Inkongruenz von Wort und Ton willen, 195).

Leipzig Gottfried Voigt

Johansson, Nils, Th. D.: Women and the Church'l M in ist rv.

An Exegetieal Study of I Corinthians 11 — 14. traust, by C.

J. de Catanzaro. Uppsala: Pro Veritate o. J. 111 S. kl. 8°.

Der Umschlag der Broschüre zeigt eine merkwürdig hingegossene
Gestalt, halb Heilige Johanna im Kettenpanzer, halb
Somnambule. Soll es lediglich Klick fang sein, oder ist es schon
ein Stück Exegese?

Das Für und Wider hinsichtlich der Frau auf der Kanzel,
in Deutschland vor Jahrzehnten bis in die Geincindeblattcr
hinein temperamentvoll erörtert, wurde von der Praxis so
gründlieh überholt, duß eine solche Broschüre zunächst wie
ein Anachronismus wirkt. Doch im Zeitalter der Ökumene
ist der Blick in die Weile nicht nur nützlich, sondern nolwon-
dig. War auch der Weg der deutschen Theologin nicht unangefochten
, die schwedische Theologin hat es schwerer. Denn

was in Deutschland eine innerkirchlirhe Angelegenheit darstellte
, ist in Schweden ein Stück Kirchenkampf. Das in Kir-
chcngesclz und Landesgesetz niedergelegte Verhol der Ordination
von Frauen fiel erst nach einer entsprechenden Parlament
« vorläge und wurde unter dem Druck der Massenmedien
durchgeführt (vgl. Vorwort). So liegt der Glorienschein des
Vlärtyrertums über der Widerstand leistenden ('.nippe. Zu
ihr gehört ,als ausgesprochener Verteidiger des Glaubens' Dr.
Johansson, früher Dozent an der Universität Lund, dann
Dekan von I.inköping.

Zu der Einstellung, die er in der Broschüre vertritt, ist er
(laut Vorwort) erst nach anfänglichein Schwanken gelangt. Er
beschäftigt sich mit einem akuten Problem. Eine solche
Exegese ist einem Vorverständnis besonders stark ausgesetzt.
Uni der besseren Lesbarkeit willen verzichtet er auf wissenschaftlichen
Apparat, leider auch auf die gründliche Beleuchtung
der Frage auf Grund der heutigen Situation. Bei fortschreitendem
Gedankengang wird mehrfach wiederholt: „Wir
haben gezeigt, daß...'" So muß bei einem unkritischen Leser
der Kindruck zwingender Folgerichtigkeit entstehen, während
in Wirklichkeit vorgetragene Meinungen keine Beweise sind.

Freilich sichert der f. sich ab durch clie Bemerkung, jede
Bibelslelle könne nur mit einer mehr oder weniger großen
Wahrscheinlichkeit interpretiert werden. Doch ist er überzeugt
, gerade infolge des Verzichts auf alle anderen Motivc(?)
beträchtliche Klarheit über die Meinung des Apostels gewonnen
zu haben.

\:is den Kifer des Apostels hinsichtlich der korinthischen
Gemeinde entfachte, wird nach Meinung des Vf.s in I Kor 12,
34—38 deutlich. Die Kapitel 11 bis 14, genauer gesagt, 11,2
bis 14,40, werden als Einheit aufgefaßt mit dem Thema: die
Frau in der gottesdienstliehen Versammlung. Nach und nach
würden alle Argumente aufgeboten, um die Frauen an der
öffentlichen Worlverkündigung zu hindern: die allgemeine
Sitte, die Sitte der Kirche, die Heilige Schrift, ja, eine Anordnung
des Herrn, deren Befolgung hcilsnntwendig sei. Den
abschließenden Hinweis auf ein Gebot des Herrn bezieht der
Vf. gemäß seiner Konzeption lediglich auf das gottesdienstliche
Verhallen der Frau. Er gibt zu, daß ein solches Ilerren-
wort nicht nachweisbar sei, doch müsse es existiert haben.
Nur -o la-.se sich die Haltung des Apostels verstehen, der
sonst völlige religiöse Gleichheit von Krauen und Männern
vertrete. Außerdem hätte ein falsches ,Zital' bei den damals
noch lebenden Ohrenzeugen Jesu die apostolische Glaubwürdigkeit
erschüttert. So versucht der Vf., etwas Unerklärliches
durch ein unbekanntes Herrenwort zu erklären.

Sämtliche Ausführungen von Kap. 11 bis 14 werden dem
angeblich beherrschenden Thema unterstellt: Christus als das
Haupt des Mannes und der Mann als Haupt der Frau, die
charismatischen Gaben, die Dienste der Kirche, die den Pncu-
matikern auferlegten Beschränkungen. Die übertriebene Hoch-
schätzung des pneumatischen Elements habe in Korinth die
Frauen verleitet, in der mit dem Brolhrechen verbundenen
llomilie — von einem Augenzeugen in Troas beschrieben
(Acta 20,7 — 12) — ebenso wie die Männer Fragen zu stellen,
und der nächste, vielleicht schon getane Schritt sei das Belehren
der gottesdiensllichen Gemeinde gewesen.

Nur die objektiven Überlieferungen seien ein Schutz gegen
den Mißbrauch der Gnosis. Die Liebe (Agape) in Kap. 13 sei
Christus, .das Vollkommene', und er verdränge das Unvollkommene
, nämlich die Gnosis mit ihren Begleiterscheinungen.
Das Bild im Spiegel sei der Widerschein der göttlichen Strahlen
in der Gnosis; aber nur in der Agape, in Christus, lasse
sich Gott direkt ins Angesicht schauen. Das Verbot, Frauen
in der Gemeinde sprechen zu lassen, habe Ursprung und Basis
in der Agape; also stamme es von Christus, also von Gott;
folglieh könne es von der Gnosis nicht abgeschafft werdenO'-

Der kluge Haushalter (Lukas 12.4ff.) sei der vom I bn11
erwählte Apostel, der das Gotlesworl als die dem Haushalt
Gottes gemäße .Nahrung austeile. Der Apostel warne dringend
davor, die Unterschiede göttlicher Aufgubeiizulciluiif?
zu verwischen. Propheten, idi männlich oder weiblich, dürft«'11
ni'hl zugleich ,lehren', | Tim 2,12 verbiete .las Lehren der