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Ausgabe:

1974

Spalte:

890-894

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Neues Testament und christliche Existenz 1974

Rezensent:

Haufe, Günter

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Theologische LiteratuTseitung 9». Jahrgang 1974 Nr. 12

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ttiob, im rennenden Jona, in den Männern, die auf dem .....den Gehalt findet nur der, der etwa« dazu zu tun

Weg nach Emmaus einom Fremden bogognen, und ich hat ... ", Goethe 9 —, mit der Polysemie, also der Be-

weiß dooh gleichzeitig mehr über sie, als sie selber über deutungsvielfalt all unserer sprachlichen' Formen, die

sich wissen. Und so vorstehe ich mich selber und mein unsorn Sprachen und Wörtern ihre semantische und

Leben neu. Seit Bertolt Brecht hoißt solch ein Vorgang stilistische Beweglichkeit gibt, mit der Polymorphie und

„Verfremdung"■ Aus dorn „Das muß man anders machen der inneren Violsprachigkeit jeder einzelnen Sprache,

oder anders sehen" des kritischen Beobachters wird, mit den Ungenauigkeitshöfen und Assoziationsfeldorn

wenn ioh darin meine Goschichte erkannt habe: „Ich all unserer Wörter, duroh die sie gerade aufnahmefähig

muß anders wordon" oder „Ich darf mich anders sehen". werden für das unabsehbar vielgestaltige Leben der un-

Dabel kann ein Doppoltos gleichzeitig goschohen: Hö- absehbar vielen Individuen. Hier sollten wir nicht allzu

rein, donon der Bibeltext vertrauter Sprach-Baum ist, lange auf die Klärung und kompetente Anleitung durch

kann er nützlich verfromdet worden durch eigene Le- die Spezialisten warten, sondern — im interessierten

benswirklichkeit, überraschend in ihm entdeckt ; Hö- Gespräch mit ihnen — oigene Spracherfahrungen ma-

rorn, denen der Text unvertraut ist, kann er die eigene ohcn, die sich übrigens als Lebens- und Menschen-

Lebenswirklichkoit nützlich vorfremden, sie in neuem erfahrung erweisen werden und die wir brauchen wei fleu

Lieht erscheinen lassen. für unsre Predigt als Rede und Anrede.

Wir sind demzufolge der Meinung, daß das Erzählen

■— Geschichten orzählen, Wirklichkeit erzählen, Leben 1 8- etwa die Aufsätze von Klaus Koch und Wolfgnng

erzählen - in der Predigt wieder einen viel größeren Schenk in ThLZ 98,19731 Sp. 801 ff. bzw. 881 ff.

Kaum bekommen muß auf Kosten des Argumentierens ^^^^^1^^^' ^

und Donnierens. Wenn der Hörer sich im Gesagten , Georg Klaus, Die Macht des Wortes, Berlin 1968 S S. 11 ff.

wiodororkonnt und die scheinbar fremde Geschichte 4 Entsprechend der weithin, freilich meist nicht unkritisch

seino eigeno ist, dann ist nämlich ganz von selbst die übernommenen Einteilung von Charles Morris.

Krage entschieden, warum ich den Text verstehen soll, 6 Wolgang Schenk, Zur Sprachenfrage. Die Zeichen der

«enauer: warum ich wissen will, wie die Geschichte Zeit, Heft 5, 1974, S. 178 f.

Weiter- und ausgeht oder auch anders hätte gehen kön- ' Georg Klaus, a. a. ()., S. 35.

nen. Nun sind auch Informationen über Einzelheiten ',jb<*. »•

, j t-, ^ -i t.t I • i T.„„,„,„,n • f„MMnt linri 8 Ludwig Renn. Adel im Untergang, Berlin und Weimar

und Dotail-Konntnisse dos Theologen interessant und ]964> g 239 und 241.

verwendbar. Und es kommt dann auch jene Funktion , Goethe,' Maximen und Reflexionen, 5. Band, 3. Heft
der Predigt in den Blick, die mit dem, was in unserm (182o „Über Kunst und Altertum").
Aufsatz besprochen wurde, mit Anrede vorwandt ist
und dio doch eine weitere Dimension der Predigt bezeichnet
: daß sie nämlioh Zuspruch ist. Zuspruch beginnt
damit, daß mir gut zugerodet wird, und er ist ALLGEMEINES, FESTSCHRIFTEN
darin bogründet und läuft darauf hinaus, daß mir etwas

zugesprochen wird, das mioh betrifft. Kraun, Horbort: Neues Testament and christliche Existenz

_ , _ , . Festschrift für Herbert Braun zum 70. Goburtstajr am 4.

