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Ausgabe:

1974

Spalte:

905-906

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Schreckenberg, Heinz

Titel/Untertitel:

Die Flavius-Josephus-Tradition in Antike und Mittelalter 1974

Rezensent:

Baumbach, Günther

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr, 12

90«

Vf. natürlich kein genereller Vorwurf gemaoht werden. tuatiOn", S. 1—9) durch Zitate aus Kozensionen von
Vielmehr ist darauf hinzuweisen, daß er einen sehr um- Nioses Josephusausgabe belegt. Sowohl auf dem hand-
f&ngliohen Stoff mit höchst diffizilen Problemen auf schriftlichen Sektor als auch „im Bereich der Nebenknappem
Kaum bewältigt hat und jedem Leser eine und indirekten Überlieferung ist die Situation inzwi-
Külle von Informationen und Anregungen vermittelt. sehen grundlegend verändert, insofern eine Fülle von
Hinzu kommt, dal.) er auch die zweifelsfrei zeitgenössi- Elementen dieser Teile der Josephustradition in gegen-
■ohen Quellen immer wieder heranzieht und durch über Niese neuer oder verbesserter Form vorliegt"
Litoraturverweise auf kohärente Tatbestände im außer- (S. 6). Vf. formuliert seine Aufgabe dahingehend, „mögisraelitischen
Recht aufmerksam macht. Insofern liegt liehst vollständig und von Grund auf neu die überaus
' ine durchaus achtunggebietende Leistung vor. zahlreichen Träger und Elemente der Josephusüber-
[mmerhin soll wenigstens an einem Punkte ein heferung, »eien es Handschriften, alte Ubersetzunge.i
grundsätzlicher Einwand erhoben werden. Es ist näm- °(i''r d,e sogenannten Scr.ptorum testimonia, zu er-
lidh schwer vereinbar, daß der Vf. zwar einerseits das lils*ou> zu 81°h^n und womöglich auf ihren Wert hin
rabbinistischo Schrifttum den Methoden einer „legal zu beurteUen l8, XI>-

archaoology" unterworfen wissen will, andererseits aber In einem ersten Teil werden „alle mir bekannt geausdrücklich
auf die Ergebnisse der Bibelkritik ver- wordenen Handschriften" aufgeführt mit kurzen Er-
ziehtet (S. 1). Infolgedessen läßt er nur solche Stellen lauterungen (Jahrhundert, Umfang, Inhalt, Eigenart,
des Alten Testaments, die explizit auf die nachexilische Bevorzugung durch den einen oder anderen Editor)
Zeit eingehen, als Zeugnisse für die Herausbildung der und mit genauer Kodexsignatur (S. 13—47). Eine Liste
Halacha gelten, und diese werden umgehend duroh der griechischen Handschriften auf S. 48—51, in übereinschlägige
Äußerungen von rabbinischer Seite ergänzt. sichtlicher Form gedruckt, schließt diesen Abschnitt ab.
Reflexionen darüber, ob nicht noch weitere Stellen des Nach Bemerkungen über „die von Niese verhältnis-
Alton Testaments, insbesondere aus dem Pentateuch, mäßig oft zitierte, aber nicht durchgehend herange-
für die Rochtsentwioklung dieser Periode herangezogen zogene Editio prineeps des Arnoldus Perasylus Arlenius
worden könnten und ob nicht auch da entsprechende (Basel 1544)" (S. 52 f.) und über den Papyrus Vindo-
Vorgänge, wie sie der Vf. im ersten Kapitel seines Bu- bonensis (S. 54 f.) kommt Vf. auf die alten Überset-
ches darlegt, zu beobachten wären, sind somit von vorn- zungen zu sprechen, die verhältnismäßig ausführlich
herein ausgeklammert. Die Folge ist, daß das rabbi- beschrieben werden (mit Nennung der wichtigsten Aus-
uischo Schrifttum ein Übergewicht erhält, das zumin- gaben und Literatur) (S. 56—64). Unter der Über-
dest für die persische Zeit unvertretbar ist und dringend Schrift: Quellen und Parallelen geht Vf. auf LXX und
der Ergänzung bedarf. Freilich wird auoh bei Behand- Aristeasbrief ein (S. 65—67), weist aber zugleich darauf
hing dieses späteren Schrifttums nicht hinreichend hin, daß es „Aufgabo einer künftigen Josephuseditioü
deutlioh, wie der Vf. die Methoden einer „legal ar- sein müsse, auch „sonstige Quellen und Parallelen
chaeology" im einzelnen in Anwendung bringt. Die besser zu erschließen" (bis hin zur Erfassung von Sach-
Knapphoit seiner Darstellung hat es offenbar mit sich parallelen bei Philo und in der rabbinischen Literatur),
gebracht, daß er es mit Literaturhinweisen und sporn ^ Nebenüberliefe (Auszuge> Zitate> Entleh.
d.sohenBemerkungen zu verschiedenen Stadien «der Erwähnungen und Anklänge) biete« Vf. in
Entwicklung eines Textes bewenden laßt. Hier wäre chro*ol i()oh(.r Ordnung (vom 1./2. Jh. bis 15./16. Jh.,
o.ne größere Ausführlichkeit seniem AuIk^u du-nheh g ,i8_171)> uln auf £ce Wei.6 die Möglichkeit tu
Kewcson. So legt man das Buch nicht mit letzter Bc- schaffpn> > auch einzolm. Traditionslinien und Motive
fr.edigung aus der Hand. Doch sei nochmals aaraut der jOH(.phusbenutzimg schrittweise und quellenkritisch
hingewiesen, daß es sich um ein mit sohwerw.egen.leu ^ verfolgen". Da den einzelnen Autoren nach Möglich-
I roblemon belastetes Thema bandelt und man oem vi. ^ voll8tandigt, Liston der Einzelbezüge zu Josephus
die Anerkennung für die geleistete Arbeit nicht versagen beigügobün 8ind ulld da d;0 kurzen Charakterisierungen
nn- und Einschätzungen mit bibliographischen Hinweisen
Sehr nützlich wäre die Beigabe eines Stellenregisters eine gute Orientierungshilfe darstellen, dürfte gerade
gewesen. Vielleicht ist ein solches dem nächsten Band dieser ausführlichste Teil der Arbeit von besonderer
vorbohalten, über dessen Inhalt jedoch keine Aussagen Wichtigkeit für die Textkritik und für die eminente
W macht werden. Wirkungsgeschichte des Josephus sein, zumal dabei „das
r.eipziu Joachim Conrad Verhältnis gerade der geistig führenden Vertreter des

