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Ausgabe:

1975

Spalte:

517-519

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Campenhausen, Hans von

Titel/Untertitel:

Die Entstehung der christlichen Bibel 1975

Rezensent:

Wiefel, Wolfgang

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Theologische Literaturzeilung 100. .lahrgang 1975 Nr. 7

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KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE r",kr <s-123>- Audl kommen vieldiikutierte Themen in

ahgewogener Darstellung zur Sprache: das Traditionsprohlem
hei Paulus, der Weg vom Herrenwort zu den Evangelien
Campenhausen, Hans Frhr. v.: I-a formalion de la Bilde einschließlich der gnostischen Hervorbringungen, die Frage
chreliennc. Version francaise par Denise Appia et Max "ath, ,l1,:nl » aulmismus in der nachpaulinischen Zeit. Haß die
Dominice. Neuchalel: Dclachaux & Nicstlc [1971]. 309 S. Apokalypse, deren au toritat.ver Anspruch nicht übersehen
gr. 8° = Le Monde de la Bible. werde" k"""' hl«r »"cht "scheint, ergibt sich aus der Position
des Autors, die er jedoch erst sehr viel später S. 254f.
-: Die Entstehung der christlichen Bibel. Tübingen; Mohr Regen Leipohlt, Harnack und Windisch fixiert. Obwohl die
1908. VII, 393 S. gr. 8° = Beiträge zur Historischen Theo- von j|,m selbst genannten Kriterien (S. 1231.) auf jene Schrift
logie, hrsg. v. G. Ebeling, 39. ;„ vo]|em Maße zutreffen, vermag er ihr keinen Platz in der
H. von Campenhausens Darstellung des Werdens der christ- Entstehungsgeschichte des Kanons einzuräumen. Diese wird
liehen Bibel bedarf keiner Empfehlung. Sic hat in den Jab- von ihm mit strenger Ausschheßlichkeit als Beaktu.n auf Marren
seit ihrem Erscheinen ihren Weg gemacht. Das bekundet kion dargestellt. Die Spitzenaussagc des umfangreichsten, des
auch die hier anzuzeigende französische Übersetzung. Wenn 5- Kapitels (La naissance du Nouveau Testament, p. 143 bis
»gleich auf die Originalausgabe hingewiesen wird, die bis- 1985 dt AuB8- S- 173-244) darf als zentraler Satz der Darlang
in der ThLZ nicht vorgestellt wurde, dann vor allem, um Stellung überhaupt verstanden werden: „Idee und Wirklich-
jenen Lesern, denen das Buch nicht unmittelbar zugänglich keit einPr *™U»chen Bibel sind von Markion geschaffen, und
ist, die Orientierung zu erleichtern. Daß dieses Werk auch die Kirchp> d,e scln Wcrk verwarf, ist ihm hierin nicht vor-
außerhalb unseres Sprachbereiches Interesse findet, gründet in angegangen, sondern - formal gesehen - seinem Vorbild
dem weltweiten Ansehen, das der Autor genießt, aber auch nachgefolgt-' (S. 174). Eine Wiederaufnahme und (durch Ab-
in der Geltung der deutschen Forschung auf dem Gebiet der lehnung jeder Vorform in Gestalt eines Vierevangelienkanons)
Kanongeschichtc, die durch Namen wie Harnack, Zahn und «">* eine Badikalisierung der Grundthcsc von Harnack!
Leipoldt bezeichnet ist. Inzwischen sind mehrere Bücher er- Demgegenüber wird die m. E. nicht minder wichtige Auscin-
schienen, die die Arbeit auf diesem lange vernachlässigtem nndcrselzung um die apostolische Geltung des 4. Evangelium*,
Feld weitergeführt haben1. auf die O. Cullmann vielfach hingewiesen hat, zu einer Nebcn-
,, „ . ,1T ... • , .i-i.i linie. Für die Durchsetzung des Vierevangelienkanons (erwei-
I C"l nCU" hf«*fi«" w,rd vcrdeull.chl bereit. ^ — die ^ QD(j dcs {mn&dist auf Paulu3 beschränkten)
der I itel. Es wird hier nicht Kanongeschichtc im traditionellen ApOttoloe steht Irenaus ein, dem damit der katholische Gegensinne
dargeboten, als Seitenflügel eines Tnptychons, dessen ' ^ KeUcT Markio„ zufii„t (S. 237). Diese Gegenüber-
R'uU'r'- r<"' Entstehung des Amtes und die Herausbll- ,telIung verdeutlicht zugleich die Eigenart des Historikers
« ung dos Dogmas darstellen, vielmehr werden die Rezeption Campenhausen der den persönlichen Faktor auch in vieles
Alten Testamentes und das Werden des Neuen als ein- ,(.hichti n prozes.,Cn, wie dem hier dargestellten, sehr hoch
ander zugeordnete Phasen eines Prozesses aufgewiesen. Wer wertet

60 Jahre nach den Klassikern schreibt weiß, daß es nicht e^ $ f ^ ^ Ranon ^ M a r k i o n

Nhu Aufgabe sein kann mit ihnen auf ihrem Felde zu kon- vorletzten Kapitel behandelte Begrcn-

kurrieren. Er wird statt dessen jene Gesichtspunkte zur Grd- delimination du canon neotestamentaire, p. 199

tung bringen, die theologischer Arbe.t seither w.cht.g gewor- ^ ^ g 2^_m) dlirch den M o n t a n i s m u s