Es geht in der Predigt ja nicht nur um Gesohichten, Mai 1973> hrsg v R D ßetz u L Sehottroff> Tüebingl,n.

uiodollhafte.wiodorholbare, in denen wir uns wieder- Mohr 1973 vin ß46 g _ j ]>ortrat gl. g0 Lw, DM 98__

undon, sondern es geht zugleich auch um Geschichte, , .

um ein für allemal Geschehenes, einmal für alle Male, Der Titel dieser umfangreichen Festschrift mit ihren

an einem Tag für alle Tage. Gorado aber darin liegt für 29 Beitragen will die beiden Brennpunkte der theo-

uns die Erlaubnis geschehende Wirklichkeit als Reden logischen Wirksamkeit des Jubilars treffen, der zu den

Gottes zu vorstehen, „nsern Tag anreden zu lassen profiliertesten, n seiner Radikalst aber auch um-

durch jenen Tag, unsre Zeit durch die Geschichte, in str.ttonsten Neutes amen, ern der Gegenwart zahlt. Der

fl'„ , ■ .M TTnaer [.eben und Band bezeugt die breite Wirkung, die Herbert Braun

ueron Zusammenhang sie gehört. Unser L,eotii unu -*> . ___7* ,_ ,

<»*ro Wirklichkeit sind ansprechbar als Zeit und Wirk- auf seine Zeitgenossen, auch unter den jüngeren und

üchkeit „ach Erschaffung der Welt und post Christum außerhalb des deutschen bpraehraumes ausgeübt hat

"atum paßt zur Eigenart des Jubilars und durfte sowohl

ihn persönlich erfreuen wie die allgemeine theologische

Sehen wir uns nooh einmal um naoh den sprach- Diskussion fördern, daß in der Mehrzahl der Beiträge

wissenschaftlichen Aspekten, so zeigt sich: Semiotische profli;ertei teilweise ausgesprochen radikale

fheorion worden sioher zu beachten sein bei der Ver- Positionen zu Worte melden. Überblickt man die lange

uiittlung zwischen Text, Textauslegung und Predigt. Ligte der

alphabetisch geordneten Beiträge, so fällt

°inem Vorgang, mit dem wir uns hier im einzelnen freüioh auf, daß einige bekannte Namen aus der soge-

'»ioht befaßt habon. Dio Sprach-Pragmatik wird uns auf Iiannten Bultmann-Schule fehlen. Um so größeres Ge-

fcogebono Möglichkeiten hinweisen können; denn der iffU^t hat es, daß dem Vorwort der Herausgober ein

'Vnrode-Charakter eines Sprach-Stils kann durch syn- pPrsönliohos Votum des greisen Rudolf Bultmann folgt,

'aktisoho, loxisoho, ja durch grammatische Elemente von „entscheidenden Erkenntnissen" spricht, die

"ntorstützt und verstärkt werden: Dazu kann etwa die ( ( Jubilar duroh seine Arbeit der ÜSOgeM wie der

Benutzung von Fragesätzen der verschiedensten Art predigt vermittelt hat.

— «iebraueh d. r ;^«"' In thematischer Hinsicht sind zunächst jene Bei-

zwe.ten Person bei den Verbformen Aberfl^A-VJJ« bemerkenswert, die sich direkt in dieser oder jener

«ho Gebiet, auf das wir uns als f^gT^^ vJm auf dio Lebensarbeit des Jubilars beziehen. E.

»Uten, reicht da« nicht zu: Wo es um A'»«™ « ; Q äßer sotzt sich lmter dor Überschrift „Zur Christo-

um lebendiges Erzählen und If-^katio, «JW« Hebräerbriefes" kritisch mit Brauns diesbe-

flodon der eigenen Lebcnswirkhchkeit ™J*£™£ Richen Thesen auseinander (195 200). Unter Be

Kommunikation, da haben wir es zu, tunm * d^ * dpr gerichtlichen Situation zeigt er, daß die

«her auch die scharfsiimigstenSprachthc^ Vergleich zu Paulus und Johannes ungewohnte

ol.t m System U»d Matrix ^e*£TiS??,; Argumentation dieser Schrift dennoeh eine'positive

■» den assoziativen Konnotation, n,>0*> •J? _ VVürdigung verdient, um so mehr, als auch in ihr der

"»öghohon, daß der Hörer etwas Eigenes hinzubringt e e