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Ausgabe:

1975

Spalte:

361-363

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Stockmeier, Peter

Titel/Untertitel:

Glaube und Religion in der fruehen Kirche 1975

Rezensent:

Goltz, Hermann

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Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 5

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gemeinde keine heilsgeschichtliche Qualität als Ur- weithin in traditionellen Formen konkretisiert (Tempelsprungsort
des Heils. Die endgültige Errettung Israels frömmigkeit mit spiritualisierender Tendenz, Mahlieier
formuliert Paulus R.ll,25f. in einer eigenen prophe- mit Wiederholungsbefehl). Das Verhältnis von jüdischer
tischen Eingebung (S.253): sie erfolgt nicht als Sonder- Frömmigkeit zu christlichem Glauben erfaßt St. als
erlösung aufgrund des mit Israel geschlossenen Bundes, „kritische Adaption" (S.21). Die bald einsetzende Absondern
aufgrund des Christusgeschehens (It. ll,26f.). lösung vom Judentum unter dem Motto der Gesetzes-
Bei einer Deutung des paulinischen Missionsauftrags an freiheit richtete sich nur auf einen Aspekt allgemeinen
die Heiden in cschatologischem Kontext ist nach Z. religiösen Verhaltens, anderes wurde durch die junge
äußerste Vorsicht geboten: weder ist zu zeigen, daß die Christengemeinde übernommen (synagogale Elemente
paulinische Missionstätigkeit zentral von seiner Nah- der Liturgie). Daneben wird die äußerst differenzierte
erwartung bestimmt war, noch läßt sich beweisen, daß Größe griechisch-römischer Religiositätdurch den pole-
Paulus seine Jerusalemreise im Lichte der eschatolo- mischen Negativbegriff „Heidentum" ebenso nicht
gischen Wallfahrt der Heiden zum Zion oder die Kollek- korrekt erfaßt. Die Erkenntnis religiös-kultischer Ana-
te als im Dienste der na^a^hnmg von 11,14 stehend logie zeigt sich in dem bekannten apologetischen Argu-
gesehen hat. ment, daß die paganen Kulte dämonische Nachäffungen
Zellers Arbeil, steht forschungsgeschichtlicll in relativ des christlichen Gottesdienstes seien. Die naehaposto-
größter Nähe zu G. Klein und auch zum Rezensenten lische Kirche grenzte sich deutlich gegenüber Judentum
selbst. Wenn deshalb zum Schluß noch zwei Fragen an und Heidentum ab, wobei zunehmend deren religiöse
ihn gestellt werden, so gehen sie von einem grundsätz- Terminologie adaptiert wurde. So signalisiert der igna-
üchen Konsens aus und versuchen, Z. im Sinne seiner tische Neologismus Xyiounviofiöt „deutlich ein chnst-
eigenen Thesen noch zu größerer Klarheit zu verhelfen: liches Selbstverständnis nach Art der religiösen Um-

1. Läßt sich der Gesichtspunkt des paulinischen Theo- weit" (S.34). Entsprechend galt die Offenbarung in
zentrismus (Luz) wirklich gegen den Gesichtspunkt der Jesus als absoluter Höhe-, nicht als Kontrapunkt. Auf
Universalität des Heils (vgl. S.33) ausspielen? Wie kann dem religiösen Boden einer gemeinsamen Offenbarungs-
Pftului den universalen Heilswillen Gottes anders als gläubigkeit suchten die frühchristlichen Schriftsteller
Gnade ansagen, als als Heilswillen des Gottes, der Israel das Besondere des Christentums zu erweisen. Den Pro-
"rwählt hat und nun im Evangelium sein eigenes Wort test des Markion versteht St. als Protest gegen eine reli-
Oaendlich überbietet, ohne es aufzuheben? Dabei ist giöse Deutung des Glaubens. In der Auseinander-
War, daß theozentrisches Denken für Paulus nicht setzung mit den Religionen seiner Umwelt wird das
bedeutet, die Widersprüche aus der Geschichte „sozu- Christentum der Irreligiosität im weitesten Sinne besagen
in Gottes Gottsein zurückzuverlege,," (S.32). zichtigt: Vom Judentum kommt der Vorwurf der Ab-

