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1975

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Altes Testament

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 4

262

liehe Gestalten, auf den Messias oder auf Abraham, David
, Hiskia. Das Sitzen zur Rechten Gottes wird als aktives
Handeln oder als abwartendes Stillsitzen verstanden
.

Frühchristliche Exegeten ziehen die messianisch-
transzendentale Linie aus, lehnen sich meist an den
Wortlaut der Septuaginta an, paraphrasieren aber auch
je nach ihrem theologischen Gesichtspunkt, anscheinend
unter Benutzung von Schriftwortenzusammenstellungen,
Bekenntnissen, Hymnen, Liturgien oder Katechismen.
Sie wenden den ganzen Psalm in mannigfacher Weise
auf Jesus an und benutzen V. 1 und 3 als Beweis für seine
Gottheit.

Das Sitzen zur Rechten Gottes wird als Erhöhung zur
Herrlichkeit verstanden (S. 52—121), von Auferstehung
und Himmelfahrt unterschieden oder mit ihnen zusammengefaßt
, auf Gegenwart und Zukunft irdischen Geschehens
oder auf Wiederkunft und Jüngstes Gericht belogen
, sowohl die Hoheit Christi wie seine Unterordnung
unter Gott beschreibend. Durch die Macht und Leitung
des erhöhten Christus lebt die Kirche als ganze. Die einzelnen
Christen haben schon jetzt und bekommen vollends
nach ihrem Tod an Christi Herrlichkeit Anteil. Jesu
Erhöhung bedeutet für die Christen, auch von ihm getrennt
zu sein, den Anfeindungen und Anfechtungen
ausgesetzt, denen er entnommen ist.

Von den Christustiteln werden vier in Betracht gezogen
: Herr, Menschensohn, Gottessohn, Davidssohn. Bei
allen vieren aber meint der Vf. (u. zw. mit Recht), daß sie
nicht aus Ps 110 herzuleiten sind, wohl aber durch ihn
mehr oder weniger gestützt werden (S. 104—121). Aussagen
über die Unterwerfung der Mächte (S. 122—129)
werden durch Ps 110,1 und Ps 8,7 verstärkt, dabei richtet
sich das Interesse aber nicht darauf, die Feinde zu
identifizieren und die Zeit ihrer Entmachtung zu bestimmen
, sondern betont wird die Unangreifbarkeit des Erhöhten
und die Geborgenheit der Seinen.

Aussagen über Jesu priesterliches Eintreten (S. 130 bis
153) werden in Rom 8,34 und Hebr 7,25 mit Ps 110 verknüpft
, vielleicht auch in Apg 7,55 f. und 1 Petr 3,21 f. Aus
Gen 14 und Ps 110 schöpft Hebr 5—7 seine Darlegungen
über Jesu gültiges Priestertum, das besser ist als das le-
vitische, und dessen vollkommenes Opfer schon vollbracht
ist.

Auf S. 155—162 werden die Ergebnisse zusammengefaßt
unter den Stich Worten: Einheit und Verschiedenheit
der frühchristlichen Deutungen; warum war Ps 110 so
populär?, der Abstand von jüdischen Schriften und Deutungen
.

Das Buch ist sehr gründlich und umsichtig geschrieben.
Das einschlägige Material ist geschickt dargelegt, die einschlägige
Literatur gebührend berücksichtigt. In den Bewertungen
und Akzentsetzungen mag man zuweilen anderer
Ansicht sein. Manches wird in der Vielfalt der Meinungen
zu sehr offengelassen, so z. B. die Frage nach
dem ursprünglichen Sinn des Psalms, oder: Läßt sich die
jüdische Exegese nicht eindeutiger auf drei Stadien festlegen
(ursprünglich messianisch, im Gegensatz zum Christentum
bewußt antimessianisch, bis sich dann im 3. Jahrhundert
die messianische Deutung wieder durchsetzt)?
Wäre auf Grund von Mk 12,35-37; 14,32 (und dazu allgemein
von Lk 24,25 f. 44-47 her) nicht doch stärker hervorzuheben
, daß das christliche Verständnis von Ps 110
auf Jesus selbst zurückgeht? Tritt bei Ps 110 und seinen
neutestamentlichen Verwendungen das Heilswerk Jesu
wirklich so sehr hinter dem Erhöhungsstand zurück?
Gegen die auch vom Vf. abgelehnte makkabäische Deutung
und Datierung des Psalms könnte noch angeführt
werden, daß an den Hodajoth von Qumran zu sehen ist,
wie groß der Abstand der alttestamentlichen Psalmen
von den Erzeugnissen jener Zeit ist.

