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1975

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

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Neuerscheinungen

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287

Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 4

2H1I

Wortlaut im Titel („zu deutschen Angelegenheiten")
wurden auch in diesem Band vielfach Dokumente ediert,
die auf andere Gebiete (z. B. Skandinavien) bezogen sind.

Eine solche Edition richtet sich fast ausschließlich an
Fachhistoriker, zeigt aber auch dem Nichtfachmann, falls
er lateinisch und italienisch lesen kann, wie in dem im
weiteren Sinn mitteleuropäischen Raum das konfessionelle
Ringen auch nach dem Westfälischen Frieden weiterging
. Allerdings wird aus den rein chronologisch zusammengestellten
Dokumenten nicht so sehr die große
Perspektive der damaligen Kirchengeschichte sichtbar,
sondern unzählige Einzelepisoden, und diese natürlich
auch nicht abgerundet, sondern nur in Bruchstücken:
Missionen, Alumnen- und Konverlitenschicksale, Bevollmächtigungen
, Ausbildungs-, Geld- und Almosenfragen,
Probleme, die die Errichtung einer r. k. Diözese in Kö-
niggrätz betreffen und ähnliches mehr. Was aber diese
vielen Episoden als die in ihnen allen wirksame mächtige
kirchenpolitische Triebfeder verbindet und zusammenhält
, ist die Hoffnung der zentralen römischen Kirchenbehörde
auf die Wiedergewinnung verlorener protestantischer
Länder für die päpstliche Observanz.

Den Protokollen (S. 21—205) wird eine kurze Einleitung
(S. 11—20) vorangestellt, in der Tüchle vor allem über
die Sekretäre der Propagandakongregation in diesem
Jahrzehnt 1657—1667: Mario Alberizzi (Sekretär der Propagandakongregation
vom 7. Mai 1657 bis 31. August
1664), Antonio Manfroni (22. September 1664 bis 20. Dez.
1666) und Girolamo Casanate (20. Dez. 1666 bis 13. März
1668) berichtet.

Für die allgemeine Brauchbarkeit dieser und ähnlicher
Editionen wäre wohl wünschenswert, die deutschsprachigen
Zusammenfassungen exakter und umfassender zu
formulieren.

Wien K. N. Mlcskey

Graham, Ronald William: Charles Harold Dodd 1884 bis
1973. A Bibliography of hisPublished Writings. Lexing-
ton, Kentucky: Lexington Theological Seminary Library
1974. II, 27 S. 8° = Lexington Theological Seminary
Library, Occasional Studies. $ 3.—.

Schelbert, Leo: Die Stimme eines Einsamen in Zion: Ein
unbekannter Brief von Bruder Jaebez aus Ephrata,
Pennsylvanien, aus dem Jahre 1743 (ZKG 85, 1974 S.77
bis 92).

Steindruck, Josef: Die kirchengeschichtliche Bedeutung
des Nuntiaturstreits (1785-1790). (TThZ 83, 1974 S. 38
bis 60).

KIRCHEN- UND KONFESSIONSKUNDE

Heiler, Friedrich t: Die Ostkirchen. Neubearbeitung von
„Urkirche und Ostkirche". In Zusammenarbeit mit H.
Hartog aus dem Nachlaß hrsg. von Anne Marie Heiler.
München/Basel: Ernst Reinhardt 1971. XX. 640 S. gr. 8°.
Lw. DM 65,-.

Wer, wie der Rezensent, aus dem 1937 erschienenen
Buch „Urkirche und Ostkirche" wesentliche Anstöße für
das Studium der Orthodoxie erhalten hat, wird seine
Neubearbeitung nicht ohne eine gewisse Spannung in die
Hand nehmen. Wird sie den inzwischen durch eine kaum
noch zu übersehende Spezialliteratur, durch neue Forschungsaspekte
und, nicht zuletzt, durch komplizierte
Vorgänge im ökumenischen bzw. interkonfessionellen
Bereich gesteigerten Ansprüchen einer kritisch gewordenen
Leserschaft genügen? Sowohl das Vorwort zur
Neubearbeitung von der Gattin des am 28. 4. 1967 verstorbenen
Verfassers wie seine eigene Einleitung zeigen

