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Ausgabe:

1975

Spalte:

356-357

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Wahl, Christian Abraham

Titel/Untertitel:

Clavis librorum Veteris Testamenti apocryphorum philologica 1975

Rezensent:

Delling, Gerhard

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355

Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 5

366

nicht nur die Paradestücke Heb 1,1-4; Eph 1,3-14, sondern
auch ein Passus wie Joh 13,1-4.

Die Absicht einer „sachgerechte(n) Übersetzung" des
Textes grenzt die „Freiheit gegenüber seinem Wortlaut"
entscheidend ein (6), für W. sichtlich gerade im Blick
auf die für das Heilsverständnis des Neuen Testaments
typischen Wörter. Unter anderem von daher legen sich
Sacherläuterungen nahe. W. gibt sie (in Petit) in der
Form eines Kommentars, der „im ganzen etwa denselben
Raum einnimmt wie der übersetzte Text" (7)B. Auf
die einzelnen Abschnitte des Textes (die z.T. verhältnismäßig
umfänglich sind, nicht nur z.B. in Joh, wo sie
mehrmals je ein ganzes Kap. umfassen) folgt zunächst
eine zusammenhängende Erklärung (keineswegs nur eine
Paraphrase). Unter ihrer Anleitung ist der Text nachzulesen
, sind sein Gedankengang und seine Aussagen
nachzudenken. Dazu hilft weiter eine sich jeweils anschließende
Gruppe von Anmerkungen zu Einzelheiten,
die häufig theologisch wichtig sind; mitunter beanspruchen
sie mehr Raum als die zusammenhängende Erläuterung
. Beleuchtet werden unter anderem biblische
Ausdrücke (z.B. „Gerechtigkeit Gottes" zu Rom

I, 8-17; Phl 1,11, „in Christus" zu Rom 6,11; 2 Kor
5,17, „Sühne" zu Rom 3,21-31; 1 Joh 2,2, „Herrlichkeit
" zu Joh 17,1-26), religionsgeschichtliche Zusammenhänge
, hauptsächlich von Altem Testament und
Judentum her (s. z.B. für Eulogie Rom 1,25; 2 Kor

II, 31, für Logos Joh 1,1-18, für Menschensohn Lk
12,1-12; Mk2,10; Mt 8,20, für Reinigungsriten Mk
7,1-23) und sonstiges Zeitgeschichtliche (etwa zu Mk
15,1; Joh 10,22; 2 Kor 11,24.32f).

W. legt ferner Textkritisches, Traditions- und Redak-
tionsgeschichtliches vor. Dabei kommt unter anderem
die Bedeutung der mündlichen Tradition für die Geschichte
der Synoptiker in den Blick. Auch zu den Briefen
wird des öfteren auf die Verwertung überlieferter
Stücke hingewiesen. - Könnte die Erörterung mancher
textkritischer Probleme entbehrt werden, so gilt das
Gegenteil für die Vorführung verschiedener Möglichkeiten
exegetischer Bezüge und von daher Übersetzungen
(z.B. zu Rom 9,5; 2 Kor 5,16; 11,6; 1 Kor 2,6;
Gal 1,10; Heb 5,7; Mt 5,18). - Historische Kritik bezüglich
des Berichteten wird vorgeführt etwa zu Mk 14,
53-72; Lk 2,1; anderswo deutet sie sich zu den Evangelien
in der Formulierung des erläuternden Passus an.

Die zusammenhängenden „Erklärungen dienen vor
allem dazu, Gedanken, Motive oder geschichtliche Voraussetzungen
der biblischen Zeugen selbst herauszustellen
, jedoch nicht dazu, unsere gegenwärtige
Stellungnahme zu ihnen anzumerken" (10). In der Tat
sind die Erläuterungen (das ist nicht zuletzt für die
Synoptiker zu sagen) insbesondere durch das erste gekennzeichnet
, auch wenn das zweite nicht völlig durchzuhalten
ist (das wird wiederum zuerst bezüglich der
Synoptiker spürbar). Sind die „Erklärungen ... nicht
mit erbaulichen Absichten verquickt" (7), so sotzt W.
doch zugleich den Leser voraus, der die Schriften des
Neuen Testaments als „die repräsentativen Zeugnisse
christlichen Glaubens aller Zeiten ... verstehen will" (5).
Tatsächlich informiert W. den Leser über den Glauben
des Urchristentums als an jenem Teilhabender. - Heißt
Verstehen zunächst, daß „der übersetzte Text in seinem
ursprünglich gemeinten Sinn zugänglich wird" (7), so
muß der Lesende „sich die Mühe nrichen, die Zeugen in
ihrer eigenen Welt aufzusuchen" (5). Damit ist an einen
Leser gedacht, der willig ist, seinerseits ein Stück STOBl
hafte Arbeit zu leisten (8).

