Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1974

Spalte:

838-840

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Bender, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Zwinglis Reformationsbündnisse 1974

Rezensent:

Rogge, Joachim

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

837

Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 11

838

fertigt und erst nach der Vollendung mit jenem vergli- Kötting, Bernhard: Zur Frage der „successio apostolica"

chen worden. in frühkirchlicher Sicht (Catholica 27, 1973 S. 234-247)

Die Edition wird zunächst eingeleitet durch eine eben- Saake, Helmut: Beobachtungen zur athanasianischen

so knappe wie gehaltvolle „Introduction" (S. IX-XXIII), Pneumatologie (NZSystTh 15,1973 S. 348-364).

die in vier Abschnitten die Einleitungsfragen erledigt, Triacca, Achile M.: Martirio: significato salviflco-sacra-

wobei der Vf. den Romaufenthalt des großen Ketzers mentario della sua „dunamis-virtu" (Salesianum 35,

(Polykarp zuliebe?) übrigens schon um 130 beginnen las- 1973 S. 247-300).

sen will. Was die antimarcionitische Berichterstattung Vogt, Hermann Josef: Parteien in der Kirchengeschichte,

der Kirchenväter betrifft, auf die man für die Kenntnis Athanasius und seine Zeitgenossen (Concilium 9, 1973

des Marcionitismus bekanntlich fast ausschließlich an- S. 538—544).
gewiesen ist, so hält Evans sie im ganzen für zutreffend
und zuverlässig, wie sich aus dem Vergleich der ein-

zelnen Referate ergibt. Dabei liegt für ihn der Kern der KIRCHENGESCHICHTE"

marcionitischen Doktrin weniger (negativ) in der Ver- DcrrtDUATiAiiCTciT '

werfung des atl. Schöpfergottes (Harnack) als vielmehr REFORM AT IONSZEIT

(positiv) auf der Faszination durch die christliche Erlösung
: „Christianity cannot escape being a religion of Bender, Wilhelm: Zwingiis Reformationsbündnisse. Un-
redemption. The passion and resurrection are too impor- tersuchungen zur Rechts- und Sozialgeschichte der
tant ever to be left out of the story, and Christ himself Burgrechtsverträge eidgenössischer und oberdeutscher
is too important to be content with second place. So he Städte zur Ausbreitung und Sicherung der Reforma-
must, Marcion thinks, be set in isolation from all eise tion Huldrych Zwingiis. Zürich-Stuttgart: Zwingli Ver-
that has ever been - from the world itself, and from lag [1970]. 204 S. 8°. Kart. sfr. 23,50.
the God, who made it" (S. XIII f). Der erfreulich eindeutige Titel des Buches läßt die
Neben Marcions Lehre (einschl. Apelles) werden außer- Erwartung zu, daß hier die Geschichte der durch Zwing-
dem die Entstehungsverhöltnisse des Werkes, Hand- u unmittelbar oder doch mittelbar inaugurierten Re-
schriften und Ausgaben besprochen sowie eine - frei- formationsbündnisse behandelt wird. Das geschieht je-
bch allzu kurze - Bibliographie beigegeben (zumindest doch nur in stark eingeschränktem Maße. Das Bistum
Shortt, The Influence of philosophy on the mind of Ter- Konstanz steht - wie der Klappentext schon ausführt -
tullian, 1933, ferner die Arbeiten von R. S. Wilson [1933] im Mittelpunkt der Arbeit". Der Vf. setzt begriffsge-
und J. Knox [1942] über Marcion, schließlich auch v. schichtlich an. Er untersucht in einem ersten Kapitel
Campenhausen, Die Entstehung der christlichen Bibel, (g, n_52) den Terminus „Burgrecht" im Verständnis
1!)«R, hätten erwähnt werden dürfen). Was die Quellen der Eidgenossenschaft und der oberdeutschen Städte,
von Adv. Marc, betrifft, so sind außer Tertullian selbst Das son dazu dienen, „Ausbreitung und Sicherung der
vor allem Justin, Theophilus von Antiochien und Irenäus Reformation Huldrych Zwingiis" besser zu verstehen,
woi auszusetzen. Die bekannte Affinität zwischen Adv. Bender wendet sich u. a. gegen die einschlägigen Ar-
«BTC 111,7-12 und der Schrift Adv. Judaeos wird nach teiten von Franz Rohrer (in: Programm der Luzerner
"nein kurzen Überblick über die einschl. Hypothesen da- Cantonsschule, Luzern 1876) und Max Lenz (in: ZKG
«un erklärt, daß die ersten 8 Kapitel der Schrift gegen m 1879) Weitere Studien hätten die unzureichende
a'e Juden wahrscheinlich einem zeitgenössischen Nach- BuVgrechtsdarstellung nicht genügend beachtet, wo-
«"'irner Tertullians zuzuweisen sind, während Kap. 9-14 durch „ein falsches Zwinglibild gefördert" und der
,"n Tertullian selbst schon vor Adv. Marc, konzipiert „Bück für die große Bedeutung der schweizerisch-oberem
sollen. Dabei bleibt freilich die Frage nach dem Re- deutschen Rechtsbräuche verstellt worden" sei (S. 9).
«aktor von Adv. Jud. offen (vgl. im übrigen die noch Man wird es methodisch durchaus zu begrüßen ha-
|mmer diskutable differenzierende Ansicht Harnacks ben, daß sich Bender den historischen Phänomenen um
« seiner Geschichte der altchristlichen Literatur II/2, die Begriffe Burgrecht und Ausbürger, Burgrecht und
•288ff.). Territorialbildung, Burgrecht und Landfrieden, Burg-
Leider nimmt die Einführung auf zwei wichtige Fra- recht und Reichsgewalt zuwendet. In der Zusammenfas-
n keinen Bezu& einmal auf die vielumstrittene Frage sung des ersten Hauptkapitels hebt er hervor, daß das
a* dem Verhältnis Marcions zur häretischen Gnosis Burgrecht „als Vertragsform in der Eidgenossenschaft
lonl schon Harnack. Neue Studien zu Marcion, TU 44 4. und Teilen von Oberdeutschland... mit anderen Bünd-
die dem Hauptwerk. Marcion »1960 beigegeben sind nissen, vor allem aber mit Subsidienverträgen und lok-
r Evans nennt nur »1924 -, sowie jetzt A. Adam, Lehr- keren Koalitionen niemals gleichgestellt werden kann.

