Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1975

Spalte:

308-309

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Aldrich, Clarence Knight

Titel/Untertitel:

Pastoralpsychiatrie in der Praxis 1975

Rezensent:

Kiesow, Ernst-Rüdiger

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

307

Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 4

308

betung", „Bekennen und Loben", aber auch das „Singen meindegröße, das Alter, das Geschlecht und die Berufsund
Spielen" im Gottesdienst erörtert, indem dabei im- kreise — zusammengestellt waren. In der Art des münd-
mer wieder von der Schrift ausgegangen wird. In der ab- liehen Interviews wurde in der Zeit vom 22. 5. bis 20. 6.
schließenden Erläuterung von „Segnung und Sendung" 1972 dieser Personenkreis erfaßt. Die Angaben sind auf
bringt der Vf. noch einmal wie so oft der Gottesdienst- einheitlichen Frageformularen festgehalten. An dieser
gemeinde ihre Weltverantwortung zum Bewußtsein, aber Befragungskampagne wurden insgesamt 193 Interviewer
eben nicht im Sinn eines doch utopischen Programms, beteiligt, die nebenberuflich vom Allensbacher Institut
sondern in seelsorgerlich bestimmter Konkretheit: „Es eingesetzt waren.

wäre gut, sich zu fragen, wie seit dem letzten Gottes- Ohne in diesem Zusammenhang auf die vielen und viel-

dienstbesuch dieses .Hingeben' bei uns ausgesehen hat fältigen pastoralsoziologischen Fragen und Antworten

- oder ob etwa gar nichts passiert ist" (102), und dann zum Thema „Gottesdienst" eingehen zu können - im

weisen spezielle Fragen darauf hin, was etwa im Alltag „Tabellenteil" S. 162-238 sind allein 81 Formulare unter-

nach dem Gottesdienst „passieren" könnte und sollte. schiedlichen Inhalts abgedruckt -, steht fest, und darauf

Unter der Überschrift „Anbruch und Vollendung" macht weist Seitz in seinem instruktiven Nachwort (S. 150-160)

der Vf. am Schluß uns den „Tag Christi" als Richtpunkt hin, „daß wir unserem Lebensgefühl nach einer ,Exodus-

all unserer Gottesdienste bewußt. In dieser Sicht wird Generation' angehören; d. h. einer Menschheit, die aus

der Gottesdienst, wie ihn der Vf. im Licht der für allen vielen Lebensformen, die sie bisher geborgen haben, her-

Gottesdienst zentralen Verheißung Mt 18,20 darstellt, ausgehen muß" (S 150)

zum Anbruch", der auf die Vollendung hinschaut (107). Im BUck auf die Untersuchung heißt dies: „Der Gottes-

Und doch wienüchtern w,rd selbst bei so hoher Bewer- dienst ^ fremd ^ der heuti Welt„ (s 151) Das hangt

tung des Gottesdienstes unsere Beteiligung an diesem nicht damit zusammen> daß diese Zentralveran-

Geschehen eingeschätzt! Jeder Gottesdienstteilnehmer .__— - . , . , ,

.„ . , . .. . . .. , , , staltung der Kirchgemeinde in unerwartet hohem Maße

weiß ja: „Nicht selten steigt man aus , aber der Seelsor- ~;„„„K«ft„» i-* i_ ju h u uuj. r,

. . . i . . . T. ,__. ' eingebettet ist in die gesamtgesellschaftlichen Zusam-

ger tröstet: „Man darf ja wiederkommen — und das eine menhänge

Mal wird einem dies, ein andermal jenes wichtig werden. '. ... .

,,T ., . ... ... V . Der Sinn dieser Umfrage erschöpft sich nicht im Wis-

Wer innerlich dabei ist, wird immerzu Neues entdecken" _ . . . , * . , , . h

,,„„. _ sen um neue Fakten, so interessant und aufschlußreich

■. * ... .... , . , _ , ... , sie immer sein mögen. Es geht vielmehr darum, daß

Ein langst notiges, ein hilfreiches Buch, für das man ,. ....... . , » - . ... , * , . . a

j ,„ j i Sil. j ,T7l__. diese Ergebnisse als Aufgabe für die Gesamtkirche und

dem Vf. danken sollte, indem man es nicht nur liest, nein, .. „. . ■ . . r- _ , ,