2. Hat Z. den Vorrang der Juden nicht zu schnell in die wendung von Gesetz und Tempel. Die heidnische Pole-
Universalität des Evangeliums hinein aufgelöst? Es mik unterstellt religiös disqualifizierenden Aberglauben
QUlt auf, daß er in seinem dritten Kapitel zwar R. 2,9f. (superstitio). Zusammen mit den Epikureern sind die
I7f.; 3 3ff.25f.; 9,30ff. behandelt, nicht jedoch 3,lf.; Christen dem Atheismus-Vorwurf ausgesetzt. Die Kritik
9>l ff.; 11,10 IT 25 ff Die Zielrichtung ist sicher richtig: des Kelsos unter dem weiten Aspekt von Logos und JNo-
R 11,25ff. zeigen, daß es gerade kein Sonderheil für die mos verurteilt am Christentum die Lösung vom Nomos
Juden gibt, weil das Heil des Evangeliums nicht über- (der Juden) und damit den Vorstoß gegen das Prinzip
bietbar ist. Aber nicht nur 3,1 ff., sondern vor allem der Einheit und Gemeinschaft Die christliche «fer«
J*-9-ll als ganze lassen mir den Satz, daß zugunsten der wird noch von Kaiser Julian als Blindglaubigkeit im
Universalität des Heils „der Jude als Verheißungsträger Gegensatz zur logos-onentierten Weisheit der; Unecnrn
1,1 de,, Hintergrund" trete (285), als nur halbwahr er- verstanden. Gegenüber dieser massierten Kritik stand
deinen, denn dir Paulus ist Universalität des Heils dem Christentum die Übernahme des allgemeinen Keli-
n""nals eine bl„ß formale Kategorie, sond-, r. .las Bvan- gionsbegriffs nicht frei, sie war ihm vielmehr von Oer
Hiurn desjenigen Codes, der Israel Verheißung und Situation her auferlegt, wobei eine Angleichung MUgUOfl
Oesetl geceben hat in punetis Polytheismus und Kaiserkult ausgeschlossen

' blieb. Christliche Theologie bildete eine Allianz mit der

Ulrich Lux 8keptischen Philosophie zwecks Kritik am Pantheon.

r~~-- Juridisches Denken überlagerte den biblischen Glauben,

'>«« Oim» .Ion Upwiiiwiiton <<Jp»rhichUver«uin<ini» <i<* Pauli». io«8) konkrete kultische Formen und religiöse Praktiken

von z. s.aor. richti* »I» (rmh ) ..t.nrthianiiK-h" <n««no»tuiert worden. wurfiP„ adaptiert (Eucharistie als »vai«; Übernahme des

Priesterbegriffs zusammen mit der Formierung des
Sakramentverständnisses etc.). Durch die Darstellung

KlRrWPMr CCrWirUTC AI TP It-IPPHP !'"'"'" (Hubens als Gnos.s und Paideia (hu-

^'K^HbNObbCHICHIb: ALI b KIKLIic |>iin|t<1 , auf theoretischer Bbene unterstützt, tritt so

j. noch vor Konstantin dem Großen das Christentum mit

M«><Uiii«i,.r, Peter: Glaub«- und Religion in der frühen Kirch*. dem Anspruch auf die vera religio auf. Die sakral-

{•«'iburg/HnwI/Wien: Herder [1H73J. VI, 143 S. 8". Kart. rechtliche Kategorisierung und Einordnung ins reli-

"M IS-»°- gionspolitische System des Imperiums seit Konstant...

.Auf der Foli. „euerer theologischer Debatten zur bestätigte praktisch und steigertereJf

1 t.* von OUuhen und Religion (Barth, Bonhoeffer) ter des Christentums. Nicht zuletzt ist^onrtantins

WrtSfockmeicr,las Verhältm« zwischen christlicher eigene „rel.g...s-gafltfay^ j^gj^^

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