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Ausgabe:

1974

Spalte:

824-825

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Klappert, Bertold

Titel/Untertitel:

Die Eschatologie des Hebräerbriefs 1974

Rezensent:

Hegermann, Harald

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023

Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 11

824

NEUES TESTAMENT

Lohse, Eduard: Die Entstehung des Neuen Testaments.

Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz: Kohlhammer [1972].
159S. gr. 8" = Theologische Wissenschaft. Sammelwerk
für Studium und Beruf, hrsg. v. C. Andresen, W. Jetter,
W. Jocst, O. Kaiser, E. Lohse, 4. Kart. DM 17,-.

Dieses Buch eröffnet die neue Reihe „Theologische
Wissenschaft" des Kohlhammer-Verlags. Darüber hinaus
repräsentiert es eine bislang im deutschsprachigen Raum
unterrepräsentierte literarische Gattung, der, wie zu vermuten
steht, in Zukunft wachsende Bedeutung zukommen
wird: es ist ein nach didaktischen Gesichtspunkten
konzipiertes theologisches Lehrbuch. Wer im theologischen
Lehrbetrieb steht, kennt den tiefgreifenden Wandel
der Situation: er hat mit Studenten zu tun, die den
komplexen Fragestellungen der historischen Fächer in
zunehmendem Maße fremd gegenüberstehen und die im
Umgang mit der wissenschaftlichen Spezialliteratur hilflos
sind. Hier können, neben neu konzipierten Lehrveranstaltungen
, nur Lehrbücher weiterhelfen, die dem
Anfänger geduldig entgegenkommen, indem sie schwierige
Zusammenhänge durchsichtig machen und die Ergebnisse
der Fachdiskussion gleichsam heruntertransponieren
.

Seiner Anlage nach hält sich Lohses Buch an den traditionellen
Fächerkanon, indem es sich auf den Themenkreis
der Einleitung in das NT beschränkt und weitgehend
der in dieser Disziplin üblichen Stoffanordnung
folgt. Das. worin es sich primär von den bekannten Einleitungen
in das NT unterscheidet, ist die eindeutige Prävalenz
des Didaktischen.

Am Anfang steht ein kurzer Abriß der Kanonsgeschichte
(A.) An ihn schließt sich eine nach verschiedenen
literarischen Gruppen aufgegliederte Darstellung der
neutestamentlichen Schriften an. Lohse geht hier, wie
schon W. Marxsen in seiner Einleitung, chronologisch vor.
durchbricht jedoch dieses Prinzip, wo sachliche Zusammenhänge
es erforderlich machen. So läßt er der Darstellung
der authentischen Paulusbriefe unmittelbar die
Dcuteropaulinen folgen, während die schwerlich später
als sie entstandenen übrigen Briefe des NT erst nach den
Evangelien behandelt werden. Diese kleine Inkonsequenz
wird man im Interesse der so erzielten Geschlossenheit
der Darstellung gern in Kauf nehmen. Sehr zu begrüßen
ist, daß Lohse auch den Bereich der Form- und Uberlieferungsgeschichte
mit einbezieht, weil nur so ein wirklich
stringentes Bild der Entwicklung der urchristlichen
Literatur zustande kommen kann. Hier erhebt sich allerdings
die Frage nach dem Sinn der Aufteilung dieses Bereichs
in zwei weit auseinanderliegendc Kapitel: Zu Anfang
, vor den Paulusbriefen, werden „Formen und Gattungen
urchristlicher Verkündigung und Lehre" behandelt
(B. I), während die „Formen und Gattungen der
mündlich überlieferten Jesustradition" (B. V) erst als
Auftakt zur Darstellung der synoptischen Evangelien
erscheinen. Man kann aber z. B. m. E. die Formen par-
änetischer Überlieferung nicht angemessen behandeln,
ohne die Bedeutung von Jesusworten für die Paränese
mit zu bedenken, und ebensowenig läßt sich die urchrist
liehe Bekenntnisbindung wohl unter Ausklammerung
ihrer Beziehung zur Jesustradition verstehen.

