Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1974

Spalte:

935-936

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Titel/Untertitel:

Reallexikon zur byzantinischen Kunst 1974

Rezensent:

Onasch, Konrad

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

935

um vor Augen führt, gehört durchaus auch zu ihren
Vo rdiensten,

Wie interpretationsbedürftig das Sehlagwort von
..Thron und Altar" ist und wie wonig es dem differenzierten
historischen Blick (bei aller grundsätzlichen
Berechtigung) standhält, zeigt sich hier einmal mehr.
Die ganze Schichtimg des parteipolitischen, wirtschaftlichen
und geistigen Kräftefeldes, in dem die -- ihrerseits
in sich selbst zerrissene und von Kämpfen durch-
wogte — Landeskirche stand, wird durch diese griffige
Formel eher zu- als aufgedeckt.

Personen-, Orts- und Sachregister sind dem Buch
beigegeben.

Leipzig Kurt Nowak

1 Bernard Plongerom Theologie et Politique au siecle des
Lumieros(1770—1820). Geneve: Droz 1973 (= Travaux
d'hiltoire ethico-politique, XXV).

GESCHICHTE CHRISTLICHER KUNST

Wessel, Klaus, u. Bestie, Maroell [Hrsg.]: Reallexikon zur
byzantinischen Kunst. [II. Lfg. 17: Himmelsleiter— Hispania
(Anfang). Sp. 1 100 m. 2 Abb., Lfg. 18: Hispania
(Schluß) — Idole (Anfang). Sp. 161—320 m. 73 Abb.,
Lfg. 19: Idole (Schluß) — Insignien (Anfang). Sp. 321
bis 480. Stuttgart: Hiersemann 1972/73. 4°. Le Lfg.
DM 36,—.

In Fortführung der Rezension dieses Werkes (vgl.
ThLZ 97, 1972 Sp. 863—866) registrieren wir zu den
einzelnen Gebieten folgende Artikel: Zur Ikonographie:
„Himmelsleiter" (Sp. 1—13) von K. Wessel. Ein
geradezu unabsehbares Material hat D. J. Pallas in
seinem Artikel „Himmelsmächte, Engel und Erzengel
" (Sp. 13—119) einer einsichtigen Systematik
unterworfen, die aus dem Kopftitel hervorgeht. Eingeschlossen
sind übrigens auch unter D die Dämonen. Die
Hauptprinzipien der Einteilung sind funktional und
flgurativ (anthropomorph, zoomorph), sowie ikonogra-
phisch-statistisch. Die Darstellung wird ständig begleitet
von Hinweisen auf patristische und byzantini-
stische Quellen. Besonders instruktiv sind die Ausführungen
des Vf.s über das schwierige Gebiet der Che-
ruben und Tetramorphen (zu balkanischen Prototypen
in der russischen Malerei s. V. N. Lazarev, Russkaja
srednevekovaja zivopis, Moskau 1970, 235, 262, 267).
Unter der Literatur habe ich nicht gefunden H. Bieten-
hard, Die himmlische Welt im Urchristentum und Spät-
judentum, Tübingen 1951, u. R. Roques, L'Univers
Dionysien, Paris 1954. Über die „Himmlische Liturgie
" handelt K. Wessel (Sp. 119—131) (zur Diskussion
Sp. 123 über den Zusammenhang zwischen dem
Hesychasmus und dem ikonographischen Thema wäre
zu sagen, daß sein vorhesychastisches Auftreten mit
antihäretischen Kämpfen der Kirche in Verbindung zu
bringen ist), der auch den Artikel „Hiob" schrieb
(Sp. 131 —152) (nachzutragen wäre „Hiob im Elend"
in der Unterkirche der Nikolaj-Kathedrale in Novgorod,
12. Jh., zu Sp. 152). G. Galavaris behandelt im Artikel
„Homilienillustration" (Sp. 252—264) die illustrierten
Homilienhss. des Johannes C'hrysostomos, Gregor
von Nazianz und Johannes Damaskenos (Johannes
von Euboia), während K. Wessel der Ikonographie der
„Idole" (Sp. 318—326) nachgeht. In den Zwischenbereich
von Liturgie und Baukunst gehört der Artikel
von M. Chatzidakis Ikonostas (Sp. 326—353), der ausführlich
über Geschichte, liturgische Funktion, Aufbau
und Bildprogramm vertraut macht. Zu den topographischen
Artikeln gehören: „Hispania" von T. Ul-

