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Ausgabe:

1974

Spalte:

820-821

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Vriezen, Theodoor C.

Titel/Untertitel:

De literatuur van Oud-Israël 1974

Rezensent:

Kaiser, Otto

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Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 11

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und Krug ' (S. 47-56) zunächst ausführlich „Fundorte
und Fundumstände" (S. 57-102) behandelt werden. Daran
schließen sich weitere Abschnitte über „Datierung"
(S. 103-117), „Bisherige Deutungen" (S. 118-142) sowie
„Krongut und Militärpolitik" (S. 143-174) an; vier Anhänge
mit statistischer Erfassung der einzelnen Typen
und ein Bibelstellen-Register beschließen die Untersuchung
(S. 175-198).

Hauptergebnis des 1. Abschnitts der Studie ist gegen
D. Diringer, PEQ 1941 S. 91-101, die Feststellung, daß
bei den Königsstempeln nur zwei Typengruppen zu unterscheiden
sind: Typus I = viertlügliger Skarabäus und
Typus II = Flügelsonne. Beide Typen können dann jedoch
noch in jeweils eine ausgeführte Unterabteilung A
und eine umrißhafte Unterabteilung B unterteilt werden.
In Abschnitt 4 der Arbeit werden diese Typen danach
zeitlich genauer fixiert: Für die Stempel des Typus I
wird eine Datierung gegen Ende des 8. Jh.s v. Chr. (für
Typus I A in die Zeit vor 700 v. Chr., für Typus I B um
700v.Chr.) vorgeschlagen, während die Stempel des
Typus II in den letzten Jahrzehnten des 7. Jh.s und am
Anfang des 6. Jh.s v.Chr. angesetzt werden. Da sich die
Stempel des Typus I vorwiegend in der Schephela fanden
, die des Typus II hingegen vor allem im Norden Judas
, wird daraus die Folgerung abgeleitet, daß das Hügelland
besonders in der Zeit des Königs Hiskia, die Nordgebiete
dagegen in der Zeit König Josias eine besondere
militärpolitische Bedeutung gehabt haben.

Dabei gilt es dem Vf., der opinio communis entsprechend
, als ausgemacht, daß die die sog. Königsstempel
tragenden Krüge für die Versorgung von Festungen mit
öl und Wein aus den königlichen Krongütern Verwendung
fanden; diese Güter lagen in der Flur von Hebron,
Ziph, Socho und Mmät.

Welche judäische Ortschaft aber verbirgt sich hinter
der Bezeichnung Mmst? Dieser schon oft erörterten Frage
hat der Vf. einen ausführlichen Exkurs gewidmet —
ebenso wie dem Problem der Lage von Gath. W. kommt
zu dem Ergebnis, daß es sich bei Mmst gewiß um einen
Ortsnamen handelte und dieser Ort wahrscheinlich in der
Gegend von Beth-Semes und Ajalon lag. Hinsichtlich
der Lokalisierung von Gath neigt er hingegen zu der
schon mehrfach vorgeschlagenen Identifizierung mit teil
seh ahmed el-'arcni, während teil es-sjifi dann — m. E.
nicht überzeugend — mit Libna gleichgesetzt wird.

Die Hauptthesen der Arbeit wie ihre Beweisführung
sind wohl abgewogen und umfassend mit Literatur belegt
. Dennoch darf nicht übersehen werden, daß die vom
Vf. vorgeschlagenen Datierungen der Königssiegel keineswegs
die Möglichkeit ausschließen, daß Vorformcn
der beiden Typen auch bereits vor Hiskia für königliche
Siegel Verwendung fanden. Der von A. D. Tushingham,
BASOR 200, 1970 S. 71-78 als Königssiegel des Nordreiches
Israel gedeutete und dem 9. Jh. v. Chr. zugewiesene
Chalcedon mag dafür nur ein Beispiel sein. Und
ebenso legt ja auch das Prinzip, die Festungen des Landes
durch bestimmte Krongüter mit Naturalien versorgen
zu lassen, die Annahme nahe, daß ein solches Versorgungssystem
bereits länger, vielleicht schon seit der
systematischen Anlage von Festungen unter Rehabeam
(vgl. 2 Chr ll,5b-10a), bestanden haben dürfte.

Die in der VR Ungarn gedruckte Arbeit, die Dissertation
des Vf.s, eröffnet die Reihe der „Abhandlungen
des Deutschen Palfistinavereins", mit denen neben der
bereits seit 1878 erscheinenden ZDPV eine sehr zu begrüßende
Publikationsmöglichkeit für umfangreichere
Arbeiten zur Palästinakunde geschaffen wurde; möge
die Qualität dieser Untersuchung ein gutes Omen für
/ahlreiche weitere wertvolle Arbeiten aus dieser neuen
Reihe von Monographien sein.