Christentums zum jüdischen Volk über lange, z. T. in
dieser Hinsicht noch wenig untersuchte Zeiträume hinweg
" verfolgt werden kann (S. XIII). Insofern zeigt
sich hier, daß selbst eine so trockene Materie außer-

■ , ,„ i „„„hny Tradition in ordentlich interessante Ein- und Ausblicke eröffnen

Ä ' d' £Tli 1 .K^rflTfJff VÜM " kann, die man hier zunächst gar nicht vermutet. 1 )ies

gr 8» "", holten zur Mteratur und Geschichte des helle- gj|t auch für das am Schluß stehende Gesamtregister

"ist,Hohen Judentums, hrsg. v. K. H. Rengstorf in Verb. der Testimonien, das in Form einer Liste alle zu ein-

m. J. Danielou, G. Delling, S- Jellicoe, H. K. Moehring. zelnen Josephusparagraphen ermittelten Zitate, Er-

B, Noaok, H. M. ürlinsky, H. Kiosenfeld, A. Schallt, H. wahnungon und Anklänge zusammenstellt (S. 186—203)

Hchreokenherg, W. C. van Unnik, A. Wikren. A. . . van dadurch gut erkennen läßt, „welche Passagen die

der YVoude, V. Lw, hfl. 72,—. Nachwelt am meisten anzogen Und beschäftigten".

Der Autor, Mitarbeiter des Münsterschen Instltl''"* Vf. hat mit dieser Untersuchung eine sehr wichtige

'«t bereits durch seine Bibliographie zu Flavius Josep Vorarbeit für eine dringend erforderliche neue kritische

(vgl. ThLZ 96, 1971 Sp. 26) als Josephuskenner ausg j0Hephusausgabe g.deistet. Bloher werden nicht alle von

wiosen. Beide Werke wollen — im ^^'y'^^inw ihm vorgenommenen Wertungen allgemeine Zustim-

der neuen Josephus-Konkordanz — ihr °rftejos(,phi mung finden, dooh kann ihm nicht genug dafür gedankt

für eine „grundlegend neue Edition dei op< ia p w,.rden, daß er sich einer solchen ent sagungsreichen

<none„, da Nieses große kritische Jo»°P™9™*g*°n. Kleinarbeit unterzogen hat.

"hoffnungslos veraltet" sei (S. XI), »je . , sj. Berlin Günther Baumbach
'"itung („Zur gegenwärtigen editionsgeschichthchen Si