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Ausgabe:

1975

Spalte:

298

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Schlüter, Richard

Titel/Untertitel:

Karl Barths Tauflehre 1975

Rezensent:

Schott, Erdmann

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Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 4

298

Schloß Wilhelmsburg (1586—1590), die in der Vereinigung
von Kanzel, Altar mit Taufstein und Orgel an einer
Schmalseite über die in H. 80 behandelten sächsischen
Schloßkapellen hinausgeht.

In H. 84 (1972) behandelt H. Möbius das Magdeburger
Liebfrauenkloster. Der Leser wird durch die vielgestaltige
romanische Anlage des 1129 aus einem Kollegiatstift
hervorgegangenen Prämonstratenserklosters geführt.
Das Verhältnis des frühgotischen Umbaus der Kirche
zum Neubau des Domes wird kritisch durchdacht.

Auf die Besonderheit von H. 85 (1972) wurde schon
oben hingewiesen. Sibylle Badstübner schrieb den Text
zur Friedenskirche in Potsdam, der Lieblingsschöpfung
König Friedrich Wilhelms IV. im Park von Sanssouci.
Diese nach dem Willen des königlichen Bauherrn dem
Typus der frühchristlichen Basilika folgende Anlage von
1845/48 ist ein charakteristisches Zeugnis romantischer
Kirchenbaukunst. Als Hülle für ein byzantinisches Ap-
sismosaik aus S. Cipriano auf Murano bei Venedig steht
sie diesseits der Alpen einmalig da. Die Orientierung am
frühchristlichen Ideal ist verknüpft mit einer klaren liturgischen
Konzeption und einem typisch evangelischen
Programm von Bibelsprüchen, die am Außen- und Innenbau
zu geistlicher Sinndeutung auffordern.

Die Stadtkirche St. Peter und Paul zu Weimar (H. 86,
1973, Verf. Eva Schmidt) verdankt ihren besonderen Ruf
dem Cranach-Altar von 1553/55 und dem Andenken Johann
Gottfried Herders. Außerdem gehören mehrere
stattliche Wandepitaphe und Grabmäler zum künstlerischen
Reichtum dieser mehrmals veränderten spätgotischen
Hallenkirche.

1972 erschienen „Die gotischen Kirchen in Heiligenstadt
" als Heft 87/88. H. Möbius behandelt die drei gotischen
Kirchen der Stadt, die basilikale Stiftskirche St.
Martin aus dem 13. und 14. Jahrhundert, die als drei-
schiffige Hallenkirche des 14. Jahrhunderts errichtete
doppeltürmige Pfarrkirche der Altstadt, St. Marien (restauriert
1951—1971), in deren Umgebung sich noch der
Achteckbau der Annenkapelle befindet, und die Neustädter
Pfarrkirche St. Ägidien, eine Stufenhalle des
14. Jh.s. So ergeben diese Kirchen ein eindrucksvolles gotisches
Ensemble. Auch haben sich einzelne bedeutende
Ausstattungsstücke erhalten, z. B. der Diakon des 14. Jh.s
in St. Martin, ein bronzenes Taufbecken von 1492 und ein
Flügelaltar von Hans Raphon in St. Marien, Grabsteine
des 14. Jh.s und ein Vierzehn-Nothelfer-Altar von 1638
in St. Ägidien.

H. 89 ist noch nicht erschienen. Bei der Behandlung der
Marienkirche in Berlin (H. 90, 1972) geht E. Badstübner
von der einstigen und heutigen kirchlichen Bedeutung
dieses Bauwerks sowie seiner Einordnung in die Neugestaltung
des Berliner Zentrums aus. Er ordnet die Kirche
sodann in die Stadt- und Architekturgeschichte Berlins
im 13. und 14. Jh. ein. St. Marien war als zweiter Pfarrkirche
neben St. Nikolai für die Neustadt bestimmt. Der
Vf. weist nach, „daß das mittelalterliche Berlin in seiner
Architektur keineswegs provinziell, sondern führend in
der Mark Brandenburg war" (S. 9). Besondere Aufmerksamkeit
verdient der Turmoberteil von Carl Gotthard
Langhans von 1789/90, der sich in geistvoller Weise dem
mittelalterlichen Unterbau anpaßt. Der die Turmhalle
im Innern umziehende Totentanz geht auf das Pestjahr
1484 zurück und verarbeitet die Auseinandersetzungen
zwischen Bürgerschaft und Landesherrn. Zum künstlerischen
Reichtum der Kirche gehören die liturgische Ausstattung
, Grabmäler, Gemälde u. a., die teilweise aus der
zerstörten Nikolaikirche stammen. Sie reichen von der
Gotik bis in den beginnenden Klassizismus. Die Bronzetaufe
von 1437, die Kanzel von Andreas Schlüter von 1703
und der Altar mit Gemälden von Bernhard Rode von
1761 seien genannt.
Leipzig Hartmut Mal

Sauser, E.: Kunst und Priester (ZKTh 96, 1974 S. 105 bis
117).