Rostock KUtn-Dletrtch Schunde

Vriezen, Th. C, Dr., and A. S. van der Woude, Dr.: De
Literatuur van Oud-Israel. 4. Aufl. Wassenaar: Servlre
[1973]. 446 S. 8°.

Mit der vierten, gänzlich revidierten und bedeutend
vermehrten Auflage seiner früheren „Oud-Israelitischen
Geschriften" hat der Groninger Altmeister ein Buch vorgelegt
, das sich vorzüglich zur Einführung in die Grundprobleme
und Hauptergebnisse der literarischen Erforschung
des Alten Testaments eignet. Als Studentenbuch
gedacht, wird es angesichts seiner besonderen Berücksichtigung
des niederländischen Forschungsbeitrages und
des Uberblicks seiner Verfasser auch der Fachgenosse
gern zu Rate ziehen, um sich angesichts mancher hier
vertretener, die breiten Bahnen verlassender Hypothesen
in der Sicherheit ihm lieb gewordener Lösungsver-
suche in Frage stellen zu lassen. — Ohne sich in Einzelheiten
zu verlieren, skizziert Vriezen zunächst unter Berücksichtigung
der Schriftfunde aus der alttestamentli-
chen Zeit in Palästina die Quellenlagc (S. 11-17), um
dann ebenso kenntnisreich wie prägnant den Zusammenhang
zwischen der altisraelitischen und der altorienlali-
schen Literatur (S. 18-26) und das Problem von Verfasser
und Verfasserschaft im semitischen Altertum und in Israel
darzustellen (S. 27-33) und so einen von traditionellen
Vorstellungen ausgehenden Leser behutsam und
überzeugend auf die Fragestellungen der alttestament-
lichen Einleitungswissenschaft vorzubereiten. Ein weiteres
, mit „Datierung" überschriebenes Kapitel (S. 34-42)
führt an die konkrete Aufgabe heran, indem es die Kriterien
für die zeitliche Ansetzung bespricht und zugleich
eine allgemeine Ubersicht über die Epochen der israelitischen
Literatur, zumal am Beispiel der Geschichtsschreibung
, gibt. Nachdem der Leser in vier weiteren
Kapiteln über die Probleme der Gattungsforschung, des
Kanons und der Textüberlieferung unterrichtet worden
ist (S. 43-106), wird er in die Geschichte und überaus abgewogen
in die Methoden der modernen Bibelforschung
eingeführt (S. 107-140), wobei auch der literar-ästheti-
schen der ihr gebührende Platz angewiesen wird, vgl.
S. 136.

Der Stoff der „speziellen Einleitung" wird dann in
fünf Kapiteln dargeboten, die erst den vier Teilen des
hebräischen Kanons, dem Pentateuch (S. 147-155), den
Frühen Propheten (S. 196-217), den Späten Propheten
(S. 218-261) und den Schriften (S. 262-306), und dann -
aus der Feder des auf diesem Gebiet besonders ausgewiesenen
Schülers und Nachfolgers van der Woude — den
Apokryphen, Pseudepigraphen und Schriftrollen vom
Toten Meer (S. 307-380) gewidmet sind. Van der Woude
bezieht dabei dankenswerterweise auch die Elephantine-
Papyri und die Samaritanischen Papyri von Daliyeh mit
in die Darstellung ein. Innerhalb dieser Kapitel wird
Buch um Buch behandelt und dabei, soweit es nötig ist,
eine Erörterung des Namens und der Stellung im Kanon
oder eine einprägsame Charakterisierung, der Inhaltsangabe
und der ihr folgenden, maßvollen Diskussion der
analytischen Probleme vorangestellt. Wenn man die hier
obwaltende Grundtendenz als im ganzen und zumal bei
der Besprechung der Prophetenbücher literai kritisch relativ
konservativ kennzeichnet und hinzufügt, daß sich
die Verfasser hier auch aus pädagogischen Gründen sehr
zurückhalten, dürfte man diesen Teil des Werkes wohl
angemessen charakterisieren. Anzumerken, wo immer
der Rezensent eine andere Meinung als die Vf.s vertritt,
kann nicht die Aufgabe der Besprechung eines solchen
Werkes sein. Statt dessen sei auf die Antwort hingewiesen
, die Vriezen für das Problem des Werdens des Pen-
tateuchs und das der Abgrenzung des Deuteronomisti-
schen Geschichtswerkes gefunden hat, weil sie mindestens
in ihrem methodischen Ansatz im Rahmen der offensichtlich
wieder in Bewegung kommenden Diskussion
im Gedächtnis bleiben sollte. Unter Festhalten an den