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Ausgabe: | 1975 |
Spalte: | 532-534 |
Kategorie: | Philosophie, Religionsphilosophie |
Autor/Hrsg.: | Pater, Wim A. de |
Titel/Untertitel: | Reden von Gott 1975 |
Rezensent: | Schenk, Wolfgang |
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Theologische Lileralurzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 7
532
Lehr, Stefan: Antisemitismus — religiöse Motive im sozialen
Vorurteil. Aus Her Frühgeschichte des Antisemitismus in
Deutschland 1870-1911. Manchen: Kaiser 1974. VIII,
291 S. 8° = Abhandlgn zum christlich-jüdischen Dialog,
hrsg. v. H. Gollwitzer, 5. DM 20,-.
In dieser als l'iepmdruck veröffentlichten Promotionsschrift
soll zweierlei nachgewiesen werden: 1. Antisemitismus im
Zweiten Kaiserreich sei nicht nur eine Angelegenheit von
skurrilen Außenseitern gewesen. 2. Zwei oder mehrere Arten
bzw. Wurzeln des Antisemitismus, die relativ eigenständige
Entwicklungen durchgemacht hätten, zu postulieren, sei
falsch. Es handele sich um ein ..Wurzelgeflecht", verbunden
durch die immer präsente religiös-antisemitische Argumentation
.
Grundsätzlich i>i an die Arbeil die Frage zu richten: Wenu
es schon um einen (neuerlichen!) Nachweis der religiösen
Komp.....inte in aller antisemitischen Hetze geht, wäre es
dann nicht sinnvoller gewesen, einen repräsentativen Querschnitt
aus dem antisemitischen Schrifttum jeglicher
Couleur zu gehen, und nicht lediglich spezifisch religiös argumentierendes
Material auszuwerten? Zudem ist dem Rcz.
fraglich, ob der Vf. das in der Literatur vielfach angewandte
methodische (!) Prinzip, antisemitische Phänomene gesondert
ZU behandeln, so interpretieren darf, als werde hier die Komplexität
der Sachverhalte nicht gesehen oder vernachlässigt.
Vf. stützt sich auf etwa 250 gedruckte Quellenstücke (Pamphlete
, Prcsseartikei, Dokumentationen, Triviallitcratur etc.),
die — und hier ist der Untertitel durchaus irreführend —
einen Uberblick über religiös argumentierenden Antisemitismus
nicht nur in Deutschland, sondern auch der Donaumonarchie
vermitteln. Vf. erklärt, die engen Verbindungslinien
zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn seien
ihm erst im Verlauf der Quellenlektüre deutlich geworden (5).
Die flüchtige Einstiegsskizze, die den Antisemitismus der
Pathologie des bürgerlichen Zeilalters zuzuordnen versucht,
läßt unbefriedigt. Daß neueste Forschungen nicht berücksichtigt
werden, fällt auch sonst auf. Als eklatantes Beispiel sei
nur die Passage über Luthers Antisemitismus genannt. Sollten
die Arbeiten von Meier und Brosscder so unbedeutend
sein, um übergangen werden zu können?
Im Kernstück der Arbeit werden die bekannten Topoi des
religiös argumentierenden Antisemitismus vorgeführt. Die hi-
Btorisch-soziologische und ideenstrukturelle Durchleuchtung
des hier beigezogenen Materials bleibt der Vf. oft genug
schuldig. Analysen der Trndicrungsmustcr antisemitischer
Stereotypen und ihrer sozialpsychologischen Hintergründe,
Hinweise auf Auflagcnhölu n antisemitischer Broschüren und
Zeitschriften und auf ihre Verbreitungsgebiete erfolgen nur
ganz sporadisch. Zum Beispiel wäre ja der Nachweis regionaler
Unterschiede, bedingt etwa durch Konfessionsstruktur u. a.
interessant. Daß der Vf., dein es doch expressis verbis um
„Ausmaß, Verbreitung und Wirkung" (2) religiös-antisemti-
scher Hetze geht, des deutschen Spießers Leib- und Magcn-
blatt „Die Gartenlaube", die von 1876 bis 1878 antisemitische
Artikelserien veröffentlichte, nicht ein einziges Mal heranzieht
oder wenigstens erwähnt, gehört zu den Überraschungen, die
diese Schrift dem Leser bietet.
Im Anhang bat der Vf. eine Litte von FAitualmordanklagen
gegen die .luden (nach Kalckert), eine Liste antisemitischer
Zeitungen, und eine Liste aller Erwähnungen der Eisenmcn-
ger-Sehrift in dem von ihm verwendeten Material zusammengestellt
. Alle diese Übersichten sind denkbar unvollständig.
Auch dazu nur ein Beispiel: der im Literaturverzeichnis aufgeführte
Chwolson, übrigens ein zum Christentum übergetretener
.Jude, zitiert Eisenmenger doch wirklich häufig genug,
als daß dies übersehen werden könnte!