an, daß Verfasser und Neubearbeiter die Aufgabe klar
erkannt haben. Sie ist offenbar in folgender Weise durchgeführt
worden. Durch drucktechnische Maßnahmen, vor
allem die reichliche Verwendung von Petit, konnte die
Darstellung selbst auf 440 Seiten (gegenüber 567 S. von
„Urkirche") reduziert werden, um einem geradezu abun-
danten, völlig neu aufgestellten Literaturanhang S. 441
bis 598) Platz zu geben. Der Leser steht hier einigermaßen
erdrückt vor der — allerdings lebenslangen — Leseleistung
Heilers (vgl. S. X). Es versteht sich freilich von
selbst, daß Überfluß noch nicht Vollständigkeit zu bedeuten
braucht, nicht bedeuten kann. Wesentlicher sind Ausscheidungen
alter und Einarbeitungen neuer Abschnitte,
die allerdings im stehengebliebenen Block kapitellanger
Textübernahmen aus der „Urkirche" nicht immer „nahtlos
" eingearbeitet worden sind. So setzt die eigentliche
Darstellung etwas abrupt und unvorbereitet für den Leser
mit der Trennung der Ost- und Westkirche, d. h. mit
dem photianischen Schisma und seiner Vorgeschichte ein,
da der erste Hauptteil aus der „Urkirche" entfernt wurde.
Man hätte doch gerne an seiner Statt einen Vorspann,
am ehesten natürlich einen ekklesiologischen gesehen.
Etwas enttäuscht muß man ebenso feststellen, daß der
4. Abschnitt „Die Eigenart der Ostkirche" sich kaum
geändert hat. Die kritischen und zugleich irenischen Ausführungen
von 1937 besaßen damals ihren großen Wert.
Heute sehen wir aber manche Dinge und Probleme anders
als vor vierzig Jahren. Ob man z. B. heute noch die Ostkirche
als eine „zwischen Rom und dem Protestantismus
stehende Mittlerin" (S. 436) ansehen kann, ist nicht ohne
weiteres zu sagen. Der Abschnitt III „Die autokephalen
Kirchen der orthodoxen Christenheit" wurde in Form
von „Verlängerungen" auf den neuesten Stand gebracht.
Im Kap. 9 über die russisch-orthodoxe Kirche wäre ein
kurzes Eingehen auf Josif Volokolamskij und Nil Sorskij
sowie die mittelalterlichen Ketzereien wünschenswert gewesen
, worüber eine ansehnliche Zahl russisch- und
nichtrussischsprachiger Literatur vorliegt, die auch nicht
im Literaturanhang erwähnt wird. Die neueste Geschichte
der orthodoxen Kirche in der Sowjetunion ist bedauernswerterweise
durch neue und alte von Vorurteilen
geprägte Geschichten angefüllt. Dem Leser wäre gut
gedient gewesen, wenn er eine Analyse der bekannten
Dekrete des Rates der Volkskommissare über die Trennung
von Kirche und Staat sowie über die Trennung von
Kirche und Schule zu lesen bekommen hätte. Es fehlt
ferner jeder Hinweis auf die bedeutsamen Strukturänderungen
im Aufbau der Gemeinde. Solche Sachinformationen
sind wichtiger als das schon in seinem Quellenwert
keineswegs zweifelfreie vorgelegte Material. — Im
Abschnitt 2 „Die getrennten Nationalkirchen" wurden
ebenfalls „nahtlos" an die alten Texte Informationen
über den neuesten Stand angefügt. Stehengeblieben ist,
mit Ausnahme einiger weniger, aber geglückter Nomenklaturänderungen
(z. B. S. 158 Myronsalbung statt 1937
Firmung), der ganze Block von 1,VI und VII über die
Sakramente und die Liturgie, eine der großen und klassischen
Darstellungen dieser Gebiete aus protestantischer
Feder, unabhängig davon, wie man zu Einzelheiten auch
stehen mag. Zwischen IX (irrtümlich XI) „Die Mystik"
und XI „Die Volksfrömmigkeit" wurde das neue Kap. X
„Die Ethik der orthodoxen Kirche" eingeschaltet. Ebenso
neu ist der 3. Abschnitt „Einigungsbestrebungen". Dem
Abriß der Geschichte der mit Rom unierten Kirchen ist
im Ganzen zuzustimmen, wenngleich m. E. die kirchenrechtliche
Bedeutung des Unionsinstrumentes von Florenz
(nicht ihre faktischen Wirkungen) stark unterschätzt
wird. Über die beiden anderen Kap. „Interkonfessionelle
Beziehungen zwischen östlichen und westlichen
Kirchen" und „Die panorthodoxe Bewegung" darf
man wohl die Worte Anne Marie Heilers aus dem Vorwort
setzen, daß gerade dieser Abschnitt „von ihm, dem