' cn sind. provoziert. Der Canon Muratori ist in erster Linie (wenn

So signalisiert bereits das 1., dem Thema Jesus und das ^ nidu ausschließlich) als antimontanistisches Dokument

besetz gewidmete Kapitel (Jesus et la Loi dans la tradition ^ ,g ^ Der Ausscliluü des Pastor Hermae läßt die

WangAliqn« p. 9-26; dt. Ausg. S. 5-27), den neuartigen ^ ^„„^„gi^e Begrenzung insistierende Sicht des Apo-

Ansatz. Die als Ausgangspunkt gewählte Frage nach dem stoiis(.hen erkennen (S. 297ff.), wobei die Spannung zwischen

Verhältnis Jesu zum AT ist eingebettet in eine von den Er- (vcrb0tener) öffentlicher Verlesung und erlaubter (privater)

Kenntnissen der Trnditionsgesehichtc bestimmte Darstellung Lektüre ;„ i]irer kanongcschichtlichcn Belevanz noeli weiterer

«er Gcsctzesprobleinatik bei Q, Mk und Mt (und darüber >rachfrnge bedürfte

Jtaattl im nußerkanonischen Judenchristentum). Den gegen- ' nr Auf be gcsetzt> die Entstehung der

Wtagen Stand ncutcstamcnthcher Arbe.t spiegelt auch der ic,icn ^ darzuste„e„. So ist für ihn mit dem im

PM»UeU Abschnitt Ober che Stellung zum Gesetz ,m Heiden- behandelten Kanon in der nachirenäischen

*nstenlum (La Loi et l'ficnturo dans 1 ßgl.so P^£f** £h und bei Origenes (p. 251-300; dt. S. 312-376) ein ziel-

"Cine du premin liede, p. 27-63; dt. Ausg. Ö. J»-io), in hlel Abschluß gegeben. Daß die theologie post-ireneenne

»jMn Paulus, Lukas und Johannes behandelt werden. Als B chronologischer als ein sachlicher Ordnungsbegriff

««■spiel für behutsame Korrektur an eingcschliffenen Versteh ^ ^ ^ Einbeziehung von Tertullian und Clemens

«jagen das Urteil über Lukas: „Er bringt die von Pau us be- • Alexandrien deutlich, bei denen die Vorstellung einer

K,r<'ndcte Erkenntnis auf seine Weise zum Abschluß P.K*h „eteilten Bibel erreicht ist, aber auch zum Problem zu

, "><-" kräftigen Akzent setzt der Vf., wenn er von der Krise ^ ^ Origenes. dessen Inspirationsichre und alle-

'•; •■'lUcstamentlichen Kanons im 3. Jahrhundert spricht. In- ^ Methode mit zahlreichen Belegen vorgestellt werden,

J.knV.m «'''■"°S<1«'"<1 fiir <"»• der sc,n" ^rm,f^gn"" biWc, die Schhlßstation, den Wissenden an Franz Overbecks

E7n«r" Studien2 kennt, aber insofern etwas irreführend, als n;i,„m erinnernd mit dem dieser auf den Zusam-

h'<* <hr mit ,1cm Ende des I. Jahrhunderts einsetzende Weg souveränes Dto ^ mt < ^ Au9,egungs.

S ».•hrüerbrief «her die Gnostikcr zu den ,U k»»^ ™üZ^Z™7^^ und K-Hur. 1919, S 79). Wer

rcn<len Frschcinungen dargestellten Plolemäus und Justin metliout s r , ^ cntBcllcldcn> ob

0o*Kczci(hnet wird. Die französische nbersetzung korrigiert ' »• ^ zjcfcrreicht ist „der ob er sich für die wei-

,,aAn" Wo111 ™t «echt, wenn sie von der erise du ca.ion, de » ^^ ^ ^ (rnditionelle„ Kanongescliichten an-

»Ancien Testament au deuxieme siech- spricht 'p. b.i-H)-, .„.,,..,„,.„ s„n Für das reizvolle, aber streckenweise unweg-

Ans»?- 76-122). flclände'der Frühgeschiclite des Kanons hat er in Cam-

„ Mit «lern 4. Kapitel (La pr6histoire du onofl du Nouveau penhlul,cn einen mit einzigartiger Sachkenntnis und glan-

'«st'iment, p. 103-148; dt. Ausg. S. 123-172) setzt der Autor Darstelhingsgabe ausgerüsteten Führer gehabt.

"r" »in, indem er sich der Geschichte der neulestamenllich.m ^ Erfolg dieses Buches liegt nidit zuletzt darin begründet,

y'J'riflon in der vormarkionitischen Kirche widmet. F-s ist ^ '.^ Ej rt dcr hinter ihm stehenden Forscherpersön-

»M Periode, i„ d« DOch i.i< lit die Bede d»VOU sein kann, < ^ ^ GeU(ing bringt. Campcnhauscns Kanon-

''Hier „Schrift oder MuttMOgPiPP" i^oUtermaßeil eine ]ljchtc is[ das Werk eines Patristikers. dessen Arbeit seit

«UsKczeichnele, normative Stellung zugebilligt wird, durch B Iieutestamenllichen Anfängen der cliristlichen Lite-

d,e sie der bisherigen „lllesla.ueutli. I.e.. Schrift an d.c Seile je