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Ausgabe:

1974

Spalte:

900-902

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Willi, Thomas

Titel/Untertitel:

Die Chronik als Auslegung 1974

Rezensent:

Beyse, Karl-Martin

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899

den Wirkungen des Exils zuerst zur nachexilischen Zeit
und dann in die vorexilisohe zurüokschreitend. Am
Schluß folgt ein ausführliches Literaturverzeichnis (275
bis 301).

Die besprochene Untersuchung kann, obwohl sie
nicht das letzte Wort über den Sabbath sein kann und
sein will (s. u.), in verschiedener Hinsicht vorbildlich
genannt werden. Bemerkenswert ist sie vor allem durch
ihre sorgfältige? und genaue traditionskritische Analyse
der Texte, die, indem sie die in Frage kommenden
Stellen jeweils auf den dort sichtbar werdenden Umgang
mit den ihnen vorgegebenen Überlieferungen befragt
, methodisch einen wichtigen Schritt über die alte
Trennung zwischen (auf die vorliterarische Traditions-
stufe beschränkter) Überlioferungsgeschiehtc und Lite-
rarkritik hinausführt (vgl. 17). In der Einordnung der
Texte ist sie eher konservativ (vgl. z. B. zu den durchweg
als echt angesehenen Ezechielstellen, 40—48). Wertvoll
(wenn auch nicht mehr ganz neu) ist die Unterscheidung
zwischon exilischer Endfassung und älteren
Traditionen bei P (62—82). Sie verrät dabei eine erstaunlich
genaue Kenntnis der bei dem weiten Radius
notwendigerweise umfangreichen Litoratur, auch gerade
der in deutscher Sprache erschienenen 2, und ein durchweg
besonnen abwägendes Urteil über sie. Durch ihre
vollständige Behandlung aller den Sabbath erwähnenden
Vorkommen im Alten Testament ist sie zugleich eine
Art Handbuch über das Thema, an dem man in Zukunft
nicht mehr wird vorbeigehen können. Daß durchaus
nicht alle Erkenntnisse in ihm vollkommen neu sind,
liegt in der Natur der Sache. Andersartige Auffassungen
zu einzelnen Texten sind selbstverständlich überall
möglich. Im ganzen wird man das Erscheinen der Arbeit
ohne Vorbehalt begrüßen.

Boohum Henning Graf Reventlow

1 Für das Sabbathgebot im Dekalog scheint mir der Vf.
hieraus eine verbesserte Analyse gegenüber meiner eigenen
in: Gebot und Predigt im Dekalog, 1962, abzuleiten
(165—171).

2 Allerdings finden sich in deutschen Titeln und wörtlichen
Zitatorf zahlreiche Schreibfehler.

Kaiser, Otto: Einleitung in das Alte Testament. Eine Einführung
in ihre Ergebnisse und Probleme. Berlin: Evang.
Verlagsanstalt (Lizenzausgabe des Gütersloher Verlagshauses
Gerd Mohn, Gütersloh) [1973]. 348 S. 8°

Die jetzt in Lizenzausgabe der DDR vorliegende
zweite Auflage von Otto Kaisers Einleitung in das Alte
Testament ist eine Überarbeitung der 1969 in erster
Auflage beim Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn herausgekommenen
, in ThLZ 95, 1970 Sp. 810—813, aus
führlich gewürdigten Darstellung. Da die neue Ausgabe
nicht wesentliche Änderungen enthält, kann auf die
dortige Rezension verwiesen werden. Im Vorwort (S. 11)
verweist der Autor selbst auf die Bearbeitungen, die
vorgenommen worden sind. Es handelt sich um einige
Zusätze, Ergänzungen von Literaturhinweisen und um
die Ausmerzung von Druckfehlern. Die leichten Veränderungen
der Textfassung beziehen sich auf die
Paragraphen: 3, Das kanaanäische Erbe; 6, Gattungen
des israelitischen Rechts; 11, Das Deuteronomiuni:
16, Das Problem des deuteronomistischen Geschieht s
werkes; 22a, Arnos, f, Nahum, i, Hesekiel; 25, Daniel
und die Apokalyptik (Hier ist eino Streichung des
Zitats von Sap. Sal. 7,17—21 samt zugehöriger Würdigung
zu erkennen. Leider ist bei diesem Eingriff der
Fußnoten-Apparat etwas in Unordnung geraten); 26,

900

Die israelitisohe Liederdichtung und ihre Gattungen;
32, Die israelitische Weisheit und ihre Gattungen;
36, Der Kanon des Alten Testaments.

