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Ausgabe:

1975

Spalte:

236-238

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Wittenberg, Gunther

Titel/Untertitel:

Predigt des Alten Testaments 1975

Rezensent:

Wittenberg, Gunther

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Theologische Literaturaeitang 100. Jahrgang 1975 Nr. 3

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beitrug. Die dritte Phase bildete <lie Zeit nach der Spaltung
der Bremer DC 1041, als <lic kleine, um Weidemann verbliebene
Gruppe sieh in ihrem nationalsozialistischen
Radikalifmui vom Christentum mehr und mehr entfernte.

Das populärste Ergebnis der Bremer „ Eindeutschungsarbeit
" war die Sammlung ,,Lieder der kommenden Kirche",
woraus einzelne Lieder in das Feldgesangbuch übernommen
wurde n

Indem sie lieh amohloS an die Kriegsreligiosität des
ersten Weltkrieges, eine Volksnomostheologie rezipierte und
speziell die Untersuchungen Adolf Schlatters sowie die
Ergebnisse der Iiterarkritischen Schule der NT-Exegese zu

verarbeiten suchle, knüpfte die ,,K»nunende Kirehe" an

eine zeitgenössische theologisch-kirchliche Entwicklung an.
Diese Kontinuität verdeutlicht nicht nur die Vielschichtig-
ki ii der deutsch-christlichen Bewegungen, sondern auch die
Krise der ganzen evangelischen Kirche im Dritten Reich.
Denn der Huf der „Kommenden Kirche", mit Hilfe des
Hitler-Reiches eine nationale religiöse Einheit herzustellen,
fand eine Zeitlang ihre Überzeugungskraft eben im Anschluß
an diese theologische Entwicklung innerhalb einer national-
protestantischen Tradition.

Müller-Fahrenholz, Geiko: Aul der Suche nach der OIKO-
NOMIA Gottes. Untersuchungen zu Eigenart und Funktion
geschichtstheologisclien Denkens in der Ökumenischen
Bewegung zwischen 1948 und 1968 2 Hände. Diss.
Tübingen 1972. 311 S.

In dein „Vorwort" werden die beiden Leitfragen genannt,
denen die Arbeit gerecht zu «erden versucht :

„1. Wie sieht die heilsgeschichtliche Betrachtungsweise
aus, die sich in der ökumenischen Bewegung — und
gleichermaßen im römischen Katholizismus — findet?
Wie weit ist sie verbreitet? Wie ist es mit ihrer einheitlichen
Ausprägung bestellt? Welche Funktionen
nimmt sie wahr?

2. Zu welchen Akzentverschiebungen innerhalb der Theologie
kommt es dort, wo das Element „Heilsgeschichte"
konstitutive Bedeutung erlangt? Welche kritischen
Einwände erheben sich? Sind die kritischen Einwände
so zwingend, dafi das Anliegen einer theologischen
Reflexion von Geschichte neu aufgenommen werden
müßte?"

Die erste Leitfrage führt zu dem Versuch, das Phänomen
Geschichtstheologie in der Ökumene aufzuspüren und darzustellen
, während unter der zweiten Fragestellung das
Element kritischer Betrachtung und systematischer Wertung
zur Geltung kommt. So sind die darstellenden Partien vor
allem in den beiden ersten Teilen der Arbeit zu finden, der
dritte Teil aber enthält die kritischen Erwägungen. Doch
ist das Motiv systematischer Kritik auch in dem 1. und 2.
Teil deutlich mit im Spiel.

Die „heilsgeschichtliche Betrachtungsweise" der Ökumene
umfassend darzustellen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Um
gleichwohl einen repräsentativen Uberblick zu gewinnen,
verfolgt die Arbeit eine doppelte Methode (von der zeitlichen
Begrenzung abgesehen): Im 1. Teil werden die
wesentlichen Dokumente der Vollversammlungen des ORK
sowie der Weltkonferenzen der Bewegung für Glauben und
Kirchenverfassung analysiert. In dem 2. Teil werden unter
dem Titel „Profile heilsgeschichtlicher Theologie" fünf
unterschiedliche Entwürfe vorgestellt. Hier kommen William
Temple, Leonard Hodgson. Oscar Cullmann, das 2.
Vatikanum und — anhangsweise — Adolf Darlap zu Wort.
Diese beiden Teile gehören in erster Linie so zusammen, daß
der 2. Teil ergänzendes und weiterführendes Hintergrundsmaterial
für den 1. Teil zur Verfügung stellt, das zwar auch
nicht als umfassend repräsentativ, aber doch als weithin
maßgeblich und einflußreich gelten kann.

