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Ausgabe:

1975

Spalte:

452-454

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Ogiermann, Helmut

Titel/Untertitel:

Sein zu Gott 1975

Rezensent:

Fritzsche, Hans-Georg

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Theologische Litoraturzoitung 100. Jahrgang 1976 Nr. 6

452

arbeit dem Müßiggang hingeben. Und schließlich hat
Gorazd sogar das Arbeitsgebot für den Werktag dem
Ruhegebot für den Feiertag vorangestellt und ihm
damit die entscheidendere Bedoutung beigemessen.

Schwieriger ist es offenbar, das Besondere russischer
Katechismen herauszufinden. Daß man sich von der
eucharistischen Wandlungslohro der stark von der
abendländischen Scholastik beeinflußten Confessio
Orthodoxa distanziert, ist kein russisches Spezifikum.
Dies tritt jedoch zutage, wenn die russischen Katechismen
„die Fortdauor der Eucharistiefeier in der wahren
christlichen Kirche bis zur Wiederkunft Christi unter
Berufung auf 1 Kor 11, 26 betonen" (S. 210). Damit
wendet man sich gegen Vorstellungen des einzig auf
dem Boden der russischen Orthodoxie entstandenen
priestorlosen Altgläubigentums. Da es sich um ein
innerrussisches Problem handelt, fehlen bei Gorazd die
entsprechenden Äußerungen. Ein Grund mehr zu
fragen, ob sein Katechismus wirklich zu denen „der
Russ.-orth. Kircho im eigentlichen Sinne" gezählt
werden kann.

Man hätte sich gewünscht, daß auf dio bei der
Detailbehandlung festgestellten Linien und Tondenzen
noch einmal zusammenfassend eingegangen worden
wäre. Dafür lassen ausführliche Register dieses gründliche
Buch zu einem vielseitig verwendbaren Nachschlagewerk
werden, dessen Lektüre jedem zu ompfohlen
ist, der sich mit der Geschichte und Theologie der
Russischen Orthodoxen Kirche befaßt.

Borlin Hans-Dieter Döpmann

Bartz, Wilhelm: Freikirchen in Deutschland. Gtesohiohte,
Lohro, Ordnung. Trior: Spoe-Vorlag [1973]. 180 S. 8°.
Kart. DM 19,80.

Auf der Grundlage einer „sachgerechten" Information
über „die bekanntesten Freikirchen" in der
BRD möchte dieses populärwissenschaftlich-allgemeinverständlich
angelegte Büchlein „dem erst im Ansatz
eingeleiteten ökumenischen Dialog zwischen dor katholischen
Kirche und den Freikirchen dienen, indem es
das Gemeinsame sucht und das Trennende nicht verschweigt
" (S. 7). Dor Vf., emeritierter Professor für
Fundamentaltheologio und ökumenik an der Theologischen
Fakultät Trier, unterscheidet sich in der
Intention und in der Ausführung seiner Veröffentlichung
wohltuend von herkömmlichen katholischen Darstellungen
der Freikirchen.

Eingangs gibt er eine Begriffserklärung von „Staatskirche
, Volkskirche, Freikirche" (S. 9—15). Dabei
unterstreicht er: „Nicht die Unabhängigkeit vom
Staat und von der Staats- oder Volkskircho ist die
Wesensmitte der Freikirche, sondern die unoinge-
sehränkte und bewußte Hingabe an die Botschaft Jesu
Christi, dor Wille, eine Gemeinschaft der Geheiligten
zu sein" (S. 13 f.).

Folgende Freikirchen werden vorgestellt: Oer Hund
Evangelisch-Kreikirchlichor Gemeinden (Baptisten);
Die Mennoniten; Die Evangelisch-Methodistische Kirche
; Die Kirche der Brüder (Herrnhut er); Die Brüde r-
bewegung (Darbysten, Plymouth-Brüdcr, Christliche
Versammlung); Der Bund Freier evangelischer Gfe-
meinden; Die Selbständige Evangelisch-Lutherische
Kirche (Zusammenschluß der lutherischen Freikirchen
1972); Die Heilsarmee.

Gegliedert sind die in Kapiteln niMTTIfflrrigfffffttm
Darstellungen im wesentlichen nach Geschieht'', I,' Ine,
Gottosdienstformen, Organisation, Verhältnis zur Öku-
meno. Am Schluß eines Kapitels erfolgt oino „Würdi
gung", „kritische Würdigung" odor „kritische Beurtel
hing". Loider ist der innere Aufhau uneinheitlich.