.... . j ,f . ü . i , «» . die Einzelgemeinde begriffen werden. Dabei wäre es ein
meditiert und — für seine Verbreitung und rechte Nut- .,.„ ... . . r ,...?,»»
zung sich einsetzt! Mißverständnis, zu meinen, man könne anhand des Mang
i eina . terials ein neues Konzept für die inhaltliche und formale
Greifswald William Nagtl Gestaltung von Gottesdiensten entwickeln. Diese Abhängigkeit
wäre gefährlich. Wichtiger und richtiger ist
Schmidtchen, Gerhard: Gottesdienst in einer rationalen es- nunmehr in einer dritten Arbeitsphase zu fragen:
Welt. Religionssoziologische Untersuchungen im Be- „Wo muß die Kirche den Bedürfnissen der Menschen entreich
der VELKD, in Verb, mit dem Institut für Demo- sprechen, und wo darf sie es nicht? Denn sie empfängt
skopie Allensbach. Mit einer Einführung und einem ihre Existenz und ihren Auftrag nicht von den theolo-
theologischen Nachwort von M. Seitz. Hamburg: Lu- g»sch reflektierten Bedürfnissen der Gesellschaft her,
therisches Verlagshaus, Stuttgart: Calwer Verlag; sondern von Gott, dem Herrn, der sich in Jesus Christus
Freiburg-Basel-Wien: Herder [1973]. XIX, 275 S. m. geäußert hat" (S. 156). Gerade solche Überlegungen
Abb., 8 Taf. gr. 8°. DM 38,—. schließen aber auch soziologische Forschungen ein, da sie

yyu j /-< * . _ ._u . u . _ _ . den Weg zu bestimmten Konsequenzen freigeben. Zwi-

Uber den Gottesdienst im landeskirchlichen Protestan- ,j..„ w«^t««,v,,,-j^__j ilr i.i. , . . jPr

.... „ .. . . . . sehen Wortgebundenheit und Weltbeziehung hegt der

tismus wird seit geraumer Zeit unter verschiedenen D„,,„ ■„„____.. . .. . , . _ ., , , uli.

. , . .. ujut j u v. iT ^. Raum der Freiheit, den die Kirche unter Berücksichti

Aspekten intensiv nachgedacht und geschrieben. Ursache -------»--«--«- r, ^ , ...„ ...

__,. . . . V. .T7i .Ii,,,,. ..i, ji a t gun8 pastoralsoziologischer Ergebnisse füllen so Ute.

dafür mag die lapidare Feststellung sein, die am Anfang

dieses Buches steht: „Protestantische Pfarrer sind es ge- Leipzig Gottfried Kretzschmar
wohnt, in leeren Kirchen zu predigen, abgesehen vielleicht
von Konfirmationssonntagen und hohen Feier- ,
tagen" (S. 1). Aldrich, C. Knight, u. Carl A. Nlghswonger: Pastor»''

Es ist deshalb zu begrüßen, daß nunmehr in einer gro- Psychiatrie in der Praxis. Ein Ratgeber für die Seel-
ßen reformatorischen Kirche der BRD eine repräsenta- sorge- übers- v- w- Becher. Gütersloh: Gütersloher Ver
tive und offiziöse pastoralsoziologische Gottesdienst-Un- lagshaus Gerd Mohn [1973]. 159 S. 8°. Kart. DM Ift**
tersuchung durchgeführt wurde, vorbereitet von theolo- Der Titel des 1968 erschienenen amerikanischen Or'^1'
gischen und soziologischen Fachleuten (Institut für De- nals lautete „A Pastoral Counseling Casebook". Wernef
moskopie Allensbach). Vier Thesen charakterisierten da- Becher, der Ubersetzer, ist selber als Mitarbeiter der Kübel
das Arbeitsvorhaben: „Der Rückgang im Gottes- nischen Seelsorgeausbildung (engl. Clinical Pastoral Ed"'
dienstbesuch hält seit etwa Mitte des 19. Jh.s an, ohne cation, CPE) bekannt. Er hat zwei Kapitel des Origina15'
daß die Kirchen wirksame Konsequenzen gezogen hät- die amerikanische Verhältnisse betrafen, fortgelassen
ten. Durch Aufbrechen der geschlossenen Gesellschaft hat und statt dessen eine Einführung zur „Zusammenarbeit
sich für den einzelnen ein Funktionsverlust des Gottes- von Psychiater und Pfarrer" vorangestellt sowie atfl
dienstes ergeben. Das Spektrum der Beurteilung des Schluß eine Erklärung von Fachausdrücken und eine
Phänomens .Gottesdienst'ist breit. Der Katalog von Kri- kurze Bibliographie mit kommentierenden Hinweise11
terien zur Beurteilung des Phänomens muß sowohl theo- zu den einzelnen Titeln hinzugefügt. Durch diese Zü'
logische Reflexion als auch soziologische Analyse zu Rate taten gewinnt das Buch insbesondere für die Leser a<>
ziehen" (S. XVIII). Wert, die mit den Methoden des Pastoral Counseling b'5'

Die Untersuchung selbst erstreckte sich auf die evan- her wenig vertraut sind. Becher gibt auch eine knappe1"»

gelische Bevölkerung ab 16 Jahre im VELKD-Bereich formation über die beiden Autoren: Nighswonger

Schleswig-Holstein,Hamburg, Niedersachsen und Bayern. verstorben) war Krankenhauspfarrer und SuperV's°

Insgesamt wurden 2054 Personen unterschiedlicher Ge- für CPE an den Universitätskliniken in Chicntfo so£'^

meindeverbundenheit befragt, die nach einer differen- Professor an der Medizinischen und Theologischen JT

zierten Auswahlmethode - quotiert wurden die Ge- kultät. Aldrich, der in dem vorliegenden Buch offen*!* '