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Ausgabe:

1975

Spalte:

412-414

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Bavaria Christiana 1975

Rezensent:

Haendler, Gert

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411

TheolOgiWha Literaturzoitmip; 100. Jahrgang 1975 Nr. 0

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Didaktik, der Vermittlungsdimonsion der Theologie,
reicht allein nicht aus, um der sich hier stellenden
Aufgabe zu entsprechen. Neben erneutor Bowußt-
werdung der Herausforderung zur Vermittlung des
christlichen Glaubens heute zeigt Otts Buch einen
ebenfalls signifikanten Mangel an ihr adäquater Reflexion
an. Hier trägt die Theologie an einem Erbe, das
die Vermittlungsdimension entweder bagatellisiert oder
nicht der von ihr zu verantwortenden „Wahrheit" ge-
maß reflektiert hat. Weder dio diminuierende Einschätzung
, hier brauche thoologisch nicht so genau
verfahren zu werden, noch ihre Reduktion auf die
Wie-Frage, auf reine Methodik und Technik, vermag
sie jedoch aus der Theologie zu verdrängen. Beides
bewirkt vielmehr, daß Vermittlungs-.erfolge' auf Kosten
der „Wahrheit" mit entsprochenden Konsequenzen
erkauft werden und die sachgemäße Konvergenz von
Was und Wie in der Vermittlungsdimension, in der
sich die theologische „Wahrheit" immor aufs neue
vergeschichtlicht, damit aber ihre Praxisfähigkeit nicht
geleistet wird. Die Hilflosigkeit der Theologiogeschichte
in Otts Buch angesichts der Aufgabe, sieh unter didaktischem
Gesichtspunkt einzuordnen; die sachlich wie
situativ disfunktionale Repristinierung der traditionellen
, natürliche Theologie als Anknüpfungspunkt
voraussetzenden Frage-Antwort-Struktur; dio Überlagerung
der „Wahrheit" durch ihre Vermittlung, dio
darin eingeschlossene, nivellierende Tendenz zur Identifikation
mit dem Ergobnis dor Substanzlosigkeit, sie
sprechen in einem Buch mit dem Charakter einer
systematischen Bilanz eine deutlicho Sprache. Sie
fordert unausweichlich, daß Theologie die Vermittlungsdimension
endlich in ihre bewußte Mitverantwortung
aufnimmt; daß sie sie, nicht weiterhin als „Randfrage"
bagatellisiert; daß sie sich nicht darauf beschränkt, die
„Wahrheit" auf den Begriff zu bringen; daß sie nicht
mehr länger eine dieser „Wahrheit" und ihrer Vermittlung
entsprechende, letztere als relativ „seil,,
ständiges Thema" 23 anerkennende Theorie verweigert,.
Daß die evangelische Theologie dem Studenten bisher
kaum ein „Elementarbuch" zu bieten hat, das sichtlich
besser wäre als das hier besprochene, ist ein Alarmsignal
.

* Olt, Heinrich: Die Antwort den (Uaubens. Systemal iaohe
Theologie in 50 Artikeln. Hrsg. v. K. Otto unter Mitarb.
v. P. Baiser, U. Gerbor, P. Gürtler, W. Klostorköttor,
E. Valyi-Nagy, K. Otto, O. Schmid, J. Veenhof. Stuttgart-
Berlin: Kreuz-Verlag [1972]. 480 S. 8°.
1 „Es hat den Anschein, als kamen dio Theologen in
Europa derzeit nicht über das Bilanzziohon hinaus."
(W. H. van do Pol, Das Ende dos konventionollon Christentunis
, 1967, 226.)

1 Zu den Wissenschaft sthoorotisohen Bilanzen vgl. die
entsprechenden Arbeiten von G. Sauter, W. Pannenbergs
„Wissenschaftsthoorio und Thoologie", 1973, vorbindet in
sich alle droi Arten dor Bilanz, integriert sie aber in sein
schon vorgegebenes System.

3 vgl. J. H. Pestalozzis „Elementarbildung". Zum Begriff
vgl. W. Klafki, Das pädagogische Problem dos Elomontaren
und die Theorie der kategorialon Bildung, 2. Aufl. 1963.

* F. Schloiormachor, Kurze Darstellung dos theologischen
Studiums, § 1. SW T,l, 1843, 5.

* „Wissenschaft]ich-thoologisohos Donken" verantwortet
sich vor dem Forum derer, für die ob letztlich akademisch institutionalisiert
wurde". J, Henkys, Über Glaubonsbücher,
Hinweise zum Thema „Buch und Glaube". ThLZ 99,
1974, 167. — „Kiohtig angefaßt und durchgeführt, wird
sich dio Thoologio abor zum anderen aunh der Gemeinde
und allen ihren Gliodern so darstollon, daß sie von solbst
morkon müssen: hier wird keine unserem Leben ferno AI-
chymie getrieben, sondern nostra res agitur — wird sie
ihnen jone faule Ausrede von den .Laien', die keine Theologen
seien, inallor Stillo aus dorn Mundo nehmon". K. Barth,
KD IV3, 1959, 1011. — Es geht um dio „Aufgabe", „dorn
Mensohon von heute die christlicho Vorkündigung so
vorständlich zu machon, daß er dessen inno wird: tun
res agitur". Aus einom Brief R. Bultmann, In: K. Barth-
R. Bultmann. Briefwechsel 1922—1966, Hrsg. B. Jaspors.
Barth Gesamtausgabe V 1, 1971, 170.
' Honkys, aaO.

