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Ausgabe:

1974

Spalte:

943-944

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Lienhard, Marc

Titel/Untertitel:

Luther, témoin de Jésus-Christ 1974

Rezensent:

Schott, Erdmann

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haben, vor dem wir täglioh stehen und der mit uns ist"
(S. 155/156). „Das dritte ist die politische» Theologie
oder die Theologie der Revolution", die sowohl die gesellschaftliche
Situation als auoh die Bedeutung des
Christlichen in erhebendem Maße mit Begriffen und
Denkweisen des Marxismus interpretiert". Bonhoeffer
könne aber nicht in oine — wie der Rezensent betonen
würde — revisionistisch-,.marxistische Thoologie integriert
werden" (S. 155). So hat Bonhoeffer „wohl eine
unermeßliche Wirkung ausgeübt, aber als Ganzes hat
er nicht Schule gemacht, sondern ist mit seiner Denkweise
allein geblieben. Sein Erbe ist noch nioht voll
ausgeschöpft" (S. 156).

Berlin rlans-Hinrioh Jensien

Lienhard, Marc, Prof. Dr.: Luther Tenioin de Jesus-Christ.

Lea etapes et les themos de la Christologie du lt^formateur.
Paris: Los fiditions du Cerf 1973. 427 S. 8° = Cogitatio
Fidei, 73.

L. logt eine Monographie über die Christologie Luthers
vor. Er hat darin drei bedeutende Vorgänger:
Theodosius Harnaok (1886), Erich Seoborg (1937) und
Jan Kingston Siggins, Martin Luther's Doctrine of
Christ, 1970. Th. Harnack ist mothodisch anfochtbar,
weil er Luthers Aussagen nicht in ihrem historischen
Zusammenhang untersucht, sondorn sio unmittelbar
systematisiert. E. Seeberg fragt hauptsächlich nach der
impliziten oder expliziten Philosophie Luthers und vernachlässigt
den soteriologischen Aspokt. Bei Siggins
vormißt L. eine genügendo Hervorhebung wiohtiger
Einzelzüge, z. B. dor Monschhoit Christi, sowie oinon
hinreichenden Aufwois dor innoren Logik dor verschiedenen
Äußerungen Luthors (S. 9—11). Naoh Holl und
anderen ist dio Christologie in Luthers Denken sekundär
. Es stellt sich von da her die Frage, „ob Luther
wirklich oine Christologio ausgearbeitet hat, d. h. eine
Lohre übor dio Person Jesu Christi, seine zwei Naturen
und sein Sein als zweite Person der Trinität, oder ob
er sioh damit begnügt hat, von dem Work Christi,
durch das das Heil des Monsohon verwirklicht wird, zu
roden". — Auch die ökumenische Bodoutung des Themas
ist zu beachten. Sio liegt dem Vf. besonders am
Herzon. Y. Congar hat 1954 die These vortreten, „der
Reformator habe Christus in der Weise vorstanden, daß
Gott allein das Heilswerk verwirklicht habe. Pater
Congar spricht von dor .Alleinwirksamkeit' Gottes, welche
dio Monschhoit Christi auf don Rang eines bloßen
Ortes, wo sich das Heilsdrama abspielte, reduziert habe
.... Pator Congar moint, gorado in der Weise, wio man
die Mitwirkung dor menschlichen Natur am Hoilswork
begreift, einen dor Hauptunterschiede zwisohon Reformation
und Katholizismus zu finden" (S. 12). — L.
versucht, die Christologie Luthers in ihrer historischen
Entwicklung zu zeichnen, wobei or auch dio literarische
Gattung und die Hörer (odor Loser), an die sich Luther
jeweils wendet, berücksichtigt. So ergeben sich neun
Kapitel: I. Luthers Christologio bis 1517, II. Dor Anfang
dos Kampfes und die Ausbreitung von Luthers
Gedanken 1517—1521, III. Dio Entfaltung der Christo
logie in den Postillen und Predigton von 1522, IV. Luthors
Christologie und dor Abendmahlsstroit mit seinen
protestantischen Gegnern (1523—1528), V. Wandlungen
und Kontinuität in Luthers Christologio, VI.
Christi Sieg und dio Rechtfertigung durch den Glauben
nach der Galaterbriofvorlesung von 1531, VII. Luthor
und die christologische Tradition der Kirohe in dem
Traktat von den Konzilion und Kirchon, den Disputationen
und einigen anderen Texten aus don letzton
Lebensjahren Luthors, VIII. Jesus Christus gekreuzigt