Disproportionen, die sich sachlich negativ auswirken
, sind hin und wieder festzustellen. So erfährt
dor Leser beispielsweise in dem relativ ausführlichen
Kapitel über „Dio Methodistenkircho" (S. 60—85)
nichts von dem 1968 erfolgten, für den deutschen
Methodismus sachlich und organisatorisch wichtigen
Zusammenschluß der „Bischöflichen Methodistenkircho
" mit der „Evangeüschon Gemeinschaft" zur
„Evangelisch-Methodistischen Kirche".

Der theologisch-wissenschaftliche Wort dieser Veröffentlichung
liegt eindeutig in der um objektive Sachlichkeit
, positiv-kritische Würdigung und um das
Aufzeigen ökumenischer Dimensionen bemühton Art
der Darstellung. Abschließend betont der Vf. in einer
kurzen Erörterung dor Frage „Volkskirche oder Freikirche
?" (S. 173 —180) noch einmal, daß es jetzt gelte,
„das geistliche Erbe, das dio Freikirchen bewahren, . . .
in die ökumenische Begegnung einzubringen . . .,
nunmehr auch in die mit dor katholischen Kirche, der
sie durch Geschichte und Glaube gänzlich entfremdet
waren" (S. 180).

Als Versuch, alte Klischees im Raum der römisch-
katholischen Kirche und Theologie zu überwinden und
die Ökumenische Begegnung mit dem Freikirchen tum
zu fördern, verdient das Büchlein auch und gerade
von evangelischer Seite Beachtung.

Halle (Saale) Holmut Obst

PHILOSOPHIE, RELIGIONSPHILOSOPHIE

Ogiermiuin, Helmut: Sein zu Gott. Die philosophische
Oottesfrage. München-Salzburg: A. Pustet [1974]. 207 S.
8°. Kart. DM 28,—.

Dieses Buch ist ein dezidiertos Plädoyer dafür,
thoorotisch nach Gott zu fragen, und es verlangt,
auch beweisen zu wollen, was man behauptet. Wo
das Gespräch mit der protestantischen Theologie
geführt wird, geht es um die Absage an die Tendenz,
daß man nur von praktischen Tragweiten oder existentiellen
Bedeutsamkeiten her Gottes gewiß werden
könne (s. S. 275). Auch dio Rede von ,Gott in de*
Geschichte' erzwinge als Voraussetzung dio „allgemein
anthropologische und seinsphilosophischo" Klärung,
„was das Wort Gott ineint" und daß es den Gott ,i«n
sich' und überhaupt gehen müsse, der „in die <!'-
schichte eingreift" (S. 290 f.). Vor allem dürfe die
Gottesbeziehung dos Menschen nicht in allerhaii'l
zwischenmenschliche oder seinsimmanente Beziehungen
aufgehen. „Aber manche skandalisiert schon das Wort
,religiös'. Man versucht ein«' nicht-religiöse [öter
pretation des christlichen Glaubens. Mit dem Ausdruck
.nicht-religiös' verbindet man einen gunz bestimmten
Sinn, nämlich u. a. dio Negation des (lott-Mensch-Vor-
hältuisses als eines Soktors neben anderen Sektoren
von Bezügen (den Welt-Mensch- und den zwischenmenschlichen
Bezügen). Demgegenüber identifiziert uiiin
den Gottesbezug geradem mit den anderen, so d**
alle Transzendenz Gottes in Weltimmanonz »ufgöW»*
oder jedenfalls kaum von ihr unterscheid bar wird
(S. 285). Und auch das „Leben und Wirken, ,otsi dsuf,
non daretur', als gäbe c Gott nicht", wird von Ogl*''
mann zurückgewiesen. „Wenn Gott ist . . ., dann kann
der Mensch nicht leben und denken, als gäbe es <•""
nidh«" (8. 285). Daß diese Tendenz keineswegs aul
einen abstrakten Gott als .Sciusprinzip' zielt, zoig^
folgender Satz: „Wer spezielle sittliche .Pflichten
Gott gegenüber (Anbetung, Danksagung, überhftOp*
Qebct) leugnet, wie die europäische Aufklärung. <nH'
besondere auch Kant, der «che zu, ob er das mit der