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Ausgabe:

1974

Spalte:

64-66

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Meyer, Charles R.

Titel/Untertitel:

The touch of God 1974

Rezensent:

Armgard, Lars-Olle

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Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 1

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die Petitionen aus Deutschland, sie entschieden darüber. Die
Congregatio Germanica war demnach nicht nur ein beratendes
Organ für die päpstliche Reform in Deutschland, sie
hatte die Vollmacht, zu entscheiden, wie und mit welchen
Mitteln das auf die Dekrete des Triester (sie!) Konzils aufgebaute
Programm der katholischen Reform in Deutschland
durchgeführt werden sollte" (S. 94). Der Beweisführung für
diese zusammenfassende Bemerkung gilt die ganze Studie.

Es versteht sich von selbst, daß das Wohl und Wehe der
Kongregation an den Höhen und Tiefen päpstlicher und allgemeiner
Kirchenpolitik Anteil hatte. Die Reformarbeit der
Nuntien, wieder besonders in Deutschland, wird dabei sichtbar
. Der zähe Kampf um die Rückgewinnung evangelisch
gewordener Gebiete sowie die Beziehungen der Congregatio
zur Neugründung des Collegium Germanicum mit der ursprünglichen
Zweckbestimmung, deutsche Priester in Rom
auszubilden (S. 167), kommen ins Blickfeld.

Der Niedergang und die Wiedererrichtung der Congregatio
Germanica (1591) werden aufgezeigt, wenn auch nicht
mehr unter Verwendung relativ verläßlicher Protokolle. Die
allmähliche Überleitung und Umfunktionierung in die Propaganda
Fide bestimmen die Entwicklung. „Während sich
die Congregatio Germanica ausschließlich mit den deutschen
Problemen beschäftigt hatte, oblag der Propaganda die
Sorge für die Protestanten in allen europäischen Ländern.
. . . Die Propaganda folgte hierbei nicht den politischen
Grenzen, sondern ausschlaggebend war die Zuordnung der
Gebiete zu den Residenzen der päpstlichen Nuntien" (S. 287).
So ergaben sich auch neue Methodenüberlegungen, die die
Reform weiter voranbrachten.

Die Mitteilungenfülle des Buches beeinträchtigt zuweilen
das Erkennen seiner Linienführung. Eine Zusammenfassung
am Schluß der einzelnen Abschnitte und mehrere Schlüsselfunktion
übernehmende Register hätten die Lesbarkeit des
Werkes noch erhöht und die Pointierung seiner Ergebnisse
noch unkomplizierter gewährleistet. Diese Anmerkungen
sind jedoch nur formaler Art. Die Dokumentation über ein
wichtiges Phänomen des nachtridentinischen Reformkatholizismus
ist dem Vf. durchaus gelungen.

Berlin Joachim Rogge

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Mildenberger, Friedrich: Theorie der Theologie. Enzyklopädie
als Methodenlehre. Stuttgart: Calwer Verlag [1972].
164 S. 8°. Kart. DM 16,-.

Einführungen in die Theologie sind immer nützlich und
mit Gewinn zu lesen, da sie ein größeres Ganzes in Erinnerung
rufen. Das gilt sowohl für diejenigen, die dem empirischen
Theologiebetrieb die Utopie eines Ganzanders konfrontieren
, als auch für solche, die das Gewordene für relativ
vernünftig halten und nur verhindern wollen, daß es hinter
das Erreichte und unter sein Niveau zurücksinkt. Im letzteren
Sinne liest sich die .Theorie der Theologie' von Mildenberger
. Sie hat gewiß die Stufe der naiven Bibliothekarsenzyklopädie
, die Disziplin für Disziplin wie geheiligte
Gemäuer abschreitet, hinter sich gelassen, weiß um Spannungen
im Gefüge der Theologie und sieht in ihren Disziplinen
auch Aufschichtungen und komplementäre Aspekte
desselben Gegenstandes. Aber sie dramatisiert nicht die
.Zerrissenheit' der Theologie und beklagt ihr Sitzen zwischen
den Stühlen (der cathedra des eigentlichen Wissenschaftlers
und der des Bischofs) nicht als Tragik und weissagt
nicht den Untergang der Kirche oder das Ende der
Theologie, wenn nicht zusehends alles anders wird. Das
Buch wendet sich gegen die groben und „naiven" Mißverständnisse
und Verirrungen der Theologie: gegen Verlust
ihres kritischen Geistes wie gegen Verlust ihrer thematischen
Ausrichtung auf die Erfordernisse und Interessen der
Kirche. Es bejaht hierbei den Kompromiß und begnügt sich
damit, das eigentlich Selbstverständliche ins Bewußtsein zu
heben. So bringt es auf den Weg zwischen Traditionsgebundenheit
und notwendig gewordener Umorientierung und
Neuanpassung.