7 F.Schloiormachor, Kurzo Darstollung §§ 26 28, aaO. 14 f.

' „Das Globalziel des Studiums dor Historischen Thoologio
ist demgemäß (las Verstohon und dio Kritik dor gegenwärtigen
kirchlichen und theologischen Situation mit Hill'
der Auswertung dos von dor Historio bereitgestellten
Erkonntnispotentials". W.-D. Hausohild, In: Roform dor
theologischen Ausbildung. Empfehlungen zum Thoologio-
studium 11, hrsg. von T. Rondorff und H. Reiß, 1974, 86.

» K. Barth, KD 1,1, 5 Aufl. 1947, 3.

10 F. Schloiormachor, Kurzo Darstollung § 30, aaO. 16.

11 Vgl. E. Jüngol, Das Verhältnis dor thoologischon Disziplinen
untereinander. In: Dio Praktische Theologie
zwischen Wissenschaft und Praxis, 1968, 11—45.

13 „Ernsthafto Ziolgrupponüborlogung". J.Honkys,anO.170.

13 K. Barth, KD IV 1, 1953, 119.

14 Unverkennbar ist Ott von H.-D. Bastian, Thoologio der
Frage. Ideen zur Grundlegung oinor theologischen Didaktik
und zur Kommunikation der Kircho dor Gogonwoi't,
1969 (vgl. ThLZ 94, 1969, 946—48) angorogt. Aber
während dio „Thoologie der Frago" paradoxerwoiso fraglos
-apodiktisch nach allon Soiten hin zensiert, versucht Ott
sio in einen Fragoprozoß hinoinzunohmon.

16 F. Copei, Dor fruchtbare Momont im Bildungsprozeß,
6. Aufl. 1962, 62. — Vgl. H. Roth, Die „originale Begegnung
" als methodisches Prinzip (1949). In: Pädagogisch"
Psychologie des Lehrens und Lernens, 13. Aufl. 1971, 115f.:
„Wie mache ich den Gogonstand, der als Antwort auf
oino Frago zustande kam, wieder zur Frage?... Obwohl
or unter Umständen inzwischen in eino akademische Fern"
und Lobonsunborührthoit entrückt ist, die soinon Ausgangspunkt
gar nicht mohr wahrhabon will, wird er
durch dio pädagogischo Rückführung in dio Originttl-
situation wieder das, was or oinst war: Frago, Problem.
Not, Schaffenslust".

16 Dieser Gefahr widmet Bastians „Thoologie dor Frago
nicht dio gebührende Aufmerksamkeit.

17 Vgl. lt. Bultmann, Dio Frage dor natürlichen Offe"
barung (1941); Weissagung und Erfüllung (i960); D»s
Problem dor Hermeneutik (1950). Allo in: Glauben u"(l
Vorstehon II, 2. Aufl. 1958.

" Vgl. E. Hübnor, „Monolog im Himmel V Zur Barth-
Interpretation von Heinz Zahrnt. EvTh 31, 1971, bes-
73—83.

11 E. Brunnor, Natur und Gnade. Zum Gespräch ""'
Karl Barth, 1934, 42 — K. Barth, Nein I Antwort ft"
Emil Brunnor. ThEx 14, 1934.

■ K. Barth, Einführung in die ovangolischo TheolOg"*
1962, 13.

31 „Wahrheit kommt, im ProzoU der Dialogführung
Austrag . . . "O. Sauter, Wissenschaftsthoorotisohe Krit,K
dor Theologie Dio Thoologie und dio neuere wisse"'
schaftsthoorotisoho Diskussion. Materialien. Analy"°n'
Entwürfe, 1973, 322.

■ II. Th. Ooobol, Wort Gottes als Auftrag. Zur Theolog'"
von R. Bultmann, O. Eboling und W. PannenbeW
1972, 27U. Vgl. die Reze nsion des Vf.s in diesem

lieft.

■ K. Harth, Nein!, aaO. 56.

ALLGEMEINES, FESTSCHRIFTEN

IZicRler, A.lolf Wilhelm:] Bavariu Christian». Zur i'''ühfl

goschiohte dos Christentums in Bayorn. Festschr
Adolf Wilhelm Zioglor, hrsg. v. W. Oossol u. F. st°c,,'
meier. Münohen: Seite u. Höfling 1973. 242 S., 12 A^ j
a. 8 Taf., 1 Porträt gr. 8» =. Boitrttgo zur altbayori«°n
Kirchongesohiohto, hrsg. v. W. Oossol u. P. Stock'"01
27. DM 21,80.

Die Reihe dir 14 Beiträge beginnt mit !'• iit0°^efi
raeiura Aufaatz „Aapekte tut Frühgeschichte