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Ausgabe:

1974

Spalte:

829-833

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

Gnosis und Neues Testament 1974

Rezensent:

Wilson, Robert McL.

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Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 11

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trag abgedruckt ist. Nach einem einleitenden Abschnitt
L „Jesus als Zeuge Gottes", in dem der Vf. seinen Ausgangspunkt
verdeutlicht (Jesu „Einmaligkeit" und die
„Grundüberzeugungen seiner Gestalt" können nur von
seinem Gottesverhältnis und seinem Gotteszeugnis her
richtig verstanden werden fS. 10]), ist der größere Teil
des Heftes (S. 12-38) der historischen Fragestellung gewidmet
. Er ist unterteilt in die Abschnitte II. „Die Voraussetzungen
" (der „Gottesglaube Israels und des jüdischen
Volkes der ausgehenden hellenistischen Zeit"
TS. 12]), III. „Jesu Wort von Gott" (der „Gottesbegriff
Jesu" [S. 16 u. ö.] und die sich daraus ergebende Verkündigung
vom Reich Gottes) und IV. „Jesu Verhalten vor
Gott" („Einheit von Verkündigung und eigener Lebens-
verwirklichung" [S. 27]). Ein letzter Abschnitt V. „Jesu
I-eben für Gott" (S. 39-46) stellt schließlich die Frage:
Wer ist Jesus?, die erläutert wird mit: „Hat Jesu Gottesglaube
auch uns Entscheidendes zu sagen?" (S. 39). Es
geht darum, „Gott so tief zu denken", wie es aus Jesu
Zeugnis, Wirken und Geschick erkennbar wird (S. 40).
Vor einer Antwort werden zunächst die „Strukturen seines
(= Jesu) Selbstverständnisses" (S. 40) beschrieben:
Jesu autoritatives Ego, seine Anrede Gottes als Vater
und sein Anspruch, der Menschensohn zu sein, werden
hervorgehoben, dann mit dem Kreuzestod konfrontiert
und verbunden. Die Antwort auf die gestellte Frage lautet
: Jesus ist „der Zeuge und der Garant Gottes" (S. 46).

Die Calwer Hefte haben es sich zur Aufgabe gestellt,
eine Brücke zwischen theologischer Forschung und den
Gemeinden zu schlagen. So wird man auch von diesem
Heft nicht so sehr neue Forschungsergebnisse erwarten,
als vielmehr eine Übermittlung der heute in der Theologie
verhandelten Fragen und Ergebnisse. Bei Anlegen
dieses Maßstabes kann man aber Bedenken nicht verhehlen
, selbst dort nicht, wo man die Ausgangsbasis des Vf.s
teilt. Gerade in einem solchen Heft sollte man nicht davon
reden, daß Jesus als der älteste Sohn ..in seiner
Glaubenshaltung etwas von der Reife, der Überlegenheit
und der inneren Abgeklärtheit des Erstgeborenen"
ausstrahlt (S. 14) oder daß Jesus durch seinen Verweis
auf das Tagesgebet Israels Mk 12.23 ff. das Gesetz „gegen
alle juristische Künstelei und unverbindliche Gewohnheit
vereinfacht, verinnerlicht, vertieft und verschärft
hat" (S. 17) (wie man überhaupt ein Unbehagen spürt,
wenn der Gotteserfahrung Israels und des hebräischen
Menschen so einfach der „lebensfremde Buchstaben-
Rlaube" des Judentums „mit seinem tödlichen religiösen
Formalismus" [S. 17] gegenübergestellt wird). Wenn
Weiter Mt 9,13a als Beweis dafür herhalten muß, daß
Jesus das „kultische Zeremoniell" abgelehnt hat, „soweit
es als Freibrief für religiösen Leerlauf benutzt
Werden konnte", und für eine „tiefere Weise der Gottes-
verehrung" eingetreten ist (S. 31), oder betont wird, daß
Jesus sich in der Naherwartung der Basileia nicht geduscht
habe, well ja „die Offenbarung Gottes in der Tat
Jesus und seinem Geschick geschehen ist" (S. 21), so
Wird man zumindest sagen müssen, daß der Vf. es sich
Zu leicht gemacht hat. Die Beispiele lassen sich vermehren
. Gerade bei einem so zentralen Thema und bei dem
gewählten Rahmen für die Veröffentlichung wird man
'ese Einwände hervorheben müssen.
Heidelberg Gert Jeremias

•"•"ÖRcr, Karl-Wolfgang [Hrsg.]: Gnosis und Neues Tcsta-
mcnt. Studien aus Religionswissenschaft und Theologe
. Berlin: Evang. Verlagsanstalt, u. Gütersloh: Gütersloher
Verlagshaus Gerd Mohn [1973], 436S.gr. 8".

