Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1975

Spalte:

25-28

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Müller, Hans-Peter

Titel/Untertitel:

Mythos, Tradition, Revolution 1975

Rezensent:

Wagner, Siegfried

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 1

26

Hanl bia Salome» wird in einem Unterabschnitt ausam- schnitt geht es darum auch zuerst um Defmitrons
mengefaßt Es folgen nach dem geschichtlichen Verlauf versuche (9-11), und M. ist gut beraten wenn er Mythos
das Zeitalter der getrennten Königreiche, dann das des vom Mythischen abhebt. Das Mythische wird als Iii-
Reiches Juda, Exil und Restauration. begriff bestimmter Inhalte, Formelemente und Hunk-
Der letzte Abschnitt bietet bibliographische Ver- tionen" als vom Mythos (dein „vorliteranschen Üa1
zeichnisse, Konkordanzen und Wörterbücher, Nach- tungsbegriff") abgelöst verstanden (9f). Voraussetzun-
schlagewerke, Einleitungswerke und Kommentare. Eine gen des Mythischen sind im Machterlebnis gelegen. Bin
Liste der oebralichten Abkürzungen wird zum Schluß zweiter Abschnitt müht sich darum folgerichtig um das
gegeben Problem der Macht (11-16), während es M. an dritter
^ Es bleibt natürlich ein Wunsch offen, nämlich, die Stelle um die Gestalthaftigkeit von Macht geht (16-24).
vorgelegte Bibliographie noch ein wenig gesprächiger zu da „Realisierung des Mythischen ... geschieht, wenn die
machen, als sie im Augenblick ist. Wenn der Student ein Mächte Gestalten annehmen, denen zumeist noch ein
Buch auf einer Bibliothek bestellt, muß er den Krschei- Name, ein Wille und ein Schicksal nachgesagt wird, wie
nungsort angeben Dieser fehlt in der Bibliographie. sie zusammen auch das menschliche Personsein konsti-
Wünsehenswert erscheint ferner die Angabe der Reihen, tuieren" (16). In diesem wörtlich zitierten Satz sin«
in denen dieses oder jenes Werk erschienen ist. Nicht zwei weitere Essays zu ,Name und Wille (U4-ÄJ) und
immer wird an-e.reben, ob ein Band in der Sammlung .Schicksal' (28-34) annonciert. „Der Gestalt gehört
,.Beihefte zur ZAW" erschienen ist, Derartige Angaben unmittelbar der Name zu: In ihm wiederholt sie sich im
fehlen auch für andere Reihen. Einmal wird „Antiquity Medium des Verbalen." „..., so ist vollends im Namen des
and Survival" Vol II: 2-3, 1957 genannt (8.15). Hier Gottes dieser selbst gegenwärtig" (24). Die Kennt ms des
wird nur die Reihe angegeben, in der das Werk er- göttlichen Namens ermöglicht dessen heilsamen Geschienen
ist Der genaue Titel lautet „The Holy Land. brauch, etwa in der Anrufung, aber auch dessen Miß-
New Light on the Prehistory and Early History of brauch (24f). In einem sechsten Überlegungsgang, den
Israel, published in co-operation with the Hebrew Uni- M. .Mythische Integration' benennt, erfahrt das My-
versity, Department of Antiquities, Israel Exploration thische eine Aufwertung (34-36). Die Elemente des
Society". Wünschenswert erscheint auch bei der Auf- Mythischen, Gestalt, Name, Wille und Schicksal,
«atzliteratur daß die Seitenzahlen der betreffenden Zeit- „dienen der Integration des Menschen in die Wirklich-
«chrift oder des Sammelbandes angegeben werden. So keit" (34). „Mythos und Mythisches machen das Leben
'aasen sich manche Wünsche äußern, auch bezüglich der der Gegenwart zur Wiederholung seines Ursprungs, zur
Schreibung der Namen, wobei sich Fehler finden, die Anamnese seines Urbilds. Alles Gegenwartige ist auf
dem Benutzer der Bibliographie Schwierigkeiten berei- seinen Ursprung wie ein Zitat fixiert (35). „Mit der
ten könnten, wenn er auf Grund dieser Angaben Bücher integrierenden Funktion des Mythischen ist seine re-
hestcllen will Doch das sind Wünsche am Band. Der generative verbunden: Es restauriert zerstörte Ord-
Wert dieser Bibliographie liegt in der geschickten Aus- nung" (36). M. geht noch einen Schritt weiter, wenn er
wähl und in dein Verzeichnis der Iwrith-Literatur, die sagt, daß in der gleichen Weise, wie das Mythische ge
tnan hier für wichtige Sachgebiete rat zusammengestellt schichtlich ist, alle Geschichte des mythischen Rahmens
findet und der mythischen Höhepunkte bedarf.,,... eine völlige

