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Ausgabe:

1974

Spalte:

894-897

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Bleibendes im Wandel der Kirchengeschichte 1974

Rezensent:

Haendler, Gert

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Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 12

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ogoso werden dio wosentliohon Aussagen des Briefes zum AU wertvolle Beigaben wird jeder Leser das köst-

Thoma einander zugeordnet, so daß ein eindrucksvolles lieho Porträt und dio von G. Petzke zusammengestellte

Oesamtbild ontsteht. Bibliographie des Jubilars begrüßen.

Dio restliolion Beiträge kommen aus dorn Arbeits- Greifswaid (Hinter Haufe

leid der systematischen und dor Praktischen Theologie.
Untor dorn provozierenden Titel „Theologie ohne Sakra -
mont" plädiert W. Bernet für eine „Entkerygmatisie-

rang" des Christentums (23-40). Begründung: Ke- "Ärf^m-SS^w!!?^ PWÜK1?1"!*"

. ° . . , , m .i. ' i. im i___„„ j_ »andi'l der kireliciigrscllirntp. Kirchenhistorische Stu-

rygma ist DMO dem Neuen Testament unlösbar an das dien Tübingen: Mohr 1973. IX. 303 S. er. 8° Lw DM

Sakramont gebunden; dieses aber hat unter den mo- 82.—.

<lTn°f Kommunikationsbedingungen (Radio, Fern- Der Baad enthalt elf Beiträge; dargestellt werden

sehen) öffentlich wie privat keinen Platz mehr so daß >(öestalten, Probleme lmd Entscheidungen von bleiben-

mit ihm auch das Kerygma hinfällig wird. Was noch d(jm Intf,rossc und fortdauernder Wirkung" (Vorwort)

möglich bleibt, ist eine a-soteriologischc, iheologie, Merkwürdigerweise werden die ersten drei Jahrhunderte

deren wesentliches Thema das Donkon als dialektischer ausgespart, obwohl sie dem Jubilar dieser Festschrift -

Hervorgang aus Erfahrung und Vernunft bildet. - dem 70jährigon H. v. Campenhausen - besonders nahe

O.Otto äußert sich kritisch„ZumThema: Prodigt.Kom- standen. Der orste Beitrag von H. Dörries „Erneuerung

munikation und Rhetorik" (323-342). Unter Abkehr de8 kirchiichen Amtos im 4 Jahphundert.. geht auf die

von Bultmanns Vorkündigungsbegriff und aiff dem Schrift Dr saoei.dotio" des Chrysostomos ein. Um dem

Hintorgrund kommunikationswissonschafthcher Uber- /„drang zum kirchlichen Amt in der etablierten Staats-

logungon setzt er sich für e.no Einschränkung der Pro- kirche zu wohren> stollfco Chrysostomos den Apostel