This book is intended to provide „dem Forscher Infor-
' ,ationcn über neue Forschungsergebnisse, dem Studieenden
eine Einleitung In die Probleme der Gnosis und
er gnostischen Elemente Im Neuen Testament und dem

praktizierenden Theologen das Rüstzeug für eine Exegese
jener neutestamentlichen Texte, die ohne Kenntnis
der gnostischen Religion nicht in aktuelle Verkündigung
umgesetzt werden können". With the discovery and pub-
lication (still in progress) of the Nag Hammadi gnostic
library, research into the character and origins of the
gnostic movement, and with it investigation of the re-
lation between Gnosis and the New Testament, has entered
into a new era. „Die völlige neue Quellenlage zwingt
zum Neudurchdenken des ganzen Phänomens Gnosis"
(P-14).

Part I, under the general head of „Gnosis", presents
first of all an introduetion to the Nag Hammadi Library
by the Berliner Arbeitskreis für koptlsch-gnostische
Schriften. This includes a summary of the contents of
each of the texts accessible to the group at the time of
writing (1971), with a brief bibliography for those which
have already been the subject of books or articles.
Menard's „Evangilede Vente" (Leiden 1972) probably ap-
peared too late for inclusion even In the Korrekturnachträge
, but there is no mention of Bullard's „Hypostasis of
the Archons" (Berlin 1970). Nor, surprisingly, Is there any
reference to the second volume of Foerster's „Gnosis"
(Zürich and Stuttgart, 1971), which contains translations
of eight of these texts — although it is mentioned in the
section on Mandeism (p. 139 n, 100). It might also have
been useful to note that Scholer's „Bibliography" is being
supplemented annually in Novum Testamentum. The
prayer from the Hermetic Asclepius (p. 55) has recently
been the subject of an article in Zeitschr. f. Papyrologie
u. Epigraphik 13, 1974, 40 ff., while the treatlse on the
Ogdoad and Ennead (p. 53) has been discussed in Rev.
Sc. Rel. 48, 1974, 54 ff.

The authors have in the main presented their own
view of the documents without detailed discusslon of
possible alternatives; reasonably enough, since such dis-
cussion would have unduly enlarged this section. Thus
Eugnostus is considered secondary to the Sophia Jesu
Christi (Krause's opposing view is noted in the bibliography
). The Apocalypse of Adam is „vielleicht ein Beispiel
für die Phase der Gnosis, in der der Manichäismus
schon bestehende Systeme überlagerte" (contrast Böhlig
nnd Mac Rae). The tractate Nebront is not a witness to
a pre-Christian Gnosis, but „ein philosophisches' Spätprodukt
" which presupposes the myth of the fall and
redemption of Sophia. Probably the most important text
for New Testament study Is the Gospel of Thomas, but
this from a form-critical polnt of view and not for any
quest for ipsissima verba of the historical Jesus (here
one must note the complete absence of reference to the
numerous works of Quispel on this document).

Mention should also be made of „einige wichtigen
Teilerkenntnisse" (p. 16):

1. The Christian dement is in most cases secondary,
whereas the Jewish „zur Voraussetzung gehört".

2 „In keinem System fehlt eine Erlösergestalt" - only
this should not be limited to an earthly figure. This is
the theme of an extended study in Part II by H. M.
Schenke, who writes „daß es die Gnosis ohne Erlöser-
Vorstellung nie gegeben hat" (p. 208).

3. The texts on the whole confirm the Gewissenhaftigkeit
Of the Church Fathers (with reservations regarding
Epiphanius); but the gnostics were ascetic rather than
libertinarian, and allegations to the contrary must be
viewed with some seeptism.

4. A completely new llght is shed on piactical gnostic
piety - the sacraments, the influence of the mysteiy re-
ligions or of magic, and so on. Gnosis was not merely a
matter of speculative doctrlne.

5. The extent to which apocalyptic is integrated into
Gnosis ls at least surprlslng, nor does it appear that the
apocalyptic elements belong to a secondary stage in the