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Ausgabe:

1974

Spalte:

61-63

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Krasenbrink, Josef

Titel/Untertitel:

Die Congregatio Germanica und die Katholische Reform in Deutschland nach dem Tridentinum 1974

Rezensent:

Rogge, Joachim

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Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 1

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fälscht sind, Fragmente zu Predigtnachschriften, Eintragungen
Luthers in seinen letzten Handpsalter, Bildunterschriften
, Inschriften auf Erz, Stein, Glas und Symbola u. a.) waren
zahlreiche historische und bibliographische Korrekturen
und Ergänzungen nötig, die Volz selbst aus seinem reichen,
historisch detaillierten Wissen beisteuert. Zu diesen Korrekturen
und ergänzenden Hinweisen kamen noch bisher unveröffentlichte
Texte, wie z. B. die Bibeleinzeichnungen S. 38
Nr. 46a zu Ps 33,9, S. 42 Nr. 52a zu Ps 36,10 u. Ps 119,105,
eine Eintragung Luthers in sein Jenaer Handexemplar des
NT, S. 236 Anh. 11,3 Nr. 3, Dedikationen und Widmungen
S. 250-257 und sonstige kleine Texte S. 282 Anh. IX F, VI
und einige Micrographa Luthers S. 284 Anh. X. Nr. 4. Diese
und die ergänzenden Korrekturen namentlich der Bemerkungen
zur Überlieferungsgeschichte der einzelnen Luthertexte
machen RN 48 zu einem wertvollen Kommentar, doch
sei die Frage erlaubt, ob jene nicht an manchen Stellen hätten
etwas kürzer ausfallen können, besonders dann, wenn
Literaturhinweise wie z. B. S. 17 Nr. 21 (Ps 1,6), der Aufsatz
von J. G. Kunstmann, hätten entlastend wirken können.

Die germanistischen und theologischen Artikel zv den
einzelnen Bibel- und Bucheinzeichnungen sowie zu den Anhängen
sind sowohl sachlich wie bibliographisch dem Leser
eine brauchbare Hilfe und gehen namentlich in ihren theologischen
Sacherklärungen über die bisher vorliegenden RN
zu WA 3011, 30III, 32 u. 33 hinaus, die ihren Hauptakzent
auf der germanistischen Kommentierung hatten. Zu S. 14
Nr. 16 Z. 2ff vermißt man einen Hinweis auf P. Althaus, Paulus
und Luther über den Menschen, -1951, und zu S. 38 Nr.
46 Z. 8 einige Hinweise zu den Folgen der Erbsünde (infir-
mitas, caecitas et concupiscentia) und zu S. 43 Nr. 55 Z. 4ff
einige Bemerkungen zu Luthers Gesetzesverständnis. Doch
solche Desiderate bilden eine Ausnahme. Es wird ja immer
schwierig sein, das rechte Maß für das Notwendige und das
Mögliche an kommentierender Hilfe zu finden. Ist zu den
theologischen Sachfragen, die ja gerade bei den theologisch
konzentrierten und in ihrer Bedeutung für die Theologie und
Hermeneutik Luthers von der Forschung zu wenig beachteten
Bibel- und Bucheinzeichnungen nicht gering sind, das
Notwendige gesagt, so fragt man sich, ob die in sich wertvollen
germanistischen Hinweise nicht doch etwas zu reichlich
dargeboten sind und man gerade in dieser Hinsicht
- bei allen kritischen Vorbehalten - nicht dem unmittelbaren
Verständnis des Lesers mehr überlassen kann.

Weist der RN 48 im allgemeinen von der WA bisher nicht
verifizierte Bibelzitate vollständig nach, so bleiben doch einige
Lücken in der Verifizierung der in Luthers Sprache anklingenden
Bibelsprache (z. B. S. 7 Nr. 8 Z. 13 vgl. 1. Petr
5,8; S. 19 Nr. 25 Z. 1 erg. Joh 11,25 ebenso S. 20 Nr. 25a
Z. 2; S. 30 Nr. 35a Z. 8 vgl. Jes 38,10 u. Mt 16,18 u. Z. 8f
vgl. Jes 40,8 u. 1. Petr 1,25; S. 40 Nr. 50 Z. 9f vgl. Ps 37,5;
S. 41 Nr. 51 Z. 11 vgl. Ps 1,6 u. Z. 26 vgl. Ps 34,20; S. 68 Nr.
88 Z. 4 vgl. Mt 6,11 u. Z. 8 vgl. Mt 26,41 u. a.) Doch ist es
eine Ermessensfrage, wie weit man in dieser Richtung gehen
soll. Für ein ausführliches Bibelstellenregister zur WA wären
solche Hinweise jedenfalls wertvoll.

Ein Wortregister, ein Personenregister und ein Verzeichnis
der Personen, für die Luther Buch- und Bibeleinzeichnungen
oder handschriftliche Dedikationen verfafjt hat, Schliefjen
den vorliegenden RN ab, der für jeden, der sich mit den in
de* 1. Hälfte von WA 48 enthaltenen Texten befaßt, eine
wesentliche Hilfe ist.