Die ökumenischen Dokumente legen es nahe, von einem
Wandel in der heilsgeschichtlichen Betrachtungsweise zu

sprechen. Während in der ersten Hälfte des bebandelten
Zeitraumes ■ me spezielle, biblische Heilsgeschichte im
Vordergrund steht, die bestrebt ist, eine exklusive Linie von
der Schöpfung Uber Israel bis zur Einen ökumenischen Kirehe
zu ziehen, tritt in der zweiten Hälfte eine kosmisch-universale
Heilsentwicklungslehre hervor, die daran intere ssiert ist,
die ganze Welt dem Telos der Gnadengeschichte Gottes einzuordnen
, der ökumenischen Kirche dagegen hermeueutische
und diakonische Relevanz für diesen weltweiten Prozeli EU-
gesleht.

Gerade in dieser Passung präsentiert sieh die Geschichts-
theologie als ein Verstehensmodell, das Schöpfung und
Geschichte, Gottesverständnis, Christologie, Esehatologie
und Ekklesiologie wie eine Synthese umfaßt und so den
Hang einer theologischen Grundkategorie beansprucht.

Dagegen aber verweist die Kritik des 3. Teiles auf die

folgenschweren Akzentverschiebungen, die sieb bei einer
solchen Anschauung für die Theologie der Ökumene ergeben
. Konfrontiert man etwa dieses Verstehensmodell mit
den Erkenntnissen historischer und exegetischer Kritik,
wird sein ideologischer Charakter sichtbar, untersucht man
es erkenntnistheoretisch, tritt sein pararalional-apokalyp-
tisches Gesicht hervor.

Da aber der Glaube an Gottes Oikonomia nach einer
Theologie der Geschichte verlangt, wird zum Schluß thesenartig
versucht, ein theologisches Verständnis von Geschichte
zu gewinnen, das 1. die apokalyptisch-weisheitliche Ver-
Stehensstruktur durch eine prophetische, die Ambivalenz der
Geschichte ertragende Sicht ersetzt, das 2. die Sinnbaftigkeit
von Geschichte daran mißt, wieviel sie für die Schaffung
der Zukunft einer menschlichen Geschichte zu leisten vermag
, und das 3. den Bekenntnischarakter aller Rede von
llcilspeschichte dadurch unter Beweis stellt, daß das
Element der Doxologie neu belebt wird.

Erscheint gleichzeitig als Buch unter dem Titel ..Heilsgeschichte zwischen
Ideologie und Prophetie". Profile und Kritik heilsgeschichtlicher
Theorien in der ökumenischen Bewegung zwischen 1948 und 1968. (Ökumenische
Forschungen, II. Soteriologische Abteilung Bd. IV) im Herder
Verlag, Freiburg.

Wittenberg, Gunther: Predigt des Alten Testaments. Untersuchungen
zur Hermeneutik und Predigt altestament-
lieher Texte in der Gegenwart. Diss. Tübingen 1972.
Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit ist die Infragestellung
der Autorität des AT durch die hisloriscb-kritischg
Forschung, die zur Zeit des Dritten Reiches in der Forderune
nach Abschaffung des AT gipfelte. Wie konnte dieser Krise
begegnet werden? Dieser Frage sucht die Untersuchung
nachzugehen, und zwar im Hinblick auf neuere Entwürfe
zur atlichen Hermeneutik und deren Einfluß auf die Predigt
über atliche Texte nach 1945. Die Arbeit gliedert sieh in
zwei große Unterteile. Es geht zunächst um die Frage nach
der Autorität der atlichen Predigttexte, nach der Berechtigung
, die christliche Botschaft mit Hilfe atlicher Texte auszurichten
. Hier werden Probleme erörtert, die sich aus dem
Verhältnis von Altem und Neuem Testament ergeben. Der
zweite Teil befaßt sich mit der Frage nach der Wirklichkeit
der in den atlichen Texten bezeugten Sache, denn historische
Kritik konnte erst da entstehen, wo der Mensch der Neuzeti
durch ein verändertes Wirklichkeitsverständnis der Sache
des AT entfremdet wurde.

Der I. Teil beginnt mit einer Analyse von Predigten, in
denen die Frage nach der Geltung des AT unter Hinweis auf
den weissagenden Charakter der atlichen Texte beantwortet
werden. Inhaltbch zeigen diese Predigten ein Verständnis der
atlichen Prophetie, das stark an Gedankengänge der heilsgeschichtlichen
Theologie des 19. Jh.s erinnert: die Propheten
sind vornehmlich Wahrsager und ihre Weissagungen übernatürliche
Offenbarungen von weit in der Zukunft liegenden
Ereignissen. Dieses Verständnis ist durch die neuere Prophetenexegese
unmöglich geworden.