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Ausgabe:

1974

Spalte:

859-861

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Titel/Untertitel:

Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie 1974

Rezensent:

Nagel, William

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Theologische Literaturzeitung 0». Jahrgang 1974 Nr. 11

stitut für liturgische u. monastische Forschung Abtei
Maria Laach. Lw. DM 128,-.

Im XIV. Jahrgang des Archivs finden sich unter den
Aufsätzen vor allem liturgiegeschichtliche Studien. Zuerst
die Untersuchung von Jean Deshusses über die
Messen Alcuins. Der Vf. sucht mit einer sorgsamen historisch
-kritischen Methode aus der Überlieferung die zweifellos
als echt zu bezeichnenden Messen Alcuins herauszustellen
(es sind nach diesem Ergebnis 27). Die Texte dieser
Messen werden in einer genauen kritischen Ausgabe
auf Grund der Quellen gebracht.

Die nächste liturgichistorische Arbeit stammt von Leo
Eizenhöfer und behandelt eine sehr spezielle Frage
: Die Abhängigkeit der junggelasianischen und ambro-
sianischen Vitus-Präfation von der Agnes-Präfation des
Missale Gothicum — ein „kleiner Baustein für das große
Gebäude der Sakramentsgeschichte".

Eine dritte historische Arbeit schreibt John H e n n i g
über die Grundzüge der martyrologischen Tradition Irlands
— in der Tat eine bemerkenswert eigentümliche
Überlieferung, die sich auf dieser Insel feststellen läßt.

Die beiden anderen Aufsätze erörtern Themen aus der
Liturgik: Egon Färber gibt einen Uberblick über den
Ort der Taufspendung in den „nicht katholischen" Kirchen
. In dieser kurzen Zusammenfassung kann natürlich
nicht alles gebracht werden, was zum Thema gehört. Historische
Untersuchungen würden noch manche Aspekte
hinzufügen — gerade bei einem solchen Thema. Schließlich
lesen wir noch einen instruktiven Aufsatz zur Liturgik
von Hermann Reifenberg über das Thema ..Sakramentsgottesdienst
als aussagefähiges und verstehbares
Symbol". Diese „Phänomenologie" zum Thema der
Symbolik des Gottesdienstes ist für das systematische
Studium der Probleme des Gottesdienstes von besonderer
Wichtigkeit, vielleicht gerade in der Gegenwart, wo die
Liturgicreformer leider oft ohne gründliche Kenntnis der
Liturgik ihre Einfälle praktizieren.

Den größten Teil des Bandes nimmt der Literaturberic
h t ein. Wir geben den Überblick über diesen Bereich
nach dem Inhaltsverzeichnis:

Liturgie im Gesnmtzusammenhang der Theologie (Burkhard
Neunheuser) — Die Sprache in der Liturgie (Emmanuel
v. Severus) — Liturgie und Kult in der frühjüdischen
und frühchristlichen Weltund Umwelt — etwa 200 v. Chr.
bis200 n.Chr. (Werner Baier) - Liturgie im Zeitalter der
Reformation (Albert Brandenburg) — Liturgie vomTrien-
ter Konzil bis zum 2. Vatlkanum (Hermann Reifenberg) -
Gregorianischer Gesang (Urbanus Bomm und Willibrord
Heckenbach) — Liturgie im Gespräch mit den Kirchen der
Reformation (Ottfried Jordahn) — Die Liturgie in Spiritualität
und Frömmigkeit (Emmanuel v. Severus) — Liturgie
und Kunst (Richard Bellm) — Die Liturgie und
das Judentum (John Hennig) — Die Liturgie in Arbeitsinstrumentarien
, Sammelwerken, Festschriften und Tagungsberichten
(Emmanuel v. Severus).
Düsseldorf Joachim Deckmann

Jahrbuch für Liturgik und llymnologic. n. Bd. 1972. Hrig.
v. K. Ameln, Ch. Mahrenholz u. K. F. Müller. Kassel:
Stauda 1973. XV, 312 S. gr. 8°. Hlw. DM72,-.