Als eine Materialdarbietung aus entlegenem, heute nur
noch schwer greifbarem Schrifttum mag die Arbeit ihren Sinn
haben; mit gutem Gewissen empfohlen werden kann sie
kaum.
Leipzig Kurt Nowak
Berger, Georg Ferdinand: B. Bauers Auseinandersetzung mit
D. F. Strauss. Ein Versuch über die innere Kontinuität im
Werk B. Bauers ( NZSystTh 16, 1974 S. 131-145).
Brandenburg, Albert: „Es wackelt alles" — Ernst Troeltsch
(Cath 28, 1974 S. 334-336).
Caldarola, Carlo: Japanese Bcaetion to the Institutional
Church (Journal of Ecumcnical Studics 9, 1972 S. 489 bis
520).
Emanuel von Severus: Abt Ildefons Herwegen (Erbe und
Auftrag 50, 1974 S. 423-430).
Erklärung der Bischöfe Chiles, April 1974 (Erbe und Auftrag
50, 1974 S. 389-393).
Fiala, Virgil: Bcuron und die Heichenau (Erbe und Auftrag
50, 1974 S. 440-455).
Kantzenbach, F. W.: Wilhelm Löhe — 100 anos depois (Igrcja
Lutcrana XXX1I1, 1972 S. 116-119).
Moosdorf, Dorothee: Gregorios Palamas. lieben und Lehre
eines großen Heiligen der Ostkirche (Erbe und Auftrag 50.
1974 S. 456-462).
Obst, Helmut: Jacob Böhme — zum 350. Todestag (ZdZ 28,
1974 S. 327-332).
Onnaseh, Martin: Dies aeer artis. Zur Entfernung des Ehrenmals
für die Gefallenen des ersten Weltkrieges von Ernst
Barlach aus dem Magdeburger Dom am 24. 9. 1934 (ZdZ 28,
1974 S. 333-337).
Säger, Pabnatius: Das ehemalige Franziskanerklostcr in Attendorn
(Forlsetzung) (Franziskanische Studien 56, 1974 S. 27
bis 119).
Schmidt, Martin: Die Heidelberger Theologisehe Fakultät,
Theologie im Wandel der Jahrhunderte (DtPfrlil 74, 1974
S. 569-574).
SnlM, L. SJ: Konklave und Papstwahl Clemens XIV. (1769).
Vorspiel zur Aufhebung der Gesellschaft Jesu am 21. Juli
1773 (ZKTh 96, 1974 S. 287-299).
Trippen, Norbert: Zur Geschichte des Collcgium Albcrtinum in
Bonn 1885—1903 (Annnlen des Historischen Vereins für
den Niederrhein 176, 1974 S. 172-227).
Volk, Ludwig: Kardinal Mercier, der deutsehe Episkopat und
die Neutralitätspolitik Benedikts W. 1914-1916 (StZ 99,
1974 S. 611-630).
Weber, Christoph: I,eo XIII. und die deutsche Zentrumspartei
Ostern 1886. Ein Bericht über die Intervention von vier
rheinisch-westfälischen Landtagsabgeordneten beim Papst
vor der Verabschiedung des sog. 1. Friedensgesetzes (An-
nalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 167,
1974 S. 154-171).
Willam, Franz Michel: Thomas von Aquin und Kardinal
Ncwman (ThGl 64, 1974 S. 467-473).
PHILOSOPHIE,
RELIGIONSPHILOSOPHIE
Pater, Wim A. de: Reden von Gott. Hellexionen zur analytischen
Philosophie der religiösen Sprache. Bonn: I inguistica
ßihlica 1974. 112 S. 8° = Forum Theologine Linguisti-
cae. Interdisziplinäre Schriftenreihe für Theologie und Linguistik
, hrsg. v. E. Güttgemanns, 5. DM 10,—.
Der Vf. — Ordinarius für I<ogik, Analytische Philosophie
und Sprachphilosophie an der Universität Lcuvcn — halte
schon 1971 drei seiner einschlägigen Aufsätze in Buchform
unter dem Titel „Theologische Sprachlogik" in deutscher
Ubersetzung (München: Kösel Verlag) vorgelegt. Dabei ging
es ihm wesentlich um die Vermittlung der Methoden zur ona-
lytischen Theoricbildung über die religiöse Sprache, die von
lan T. Ramsey ausgearbeitet wurden. Die vorliegende Veröffentlichung
liegt genau auf der gleichen Linie: Als deutsche
Ubersetzung von drei holländischen Artikeln aus dem Jahre
1972 zeigt der Pater sich als Sachwalter des Erbes Harnseys.
Nachdem dieser anglikanische Bischof von Durhain (vormals
Mathematikprofessor in Cambridge und Philosophieprofessor
in Oxford) 1972 im Alter von 57 Jahren leider schon von uns
genommen wurde, ist diese verdienstvolle Veröffentlichung
der Bonner Lingustira Biblicn zugleich ein würdiges Memorial
. Da die Hauptwerke von Bamsey bisher nicht in ileut-