036

bert (Sp. 152 -205), das unter .Justiiiian erobert und
für 70 Jahre byzantinisch gewesen ist (die Haiearen
noch länger), eine politische Phase, die auch an den
Kunstdenkmälern ablesbar ist; „Histria (Istrien)"
von M. Marusic (Sp. 206—223); „Histria (Dobro-
gea)" von 0. Nicoloescu (Sp. 223—246). — Von Archi-
tekturdenkmälern werden behandelt der Typ der „Höh -
lenkirchen" von M. Restle (Sp. 247—252), der die
rlöhlenkirohen auf der Krim und in Südrußland auslaßt
, sowie das Arohitekturensemble von „Hosios
Lukas" durch K. Kreidl-Papadopoulos (Sp. 264 l>i-
318) einschl. einer präzisen Beschreibung der für die
mittelbyzantinisohen Epoche so wichtigen Mosaiken,
ihrer Technik, ihres Bildprogramms und ihres Stiles,
aber auch der Kiesken im allgemeinen nur wenig bekannter
Kirchen dieses Klosters. In das Gebiet kultisch-
repräsentativer (legenstände fällt, neben dem noch
nicht beendeten Artikel „Insignien" der über ,, Imago
Clipeata" von M. Leohner (Sp. 353—369). Dabei sind
die Ausführungen Lechners über die „Aufstellungs-
modi" der imagines elipeatae auf Sp. 329 f. interessant,
weil sie möglicherweise Übernahmen durch die Postierungen
der Ikonen auf mittelbyzantinischen Tempeln
vermuten lassen könnten. Der Modus „vornübergeneigt
auf Attika" wäre dann eine Vorstufe der Anamorphose
lebensgroßer Ikonen auf der Bilderwand. Über den
umfangreichen Artikel Insignien wird bei der nächsten
Rezension zu berichten sein.

Halle/Saale Konrad Onasob

Erste Studiensantinlung. Recklinghauson: Bongers [19651.
124 S. m. 20 Abb., 22 Taf. 4° = Beiträge zur Kunst des
christlichen Ostens, hrsg. v. Ikonenmuseum Recklinghausen
u. d. Gesellschaft „Freunde der Ikonenkunst, 3.

Der vorliegende gut ausgestattete Band enthält folgende
Beiträge: P. Hauptmann, Das russische Alt-
gläubigentum und die Ikonenmalerei (S. 5—36), der
das Thema frömmigkeitsgeschichtlich, kirchengeschicht -
lieh, kunsthistorisch und theologisch-systematisch entfaltet
und damit interessante Einsichten anbietet (z. B.
über die Ikonographie der Trinität bei Avvakum); W.
Loeschke, der inzwischen verstorben ist, schrieb über
sein „Lieblingsthema": Neue Studien zur Darstellung
des tierköpfigen Christophoros (S. 37—90) mit einem
zeitlich geordneten Autorenverzeichnis über diesen
Gegenstand, wie der ganze Aufsatz Ergänzungen zu
den 1955 und 1957 publizierten Arbeiten sowohl hinsichtlich
der Literatur wie der entdeckten bzw. veröffentlichten
Denkmäler darstellt; P. Mikat, Zur Theologie
der Ikone (S. 89—95), der in kritischer Weise
darauf hinweist, daß bei diesem Thema seitens des
Ostens allerdings z. T. Wege beschritten wurden, die
weit über die patristischen Aussagen hinausführten und
keineswegs Wege abendländischer Theologie sind, vor
allem dann, wenn sie in einer extrem mystisch-pneumatischen
Auffassung münden", wobei Vf. die modernen
ikonosophischen Auffassungen eines Bulgakows u. a.
meint; M. Restle beschäftigt sich mit einem sehr speziellen
Problem: Die Miniaturen des Codex Vindob.
Hist. Gr. 53 (S. 97—106), das schließlich mit einem Exkurs
über die kaiserlichen Kronen in Byzanz endet,
worüber Vf. inzwischen an verschiedenen anderen
Stellen ausführlich gehandelt hat; K. Wessel, Neuerwerbungen
der koptischen Sammlung des Ikonenmuseums
Recklinghausen (S. 109—124) stellt eine Reihe
Kunstdenkmäler der koptischen Kunst aus dem 4. bis
6./7. Jahrhundert vor, wobei es zu kontroversen Auffassungen
über das alte Thema der „koptischen Nudi-
täten" kommt.

Halle/Saale Konrad Onasoh

Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 12