Der vorliegende Band wird durch einige Beiträge aus
dem Bereich der Liturgik ein über den Kreis der langjährigen
Freunde des Jahrbuchs hinaus reichendes Interesse
finden. Hinsichtlich der in der evangelischen wie der katholischen
Kirche und Theologie aktuell gewordenen Probleme
des kirchlichen Amtes hat K. F. Müller unter dem
Titel „Kirchliches Amt im Umbruch" die Literatur der
Jahre 1909-1971 zum Berufsbild des evangelischen und
des katholischen Pfarrers kommentiert und mit einem
Nachwort versehen. Die sich hier abzeichnende ökumenische
Problematik hat ihre primäre Ursache in dem tiefgreifend
gewandelten Verständnis und der diesem gemäßen
Zuordnung von Kirche und Welt. Es werden nach
des Vf. Uberzeugung die hier anstehenden Aufgaben nur
in einem „langen Marsch von Bewußtseinsveränderung
und neuer christlicher Bewußtseinsbildung" zur Lösung
kommen können. Man werde sie jedoch nur bewältigen,
„wenn auf der einen Seite eine außerordentliche Konzentration
auf den gemeinsamen Orientierungspunkt Jesus
von Nazareth angestrebt wird und zugleich der Orientierungshorizont
im Sinn eines undogmatischen Christentums
erweitert wird" (55). Dabei sei es wichtig, das Problem
des Amtes und der Dienste zugleich in seinem Bezug
auf die Gesellschaft zu erkennen und seine Lösung
nicht mehr nur im „Bereich privater Innerlichkeit und le-
bensabgewandter Jesus-Erwartung" zu suchen, soll die
kirchliche Situation nicht der eines Ghetto gleichwerden.
Von dieser Problcmskizze her wird eine Fülle von Erfahrungsberichten
, theologischen Kellcxionen und kirehen-
soziologischcn Analysen erörtert. Als Fazit ergibt sich im
Nachwort des Vfs., daß es gelte, den Weg von der „Institution
Pfarramt" zum dynamisch-funktional bestimmten
Arbeitsfeld zu wagen. Am Schluß stellt sich der Vf.
auch der Frage nach dem Sinn der Ordination und der
Priesterweihe im Rahmen der sich abzeichnenden Wandlung
. Die Ordination müsse sich „funktionsgerecht in den
Beruf des künftigen Pfarrers einordnen und ihn bestimmen
", aber es sei zu fragen, ob die neuen Ordinalions-
formulare dem Umbruch des kirchlichen Amtes bereits
entsprächen. ..Denn mit dem Pfarrer ist es wie mit der
Kirche und dem Christen: Ein Pfarrer .ist' man nicht, ein
Pfarrer muß man immer neu .werden'" (79). Rez. (ragt
sich angesichts dieser verdienstlichen, vorwärts weisenden
Uberschau, ob die gesamte Diskussion nicht noch
einer geistlichen Vertiefung bedürfe, etwa in Konfrontation
mit dem von H. Bezzel so unvergeßlich gezeichneten
Bild des „Knechtes Gottes".

Zu einem rechten Verständnis der Ordination kann
die große Arbeit von F. Schulz „Evangelische Ordination.
Zur Reform der liturgischen Ordnungen" (1—54) wesentlich
hellen, indem hier die gegenwärtigen Bemühungen
sowohl nach ihren liturgischen Strukturen wie nach ihren
Texten ausgehend von der Tradition dargestellt werden.
In der zusammenfassenden Wertung der einzelnen bei
der Ordinationshandlung zu beachtenden Elemente
kommt der Vf. zu dem Ergebnis: „Gegenüber den extremen
Polen einer hierarchisch-sakramentalen Ordination
... und einer demokratisch-sozialtherapeutischen
.Ordination', die .nichtreligiös' zur Loyalitätsvereinbarung
formalisiert ist, bietet Luthers Ordinationsformu-
lar in seiner Beschränkung auf Gottes Wort und Gebet
noch immer ein sachgemäßes Kriterium für das Wesentliche
einer Handlung, die in Gemüßheit der apostolischen
Verkündigung den der Gemeinde Christi aufgegebenen
Dienst kontinuiert" (53 f.). Er hält Luthers Formular auch
für „fähig, den Wechsel der Situation, die Ausweitung,
die Verantwortung, das Auftauchen neuer Probleme aufzunehmen
" (54).

Unter dem Titel „Glossolalic-Zeichen-Symbol. Bemerkungen
zum Symbolgebrauch im christlichen Gottesdienst
" befaßt sich F. Steffcnsky mit der Bedeutung und
Leistungskraft der gestischen Elemente im Gottesdienst.
Die rein diskursive und argumentative Sprache gerade
des evangelischen Wortgottesdienstes versage angesichts
der erfahrenen Unabgeschlossenheit des Lebens vor der
Aufgabe, „die Hoffnung auf die Totalität des Lebens auszudrücken
" (80); sie könne die Gegenwart nicht grundsätzlich
transzendieren. Es komme deshalb darauf an, sie
„mit einer anderen Sprache, der Bilder und Gesten zur
Verfügung stehen, die die Faktizltät des Augenblicklichen
sprengen und sich gegen eine Versklavung durch
das Faktische wehren", zu vermitteln (81). Im Blick auf
diese Aufgabe beschreibt der Vf. drei gottesdienstlichc