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Schlüter, Richard: Karl Barths Tauflehre. Ein interkonfessionelles
Gespräch. Paderborn: Verlag der Bonifa-
cius Druckerei [1973]. II, 301 S. gr. 8° = Konfessions-
kundl. u. kontroverstheologische Studien, hrsg. v. Johann
-Adam-Möhler-Institut, XXXIII. Lw. DM 34,-.

Schi, gliedert seine Darlegungen in vier Kapitel. Das
erste stellt Karl Barths Tauflehre im Kontext seiner
Theologie dar. Das Problem der Unmündigentaufe wird
dabei nur kurz in einem Exkurs zur Sprache gebracht.
Der Hauptnachdruck liegt auf der Trennung von Geisttaufe
und Wassertaufe als Gottes Werk und Menschenwerk
. Das zweite Kapitel erörtert den theologiegeschichtlichen
Hintergrund der Tauflehre Karl Barths. Dabei
wird das sakramentale Taufverständnis bei Augustinus,
bei Thomas von Aquin und bei Calvin ausführlich dargestellt
, und zwar jedesmal zuerst das Sakramentsverständnis
und dann das Taufverständnis. Ergebnis: Alle
drei „gehen von dem Faktum aus, daß Gott Urheber des
Heils in Jesus Christus ist, durch den, im Glauben verbunden
, das Heil erlangt wird. Wegen der Vorgegebenheit
der Sakramente ... wird ihre Praxis als selbstverständlich
akzeptiert" (S. 157). „Die Auffassung Zwingiis
und der Täufer kann nicht unter diesem Aspekt subsum-
miert werden. Bei ihnen wird das Verständnis der Taufe
als einer Tat Gottes ersetzt durch die Vorstellung von der
Taufe als einer menschlichen Tat... In dieser Linie steht
auch Karl Barth" (S. 159). Das dritte Kapitel bringt eine
bibeltheologische Beurteilung der Tauflehre Karl Barths.
Das Verdienst Barths liegt darin, „der Bedeutung der
Taufe für das konkrete Leben des Christen einen eigenen
Stellenwert wieder zuerkannt zu haben ... Zugleich aber
ist auch zu sagen, daß die Taufe selbst nicht als ethisches
Tun verstanden werden kann. Hier verläßt Barth neu-
testamentlichen Boden". Hier wirkt sich Barths dogmatischer
Grundansatz „der Trennung zwischen Gott und
Mensch" aus (S. 247). Die Ethik gehört in die Taufe, nicht
die Taufe in die Ethik. Das vierte Kapitel gibt eine systematische
Beurteilung und Auswertung der Tauflehre
Barths. „Grundsätzlich ist Barth zuzustimmen, daß die
Umkehr des Menschen ... ein Werk des göttlichen Geistes
... ist und nicht in der Macht des einzelnen oder der
Kirche steht. Die Taufe kann also kein zweites Heilsgeschehen
... sein" (S. 275). Aber das Wort Gottes kann
(auch nach Barth) „keinen andern Weg zum Menschen
nehmen als durch den Menschen, so daß die von Barth
betonte grundlegende Gottestat der Geisttaufe keine andere
Gestalt haben kann als die Verkündigung des Evangeliums
und die Wassertaufe" (S. 276). Barth widerspricht
also der Tradition, die er verwirft, in der konkreten
Aussage nicht. Sein Anliegen, die Taufe als menschliche
Handlung zu verstehen, konnte daher von andern
Theologen (O. H. Pesch, K. Rahner) aufgenommen werden
. Im ganzen „ist Barths Tauflehre eine provokative
Anfrage, die weiterführen will und weitergeführt werden
soll" (S. 284). Sch. geht so weit, „ein neues Modell für
die Taufe" zu fordern, „das nicht gebunden ist an .Elemente
', sondern jeweils an den Erfahrungsbereichen des
Menschen orientiert ist" (S. 286f.). Hier tun sich natür-
lik beim Leser viele Fragen auf, z. B. die, ob nicht das
Wasser zu allen Zeiten für den Menschen ein sehr aussagekräftiges
Symbol ist. Soll es durch ein anderes ersetzt
werden ?

Halle/Saale Erdmann Schott