Daß die einzelnen Abschnitte nach einem festen Schema
angelegt sind, kommt der didaktischen Durchsichtigkeit
sehr zugute. Voran stehen jeweils knappe Literaturangaben
(mindestens 2 und höchstens 20 Titel!). Es folgen
kurze Inhaltsangaben, Erörterung von Spczialpro-
blcmen, Entstchungsverhältnisse, Verfasserfrage, Ort
und Zeit der Abfassung. Die Auseinandersetzung mit der
Sekundärliteratur ist auf das Maß des didaktisch Vertretbaren
eingeschränkt. Im fortlaufenden Text kommen
, neben den klassischen Positionen nur „grundlegende
Untersuchungen" sowie „markante Gegenpositionen
" zu Wort. Breiteren Raum findet lediglich „die
neueste Diskussion, die noch nicht Eingang in andere
Lehrbücher gefunden hat" (S. 7). Zu knapp und nicht
ganz konsequent scheinen mir lediglich die Hinweise auf
Kommentare ausgefallen zu sein. Lohse nennt im allgemeinen
zu jedem ntl. Buch nur einen einzigen Kommentar
, wobei leichte Zugänglichkeit und Modernität die leitenden
Gesichtspunkte gewesen zu sein dürften. Ganz
ohne Kommentarverweise bleiben 1/2 Thess, Mt, Lk und
2 Petr, während zu den Pastoralbriefen überraschenderweise
der für heutige Studenten relativ weit abliegende
Kommentar von C. Spiq genannt wird. Griechische Texte
werden nur da herangezogen, wo sie zum Verständnis
v/irklich nötig sind, z. B. für die Ilus'ration johanne-
ischer Stileigentümlichkeiten (S. 105ff.), einzelne Begriffe
werden nach Möglichkeit mit Übersetzung versehen. Auf
sonstige fremdsprachige Zitate ist völlig verzichtet worden
.

Dies ist ein Buch, das einen wichtigen Sektor der neu-
testamentlichen Wissenschaft zuverlässig und informativ
darstellt. Gerade in seinem völligen Verzicht auf posi-
tionellen Ehrgeiz verweist er den Leser konsequent auf
die Sache des Neuen Testaments selbst.

Erlangen Jürgen RolofT

Klappert, Berthold: Die Eschatologic des Hebräerbriefs.

München: Kaiser [1969]. 61 S. ■" Theologische Existenz
heute, hrsg. v. K. G. Steck und G. Eichholz, 156.

Das Interesse am Hebräerbrief nimmt zur Zeit auffallend
zu. Die vorliegende Studie, deren Besprechung
unglücklicherweise stark verzögert wurde, stellt einen
bei aller Kürze gewichtigen Beitrag zu den Diskussionen
um Hebr. dar. Die von K. aus eindringender Literaturkenntnis
heraus erarbeitete, ständig exegetisch kontrollierte
These läßt sich in großen Zügen so zusammenfassen
: 1. Das im Christusgeschehen ergehende Wort Gottes
ist „eschatologisches Verheißungswort'' (13). Die in
Hebr so stark herausgestellten Heilsperfekta fungieren
als Begründung und Verbürgung dieser Verheißung. Was
einerseits selbst Erfüllung voraufgehender Verheißung
ist — die in Jercm. 31 verheißene Sündenvergebung, die
in Ps 110,1.4 verheißene Inthronisation des priesterlichen
Kosmokrators sind ja jetzt erfüllt —, wird selbst zu neuer,
unverbrüchlich begründeter Verheißung, nämlich der
Vollendung des Menschen und der kommenden Welt. —
2. Die räumlich-vertikalen, alexandrinisch-dualistischen
Traditionen und Vorstellungen des Vf.s dienen diesem
Verheißungswort. Sie begründen es (indem sie Jesu
Selbstopfer als urbildlich-himmlisches Geschehen mit
unbedingter Geltung und kosmischer Relevanz ausstatten
) und radikalisiercn es zugleich (das Heil kann nur
das Himmlich-Absolute selbst sein, steht also aus, ist
also mit letzter Hingabe zu erwarten). — 3. Hebr ist in
seiner Hohepriester-Christologie aus apokalyptischer
Tradition zu verstehen; sein Heilsentwurf ist eine urchristlich
-hellenistische Neufassung der Apokalyptik. Die
Versöhnung ist schon geschehen, aber das Heil (die so-
teria) steht noch aus.

K. vollzieht intensiv Dialog, und er provoziert ihn! Ei'
ficht einen eindrucksvollen Kampf in immer neuen Richtungen
. Es ist ein sehr lehrreicher Kampf, auch wenn
ein voller Sieg nicht erlangt wird. Es gelingt nicht, die
machtvollen Heilsperfekta des Hbr in die ihnen von K-
zugedachte, dienende Rolle zu fügen. Es ist wahr, das
ganze Christusheil ist nach Hebr ..Einführung einer besseren
Hoffnung". Aber Hebr kennzeichnet diese Hoffnung
zugleich als eine solche. ..durch welche wir (jetzt!)
Gott nahen" (Hebr 7,19). Es ist die gewisse Hoffnung
auf das in Jesus inthronisierte Erbarmen Gottes mit uns