Das gilt m.E. schon im Blick auf die UbeTSetsung des
Textes. Wenn W. in ihr die Gtrundwörtei .1 i Mall M
ment liehen Verkündigung in der fixierten Form beibehält
, so ist damit zugleich die Bereitschaft vorausgesetzt
, daß man sich in das Neue Testament selbst einliest
(von Hilfestellungen, die W. zu bestimmten Grundwörtern
gibt, war oben die Rede; es wäre übrigens förderlich
, wenn auf sie in einem kurzen Register unter
Angabe der Stellen verwiesen würde). Schon der Hafenarbeiter
von Korinth - und nicht nur er - mußte, sich,
ähnlich wie ein heutiger Neuling, erst gründlich in den
ihm ungewohnten Gebrauch für die christliche Verkündigung
maßgebender Wörter einhören, deren spezifischen
Gehalt etwa Paulus in seinen Briefen als geläufig voraussetzt7
. Dem Sicheinlesen dienen ebenfalls zahlreiche
Stellenverweise (so wenig sie erschöpfend sein können").

Über Einzelheiten der Übersetzung und der Erläuterungen
mit dem Vf. zu debattieren, erschiene dem Rez.
unangemessen angesichts der eindrucksvollen Leistung,
die hier im ganzen von einem Einzelnen vollbracht wurde
, In dem letzteren ist die erhebliche Geschlossenheit
des Werkes begründet. Daß bei ihm an die Gemeinde -
in ökumenischer Weite (8) - gedacht ist, wirkt sich
schließlich aus in „der sehr intensiven ... Mithilfe der
beiden evangelischen praktischen Theologen" W. Jetter
und E. Lange sowie des katholischen Neutestamentiers
R.Pesch, die das Manuskript kritisch durchsahen (8).
Das Werk9 macht sichtbar, daß die neutestamentliche
Wissenschaft nicht nur für einen Tnnenkreis der Fachleute
da ist, daß vielmehr „die wissenschaftliche Information
dem besseren, tieferen Verstehen" durch die Gemeinde
zu dienen vermag (8).

Halle/Saale Gerhard Delling

1 In „Die Gut« Nachricht" bevorzugte Ausdrucke fflr niarit;.

2 In „Die Out* Nachricht" mannigfach umschrieben.

• Entsprechend seihst, Joh 13.23, allerdings mit, Anm.; Lk lfl,22f. „Die
Oute Nachricht" hat Joh 1,18 „ganz eng mit... verhunden".

4 V. hat auch „darauf geachtet, daß «Ich der Text auch zur Vcrlesuni! im
Gottesdienst eigne" (8).

6 Oder auch des Neuen Testaments flherhaupt, z. lt. In der nffenhar (Iber -
wiegenden Übernahme des „(und) sleh(e)".

• Außerdem wird Jeder Schrift auf etwa 1-2 Seiten eine Einleitung vorangestellt
.

7 Selbst jemand, der längere Zeit in der Synagoge verkehrt war, hatte damit
noch einigen zu tun.

Der llenutzer der tbersetzung wird auch mit der Konkordanz zur
revidierten Lutherbibel ein ganze« Stack weiterkommen.

• Der Hand l«t vom Verlag ansprechend gestaltet.

Wahl, Christ . Abrah.: Flavia librorum Velcri» Tmtnnu-nti apo-
cryphorum philologira. Indieein verborum in libris pseud-
epigraphis usurpatorum, udiecit J.B.Bauer. Photo-
mechanischer Nachdruck der J853 im Johannes Ambrosius
Barth Verlag, Leipzig, erschienenen Ausgabe. Graz: Akademische
Druck- und Verlagsanstalt 1072. VIII, 828 S. 4"-

Seit ich den alten Wahl antiquarisch erwerben konnte,
steht er in meinem Handapparat und überrascht mich
immer wieder durch die gründliche Aufarbeitung des
Wortbestandes, die alle Belege zu den einzelnen Vokabeln
und Namen der sog. Apokryphen des Alten Testaments
nach ihrer Bedeutung bzw. Verwendung in da*
sich ergebende sachliche Schema einordnet. So wird z. Bj
das Material zu prj auf 5 Spalten in den mannigfachen
Gebrauchsweisen dargestellt (ebenso zu «lux). Zu
(11 Spalten) findet sich ein entsprechend eingehend n'"'
zugleich übersichtlich gegliederter Artikel, wie dort du*
grammatischen Erläuterungen usw. Es braucht kam11
hervorgehoben zu werden, daß die Clavis V.T.A.1 dM***
(auf lUlK Spalten) weit mehr bietet als eine Konkordanz
die die Stellen mit kurzem Textnbdruck untereinander*
reiht. Den griechischen Kontext gibt Wahl ebciif»"H
häufig wieder, zu besonderen Stellen mit lateinisch^
und nicht selten MMo deutscher Übersetzung de" gan**"

Passus und gegebenenfalls pagnnen Parallelen
Sprachgebrauch (bis z. B. zu Locim), Schwierige St'le "