uch der Dogmengeschichte Bd. I, 1965, S. 146ff). sodann Burgrechtsbündnisse stellen, soweit es sich dabei um
^as bereits von Max Pohlenz (Vom Zorne Gottes, 1909, interkommunale Verbände handelt, eine besondere Form
^Off) aufgeworfene Problem der philosophischen Grun- der Schwureinung dar, die auf größere territorial- und
Ör?rung von Marcions Ansichten. Freilich wäre die Er- machtpolitische Verbände abzielt" (S. 52). Als charak-
I unR dieser beiden Komplexe der knapp konzipier- teristisch für sie wird eine einheitliche Interessen-
^n Einführung umfangmäßig möglicherweise über den grundlage bezeichnet, „die in der Abwehr aller städte-
P ßewachsen- feindlichen Machtfaktoren gegeben ist". So hängt die
So as den der Ausgabe zugrunde gelegten Text betrifft, Burgrechtspolitik mit der (Reichs-) Städtesituation zu-
'st Oehlers Edition der Vorzug gegeben vor derjeni- sammen, welche Rechtsnormen entwickelte, die von den
Kioymanns (CSEL XX, 1942), der trotz mancher Fürstenbündnissen der Zeit vor und in der Reforma-
,. . Or|dation „many annecessary and exesperating alte- tionszeit (Schwäbischer und Schmalkaldischer Bund)
">ns of the text" (S. XXII) zum Vorwurf gemacht wer- kiar zu unterscheiden sind. Bender wendet sich also ge-
tloh D°r textkritische Apparat ist so klein wie möglich ßen das undifferenzierte Reden von Burgrechtsplänen
| Hflten- Zwc' Anhänge (Bd. II, S. 642ff) unterrichten Zwingiis „vom Meer bis an die Alpen",
^oer einige Termini technici (substantia, materia etc.) im umfangreichen zweiten Kapitel (S. 53-118) wird
für i 1 tullian und 2. über den Umriß von Marcions NT, die Stadtgeschichte von Konstanz in Relation zum Wirme
' dcr Harnacks Werk nicht besitzt, eine willkom- ken der dortigen residierenden Bischöfe vom Ende des
l'nd m uborsicnt,icnc Beigabe. Zwei Register - Stellen 14 Jahrhunderts bis in die Reformationszeit hinein ver-
Namen - beschließen die Ausgabe. handelt. Der Vf. konstatiert: „Die Stadt hat mit Erfolg
"Sm K»nmann Beysdiiag den unbeschränkten Territorialherrschaftsanspruch der