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und auferstanden, unser Herr und Heiland. Luther kommentiert
Jesaja 53, IX. Bilanz und Perspektiven. Die
einschlägige Sekundärliteratur wird ausreichend berücksichtigt
, so daß im ganzen dio vorliogendo Arbeit
in ihren Ergebnissen üborzougt. Auf broiter Quollen-
grundlage wird das Christusvorständnis Luthers als im
wesentlichen einheitlich vorgoführt; es steht ontgogon
der Meinung manoher Lutherforscher mit dor altkiroh-
lichon Tradition im Einklang. In dem abschließenden
XI. Kapitol hobt L. folgondo Punkte hervor: 1. Christologie
und Soteriologie. „Das Werk Christi ist der
Schlüssel, dor uns den Zugang zum Geheimnis seiner
Person öffnet" (S. 378). Aber das bedeutet nicht, dal!
für Luther die Lohre von der Person Christi gleichgültig
ist, violmohr hat er „auf dor Grundlage dieses Werkes
den tiefen Sinn der traditionellen Christologio wiedor-
entdeckt". „Gorade um die Wirklichkeit unserer Erlösung
zu wahren, moint Luthor, man müsse deutlich
sagen, daß Christus Gott und Mensch war, und präzisieren
, was man darunter versteht" (S. 379). 2. Die
Gotthoit Christi wird von Luthor betont; wenn Christus
nur Mensch wäre, könnte er uns nioht rotton. Aber Luther
verfällt nicht dem Modalismus; „das Heil vollendot sich
in einem personalen und historischen Rahmen, wo der
Sohn sioh vom Vater zu tronnon scheint, um mit den Sün
dorn solidarisch zu worden, für dio er zugleich Opfer dos
Zornes Gottes und Zeichen soinor Liebe ist" (S. 382).
3. Die Menschheit Christi bleibt, besonders in dor Inkarnation
und im Kreuzesloiden, voll bowahrt. 4. Die
Einheit zwischen den beiden Naturen wird von Luthoi
als Enhypostasio gedacht, aber wichtiger ist ihm „die
konkrete Person Jesu Christi, die mich rettot, dor ich
im Glaubon bogogno und in der ich Gott finde" (S. 384).
Seit dem Abendmahlsstreit gewinnt allerdings dio com-
munioatio idiomatum eine Bodoutung, die geoignot ist,
die wahre Menschheit Christi zu vordunkoln (S. 380 bis
386). 5. Die Menschheit Christi und das Heil sind nicht
zu tronnon; denn durch „den Opfortod dos Mensch gewordenen
Sohnes" kommt das Heil zustande (S. 388).

6. Christus und die Kirche sind verbunden durch Wort
und Glauben, „durch dio sich der Leib Christi, d.h.
dio Gesamtheit der Glaubondon, konstituiert" (S. 389).

7. Luthors Christologio und das biblische Zeugnis. 8.
Luther und dio alte Kirche. 9. Luthor und dio mittel
alterliche Christologie. 10. Luther und seine protestan
tischen Gegner. 11. Luthor, dio lutherische Orthodoxie
und die kenotischon Theologen worden von L. kurz
verglichen. Mit einem Ausbliok auf die Gegenwart. (12.
Luther und die moderne Entwicklung dor Christologie)
schließt L. — Es wäre schön, wenn dieses instruktive
Buch ins Deutsche übersetzt würde.

Halle/Saale Erdmann Schott

Ittillhasar, Hans Urs von: TheiMlrauiatik. I: Prolegomoim.
Einsiedeln: Johannes Vorlag [1973]. 622 8. 8*.

Was dor Verfasser in dem voluminösen Werk vorhat.
ist kurz so wiederzugeben: Die Offenbarung Gottes ist
dramatisch „in ihrer ganzen Gestalt im Grossen wir im
Oeringsten". Ihre Goschichto ereignet sioh im Einsat/
Gottes für die Welt. In diesem Thema fällt dem Men
sehen oine „Rolle" zu, die er nicht in der Kontemplat ion
oder in einer rationalen Argument ierung bewältigt, höh
dorn in verantwortlichem Handeln, als ein in der Zeil
für die Ewigkeit. Gerufener. Die Suche nach dem „Kate
gorialsystom dos Theo-Dramatisohen" nimmt als Aus
gangspunkt „dio katholische Dialektik zwischen Natur
und Gnade" (116). Der Mensch ist vom Schöpfer in die
Freiheit entlassen „mit einer gewissen Kenntnis seinen

Theologisohe Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 12