ligt untor gleichzeitiger Betonung von Praxisanalyse Paula, als Vorbild heraus, der in Rö 9,3 geschrieben
<md Rhetorik ein. — J. B. Cobb, Jr., fordert für die ,mtto. Ich ,mb(J gebetot, verbannt, z„ sein VOIl chriatus
U'gonwart „A New Christian Existence" (80—94) Die fftr mome Brüdor.. Froilioh handelt es sich hier um ein
bisherige Orientierung am inneren Leben des Indivi- zu hohea Idoal: ( Djü Solbstprüfung an Rö 9,3 blieb
duums muß abgelöst worden duroh eino Orientierung efa gewiß sohr nachdenkonswerter aber nicht ausfuhr-
an Relationen (Gefühl, Leib, natürliche Umgebung), die baror aedanke" (8. 19). Dörries vergleicht Chrysosto-
solbst Gott als relationalen Prozeß bogroift, der in allen mos mit Gl.ügor von Nazianz: Beide Bischöfe waren
Dingen immanent am Werk ist. — B. Pasohko verfolgt gtark VQm Mönchtum beeinflußt. Gregor hat das Bi-
<un Beispiel China „Solidaritäts- und Idcntitatsverlust schofsamt aber nur ungern übernommen, für Chryso-
>ds Problem der Vorkündigung" (345—36(1). Die be- „tomos dagogen stand das kirchliche Amt oindeutig
wegondo geschichtliche Analyse führt den Vf. in dor über dem Mönchtum. Dio von Chrysostomos ontworfene
Konsequenz zu entschiedener Kritik an der Methode Bischofsgestalt wurde „zu oiner der wirksamsten Ideal-
der existontialen Interpretation, deren Verzicht auf fig„ron der Gesohiohte" (S. 41). Dörries sieht auch die
konkretes Weltvorständnis dem „Sprachereignis" der Problematik jenes Ideals: „Wo bleiben die zerbroche-
Verkündigung jede Relevanz nimmt und damit dem Iieu_ angefochtenen, nie fertigen Werkzeuge, mit denen
Solidaritäts- und Identitätsverlust Vorschub leistet. Qott zu arbeiten pflegt ? ... Sie weisen über die
Q. Eboling teilt lohrroiche „Beobachtungen zu Sohleier- menschlichen Fähigkeiten und Vorzüge hinaus auf den,
machers Wirklichkeitsverständnis" mit (103—181). Cha- dpr durch sie wirkt" (S. 45). — Ebenfalls in das 4. Jh!
rakteristisch ist dessen Orientierung am Phänomen des fuhrt Gerhard May mit dem Thema „Basilios der Oroße
Lebens, das durch den Wechsel von Insiehbleibon und und d(>r Römische Staat". Im Kampf für das nieänische
Aussichhoraustroton des Subjekts, durch dio Modi Ge- Bekenntnis rechnote Basilios zeitweilig mit dem Mar-
fühl, Wisson und Tun, durch die Duplizität von Emp- tyriUBtt, doch Kaiser Valens respektierte den Bischof
fänglichkeit und Selbsttätigkeit und ondlioh durch die den er m seilier Armenienpolitik bonötigte. Ziel dei
Dialektik von Abhängigkeit und Freiheit sein spezi- Basilios war „die innere Erneuerung dor Kirche ....
fisohos Gepräge empfängt. — H. Dembowski ist be- nuf die Hjcn 3oin Wollen als Mönch und als Bischof
müht, dio gegensätzlichen Positionen von Schleier- richtete" (S. 70). Don Staat botrachtete er „als eine
maoher und Hegel als gegensätzliche Antwort beider gegobene Notwendigkeit und Ordnung, er arbeitet mit
*Uf die Grundfragon zu douten, die am Ausgang des den Behörden zusammen, wo er als Bischof darauf an-
18. Jahrhunderts dor Theologie durch Kants kritische gmieatn ist, aber darüberhinaus hat die politische
Phil osophie einerseits (wie ist verantwortliche Rede von Realität des römischen Reiches für sein Donken keine
Qott möglich?) und duroh dio französische- Revolution Bedeutung" (S. 69). — Auch der dritte Beitrag führt
andrerseits (Funktion dor Rede von Gott für das in das 4. Jh.: Adolf Martin Rittor steuert „Erwägungen
menschliche Zusammenleben) gestellt waren. Hegels zum Antisemitismus in der alten Kirche" bei, Quelle
Freiheiten«!hos führt tendenziell zum totalen Staat, 8jnd jhm die acht Roden des Chrysostomos gegen die
Nchleiermaohors schlechthinnige Abhängigkeit umge Juden. Ritter bedauert die „jedes erträgliche Maß weit
kehrt zur Liberalität . Zwischen beiden Anfragen bewegt überschreitenden Schmähungen der Juden" (S. 80),
H'cli noch heute alle Theologie. — J. Schreiber verfolgt gtellt dann aber entlastende Momente für Chrysostomos
unter der von Barth stammenden Metapher „Walfisch zusammen, den man für spätere Pogrome nicht ver-
"nd Elefant" an Hand des Briefwechsels Barth-Bult- antwortlich maohon solle (S. 87). Ritter will nioht beginn
das spannungsvolle Verhältnis beider Theologen breiten, daß die Reden des Chrysostomos gegen die

Ineinander (403_481). Beide trennt trotz Boreitschaft Juden „in einer anderen Situation antisemitisch miß-

«m gegenseitigen Verstehen ein unterschiedliches Le- braucht" werden konnten (S. 89).

,,0»Kg«fühl. . in. Differenz im Bildungserlebnis. Einmal ^ ^ Mitto|aitor hinüber führt Manfred Roensch

mehr zeigt sich, daß gerade in der Theologie Person und mit Überlegungen zu einer Geschichte der Buße im

yaehe untrennbar verbunden sind. — Die lange Reihe Abendland". Es gab keine apostolischen Normen für

d"r Beiträge wird abgeschlossen duroh eine Exegese und die Buße, die Kirche mußte immer neue eigene Ent-

'"'"digt übe,- p|,il 2 5—11 die O Strooker einigermaßen Scheidungen treffen. Roensch vergleicht Beschlüsse aus

Oberrasohend unter da, Thema' „Freiheit und Agape" dem Anfang des »» «"Hien die Bußzeit für

u«.,» i. , „ 1 Ar aner regeln sollten: Das burgundisohe Konzil von

««»teilt hat (523—538). 8