Für Anfänger in der Theologie ist das breite Verhandeln
einer gewissen elementaren Problematik durch alle Disziplinen
hindurch sicher auch heute noch sehr sinnvoll, zumal
es auf der Basis der gegenwärtigen Diskussion geschieht
und ausführliche Literaturhinweise dem in einem Anmerkungsanhang
beigegeben sind. Allerdings kann es für noch
wenig Eingeweihte auch Schwierigkeiten bereiten, wenn die
Form der Darbietung weniger der lehrhafte (systematisch
fortschreitende und entfaltende) Traktat ist als das Gespräch
und die Diskussion - so sehr dem eine frische und lockere
Redeweise angemessen ist. Aber das Gespräch wird schnell
zum Fachgespräch mit dem Fachkollegen, das an die Vorgänge
nur erinnert, statt sie - Argument gegen Argument -
ausbreiten zu können. Eine „Enzyklopädie" auf 150 Seiten
(das frühere Standardmaß ist der heutigen Theologengeneration
ja nicht mehr zuzumuten) muß zudem sich auf Exem-
pel beschränken oder auf Grundsatzfragen („Methodenlehre
"), die abzuhandeln, wenn man das detaillierte Programm
für unzeitgemäß hält, notwendig ins Allgemeine führt und
es oft beim bloßen Ratschlag, dem guten Einfall und der
Bemerkung zum Nächstliegenden sein Bewenden haben lassen
muß.

Der Aufbau des Buches ist einleuchtend und von der Sache
her vorgezeichnet. Nach einem Blick auf das prinzipielle
Problem der Spannung zwischen Kirchlichkeit und
Wissenschaftlichkeit der Theologie wird das Problem des
historisch Gewordenen und Bedingten der heutigen
Theologie an dem Gesichtspunkt aufgezeigt: Stufen der
theologischen Reflexion, die sich aufgeschichtet haben, zu
unterscheiden (in der Dreiheit von dogmatisch-normativer,
historisch-kritischer und empirisch-kritischer Reflexion).
Dem folgt ein Durchmustern der theologischen Einzeldisziplinen
: Bibelwissenschaft, Kirchengeschichte, Systematische
Theologie, Praktische Theologie (Letztere im Inhaltsverzeichnis
übersehen!).

Den Abschluß des Buches bilden „Folgerungen für eine
Reform des Theologiestudiums" (S. 142-150). Sie sind von
dem Bestreben diktiert, sich in das Unvermeidliche (wie Verzicht
auf die alten Sprachen) zu schicken und lassen die Hoffnung
für die Kirche von morgen auf anderes setzen als auf
einen perfekt organisierten und einheitlichen theologischen
Studienbetrieb.

Berlin Hans-Georg FritzsoSe

OL

Meyer, Charles R.: The Touch of God. A Theological Analy-

sis of Religious Experience. Staten Island, N. Y.: Alba

House [1972]. VI, 156 S. 8". Lw. $ 4.50.

Meyer ist Amerikaner, Katholik und Professor für Systematische
Theologie am St. Mary of the Lake Seminary in
den USA. Wie bereits aus dem Titel des Buches ersichtlich
ist, will der Vf. eine theologische Analyse religiöser Erfahrungen
geben. Er knüpft damit an eine frühere Arbeit mit
dem Titel „A Contemporary Theology of Grace" an, erschienen
1971 im gleichen Verlage (Alba House).

Meyers Kritik richtet sich vor allem gegen die traditionelle
katholisch-philosophische Grundlegung der Theologie:
das aristotelisch-thomistische Gottesbild ist statisch und entspricht
in keiner Weise dem dynamischen und ständig aktiven
Gott, wie ihn die Bibel uns schildert. Jetzt ist es dagegen
wichtig, an die persönlichen religiösen Erfahrungen des
einzelnen anzuknüpfen, um zu zeigen, wie diese Erfahrungen
als eine Begegnung mit dem Göttlichen und der Gnade