Entmythologisierung seiner Geschichte würde den

K""K ll:,",lk" Menschen nur haltlos dem Strom des Geschehens ausliefern
. Er müßte sich einmal als weltbewegender Titan,
ein andermal als ein vom Geschehen zertretener Wurm
empfinden; gelingt es dem Geschichtsbewußtsein nicht
Müller, Hans-Peter: Mythos, Tradition, Revolution. Phäno- mehr, von Fixpunkten auszugehen und sich in Stern-

menologisehe Untersuchungen zum Alten Testament. Neu- stunden zu sammeln, muß es sich selbst verlieren" (33).
kirehen-Vluyn: Neukirchener Verlag des ErziehunftH- go k{um jn emem siebenten Kapitel vom .Ernst des
Vereins [I973|. 118 S. 8°. DM 17,-. Mythischen' geredet werden (36-41).

Man kann die Ausführungen, die in diesem vorliegen- Unter dem Aspekt der Tradition beschäftigt sich der

den Büchlein zusammengestellt sind, als eine Reihe von Autor zunächst mit den ,Traditionsmot.ven des Mythi-
Essays verstehen. Ihre Entstehung geht auf einen ganz sehen' (42-48) und sodann mit der .Aufhebung des
aktuellen Anlaß zurück, auf die immer wieder unter Mythischen'in Jahwes Kommen und Eingreifen (48-57).
Theologiestudierenden aufgeworfene Frage nach der Die mythische Erzählung hat ihren Sitz im Leben in
heutigen Bedeutung des Alten Testaments im all- Ritus und Kult, sie ist darin wesentlich auf Vergegen-
gemeinen und seiner prophetischen Schriften im beson- wärtigung eines Vergangenen hin angelegt. Der My-
deren. Der theologische Lehrer muß sich dieser Frage thos leitet_s.cn von einer elementaren Ergriffenheit her
bellen, sie reflektieren und Antworten zu geben ver- die verbal zum Ausdruck drangt. Und als Ausdruck
suchen (Vorwort, S.5). H.-P. Müller tut dies in Auf- von Ergriffenheit drangt das Mythische zur Uber-
"ahme einiger Begriffe die von Seiten der akademischen lieferung" (44). Ergriffenheit vom Mythischen liegt auch
•H'end unserer Tage immer wieder gern an das Alte dann vor, wenn geistige Auseinandersetzung mit dem
Testament bzw. an einzelne seiner Teile herangetragen Mythischen erfolgt (47). Die alttestamentliche Religion
werden: Mythos, Tradition, Revolution. Jeder dieser verbleibt nach M. bei der logisch unmöglichen Behau -
Termini stellt ein eigenes hermeneutisches Konzept dar, tung einer Präsenz der Transzendenz Gottes in der Welt.
"a<d. welchem das Alte Testament seine Ab- oder Auf- Sie hält es aus „ daß solche Präsenz schließlich g.>>/.aus-
wertung erfahren kann. M. bezieht alle drei Begriffe auf- bleibt, nur noch herbeigeklagt oder der Hoffnung aneinander
, freilich so daß die Begrifflich keit um den heimgegeben werden kann. Es geht ihr nicht um das
Mythos zur Leitl nie de Rcf ektion gemacht ist. Es soll Festhalten begrifflich verfügbarer, logisch widerspruchs-
Probiert werden, ob rieh vom MytLsverständnis her loser Teilwahrheiten, ... sondern viel eher um die Ent-
Zugang zun, Alten Testament gewinnen lassen kann. faltung ihres eigenen inneren Widerspruchs in seiner zer-
M. muß dabei nolens volens spezifisch alttestamentliche störerischen Fülle. Letztlich heg dieses Durchlialte-
«herlegungen zunächst zurückstellen und sich vorerst vermögen in der Penetranz begründet in der man Jahwe
(1"r allgemeine, religmnswissenschaftlichen und philo- in der Welt von der Welt unterschieden wissen wollte
«ophisclien Diskussion widmen. In einem ersten Ab- (55). In der Unverfügbarkeit der transzendenten Ahse