Der Autor bedauert selbst, daß es ihm aus zeitlichen
Gründen nicht möglioh war, einen Paragraphen über
die Geschichte der Prophetenforschung einzuarbeiten
und den Paragraphen 22 c, Josaia zu erweitern, sowie
im Paragraphen 22n, Sacharja (Sach 1—8) seinen
Zweifel an der Komposition der Nachtgosichte des Prophoton
zu erhärten. Die im Jahr 1969 erschienene Erst-
auflago war nach dem Datum ihres Vorwortes im Hooh-
sommer 1968 abgeschlossen, während die zweite Auflage
von 1973 bereits im März dos Jahres 1970 fertiggestellt
wurde, wie ihr Vorwort ausweist. In dem damit
freibleibenden Zeitraum von zwei Jahren sind verständ
liehorweiso umfassende Veränderungen nicht zu erwarten
. Der Leser gibt jedoch die Hoffnung nicht auf,
sie zu einem späteron Termin einmal vorgelegt zu bekommen
.

Hallo/Saale Gerhard Wallis

Willi, Thomas: Die Chronik als Auslegung. UnteiBuohungon
zur literarischen Gestaltung der historischen Überlieferung
Israels. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht 1972. 267
S. 8' = Forschungen zur Religion und Literatur des Alten
und Neuen Testaments, 106. DM 51,—; Lw. DM 55,—.

Alle Gebiete der alttestamcntliohen Wissenschaft -
Einleitung, Exegose, Theologie und Geschichte -— wei den
von dorn vorliegenden Buch reichen Gewinn haben.
Eine Fülle von Einzelbeobachtungen (die Chronikstellen
beanspruchen über die Hälfte des Bibelstellenregistersi
untermauern die Ausführungen des Vf.s, wenn er die
theologischen Grundanschauungen der Chronik und ihre
Stellung im alttestamentlichen Kanon herausarbeitet.
Aus diesem Grunde können hier nur die Ergebnisse der
zuletzt genannten Arbeitsgebiete vorgestellt werden.

Kapitel I „Das Königtum Jahwes in der Hand der
Söhne Davids (II 13,5) — Thematik und Wirkung der
Chronik" (S. 9—47) macht mit der Forschungsgeschichte
der Chronik von der Zeit des Talmud bis in die un -
mittelbare Gegenwart bekannt. „Im ganzen hat sich die
einstige Zurückhaltung gegenüber einer Kommentierung
der Chronik . . . gegeben; heute darf die Chronik als
eines der meistkommentierten Bücher des ATs gelten.
Die Verhältnisse haben sich aber insofern kaum gewandelt
, als die Chronik auch heute ein Buch der Wissenschaft
und nicht des Gottesdienstes ist" (S. 47).

Kapitel II „Abrain, das ist Abraham (I, 1,27) —
Die Chronik als Auslegung" (S. 48—189) ist der umfangreichste
und ausführlichste Teil, der dem Buch den Titel
gegeben hat. Auf die Frage, ob die Chronik das ihm vorliegende
deuteronomistische Geschichtswerk verdrängen
oder ergänzen wollte, gibt der Vf. die Antwort: „Wenn
der Chronist der Nötigung, Geschichte der vorexilischen
Zeit zu schreiben, nachgeben wollte, so blieb ihm schon
aus diesem Grunde nur ein Weg: der der Interpretation
des überlieferten Materials, mithin die Auslegung des
deuteronomistischen Geschichtswerkes" (S. 54). Was
der Vf. nun unter „Auslegung" versteht, wird im folgenden
dargelegt. Die Verfahrensweise, in der der Chronist
seine literarische Vorlage bearbeitete, wird — in
neun Kategorien schematisch gegliedert — unter den
Oberbegriffen „Redaktion" (S. 78—111), „Interpretation
" (S. 111 —175) und „Eigene Geschichtsschreibung
" (S. 176—189) boschrieben. Solche Kategorien
sind z. B. „Orthographische und grammatische Abänderungen
" (Kat. III), „Verdeutlichende Zusätze und
Änderungen" (Kat. V), „Theologische Modifikationen"

Theologisohe Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 12