Tübingen Karl-Heinz zur Mühlen

Krasenbrink, Josef: Die Congregatio Germanica und die katholische
Reformation in Deutschland nach dem Tridenti-
num. Münster: Aschendorff (1972). XVI, 288 S. gr. 8° =
Rcformationsgeschichtliche Studien und Texte. In Verb,
mit R. Bäumer, T. Frcudenberger, E. Iscrloh, H. Jedin, K.
Repgcn und E.-W. Zecden hrsg. von A. Franzcn, 105.

Sub voce „Congregatio Germanica" findet sich im LThK-'
kein Artikel. Der Begriff begegnet nach Auskunft des Registers
nur im Zusammenhang der biographischen Angaben
über den Protektor der deutschen Nation Otto Truchseß von
Waldburg, dessen Bedeutung für die Congregatio Krasenbrink
überzeugend hervorhebt. Aber auch abgesehen davon
macht der Vf. deutlich, daß lexikalisch und in anderweitiger
Geschichtsschreibung die Congregatio Germanica im nach-
tridentinischen Katholizismus bisher kaum nach Gebühr gewürdigt
worden ist. Die „katholische Reform" vornehmlich
in Deutschland nach einem relativen Abschluß der „Reformation
" und nach der Herausbildung evangelischer Landeskirchen
ist eine Größe, deren Konturen durch Einzelforschungen
in der letzten Zeit immer stärker herausgearbeitet
worden sind. Krasenbrinks Studie reiht sich hier in vorteilhafter
Weise ein.

Die Congregatio war vor der Auffindung ihrer Protokolle
aus der Zeit von 1573 bis 1578 „fast unbekannt" (S. III). W.
E. Schwarz entdeckte die Schriftstücke im Vatikanischen Archiv
und edierte sie 1891. Darauf stützt sich nun auch Krasenbrink
. Er zieht außerdem andere Materialien aus dem
Archiv des Vatikans, aus den Beständen des Collegium
Germanicum und mehrere Abteilungen der aufschlußreichen
Nuntiaturberichte aus Deutschland für die betreffenden
Jahre heran. Schon die Bekanntgabe und ausführliche Zitation
der ungedruckten und gedruckten Quellen ist ein Verdienst
des Vf.s.

Wir haben es mit der ersten „Untersuchung über Ursprung
und Geschichte der Kongregation" zu tun. „Die sachliche
Voraussetzung für die Gründung der Congregatio Germanica
war die Notwendigkeit einer durchgreifenden Reform
der katholischen Kirche in Deutschland auf der Grundlage
des Tridentinums" (S. III). Da die Initiative dieser Erneuerung
ihre Rückwirkungen auch auf das Papsttum selbst
hatte, ist eine Belebung der Verantwortungswahrnahme der
Kurie auch für die Reform in ultramontanen Gebieten zu
konstatieren. Die Steuerungs- und Koordinierungstätigkeit
wurde zuerst durch eine temporäre Kardinalsdeputation,
später durch eine ständige Kardinalskongregation ausgeführt
. Da diesbezügliche Initiativen nach 1622 durch die
Congregatio de Propaganda Fide übernommen wurden,
schließt Krasenbrinks Arbeit mit diesem Gründungsereignis
ab.

Der Vf. handelt zwar über die Geschichte einer römischen
Organisationsform in der zweiten Hälfte des Reformationsjahrhunderts
, aber er vermittelt durch seine Studie
doch auch tiefe Einblicke in die Papst- und Ordensgeschichte
dieser Zeit, in der sich die Weltkirche, die vom Corpus-Chri-
stianum-Denken her zu leben gewohnt war, neu zu konsolidieren
hatte. Eine ganze Reihe profilierter Kardinäle (Otto
Truchseß von Waldburg, Christoph und Ludwig Madruzzo,
Zacharias Delfino, Johannes Morone, S. 82-93) haben die
Entstehung bzw. die Geschichte der Kongregation stark beeinflußt
. Das Kräftespiel zwischen den Inhabern des Stuhles
Petri und den Kardinälen wird in den einzelnen Abschnitten
des Buches betont thematisiert. Die Rolle der Jesuiten, besonders
von Petrus Canisius, die Kämpfe um die Freigabe
von Laienkelch und Priesterehe, die Auseinandersetzungen
um die Publizierung der Dekrete des Tridentinums, die Organisierung
der Konsolidierungselemente für den Katholizismus
in Deutschland in Gestalt von Kardinalsdeputationen
werden im Vorfeld der Gründung der Congregatio Germanica
erörtert.

Der IV. Abschnitt der Studie behandelt dann die Gründungsgeschichte
selbst unter der Kirchenpolitik Papst Gregors
XIII. (1572-1585). Krasenbrink beschreibt auf Grund
der vorerwähnten Protokolle die Kompetenz der Kongregation
auf folgende Weise: Sic „war befugt, Entscheidungen zu
fällen und den Nuntien Anweisungen zu geben, sie zu loben
oder zu tadeln. Die Kardinäle berieten nicht nur über