Trebitz/Elbe Hans Möller

Arenhoevel, D.: Das fremde Gebet. Über die Psalmen I
(Wort und Antwort 15, 1974 S. 7-12).

— Das große Fest. Über die Psalmen II: Die Hymnen
(Wort und Antwort 15, 1974 S. 53-58).

Arieti, James A.: The Vocabulary of Septuagint Arnos
(JBL 93, 1974 S. 338-347).

Elementar-Bibel. 2: Geschichten von Mose und Josua.
Ausgewählt und in einfache Sprache gefaßt von A. Pok-
randt, gestaltet u. illustriert v. R. Herrmann. Lahr:
Kaufmann u. München: Kösel-Verlag [1974]. 80 S. m.
Abb. 8°. Kart. DM 6,20; Lw. DM 9,80.

Everson, A. Joseph: The Days of Yahweh (JBL 93, 1974
S. 329-337).

Gilbert, M. SJ: La priere d'Azarias (Dn 3,26-45 Theodi-
tion) (Nouvelle Revue Theologique 96,1974 S. 561-582).

— „Soyez reconds et multipliez" (Gn 1,28) (Nouvelle Revue
Theologique 96, 1974 S. 729-742).

Leiman, Sid Z.: The Inverted Nuns at Numbers 10:35—36
and the Book of Eldad and Medad (JBL 93, 1974, S. 384
bis 355).

Mantel, Hugo: Gesetz — Form oder Inhalt? Die Heiligung
des Lebens durch das Gesetz (bibel und kirche 29, 1974
S. 45-47).

Schubert, Kurt: Ein Geheimnis des Glaubens. Die Relevanz
des Judentums für die Heilsgeschichte (bibel und
kirche 29, 1974 S. 38-41).

Zenger, Erich: Der Juditroman als Traditionsmodell des
Jahweglaubens (TThZ 83, 1974 S. 65-80).

NEUES TESTAMENT

Lähnemann, Johannes: Der Kolosserbrief. Komposition,
Situation und Argumentation. Gütersloh: Gütersloher
Verlagshaus Gerd Mohn [1971]. 196 S. gr. 8° = Studien
zum Neuen Testament, hrsg. v. G. Klein, W. Marxsen
und W. Schräge, 3. Lw. DM 36,—.

Das Buch ist die für den Druck überarbeitete und etwas
gekürzte Fassung einer von W. Marxsen angeregten und
betreuten Münsteraner Dissertation (1967/68), die es sich
zur Aufgabe macht, die „an den Evangelien erprobte redaktionsgeschichtliche
Fragestellung" (28) auf den Kolosserbrief
als ein wichtiges, umstrittenes Stück der neu-
testamentlichen Briefliteratur anzuwenden. Während
die Forschung sich bisher um die Echtheitsfrage und die
religionsgeschichtliche und theologiegeschichtliche Einordnung
bemüht, soll hier eine „Würdigung des theologischen
Unternehmens der Gesamtschrift" (28), sollen das
Anliegen und die theologische Argumentation des Briefverfassers
sichtbar gemacht werden.

Dazu wird, nach guter forschungsgeschichtlicher Einführung
(„Die Diskussion um den Kolosserbrief" 11-28),
im ersten Teil („Der Aufbau des Kolosserbrief es", 29-62)
die Arbeitsweise des Briefverfassers analysiert. L. zeigt,
daß der Briefverfasser schlechterdings überall, vom einleitenden
Dank bis zur Paränese und zum Briefschluß,
sein theologisches Anliegen verfolgt, die Abweisung der
neuen Lehre in Kolossae. Dabei kann von einer epigo-
nal-deuteropaulinischen Lehrweise keine Rede sein.
Übernommene Tradition wird souverän abgewandelt.
Die Argumentation entfaltet aktuell die im Christusglauben
selbst enthaltenen Kriterien und wendet sich an
die Einsicht der Leser. Diese Argumentation weiter zu
klären, erfragt der zweite Teil die dialogische Situation
des Brief Verfassers („Die Gegnerschaft des Kolosserbrie-
fes, 63-107). Auch hier wird zuerst redaktionsexegetisch
gearbeitet und so das Material, aus dem das Bild der kolossischen
Häresie zu rekonstruieren ist, möglichst sorgfältig
erhoben, wobei sich die Thesen Bornkamms im wesentlichen
bestätigen. Neu ist etwa, daß L. auch die
schwierige Wendung hysterema tön thlipseön tou Chri-