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Ausgabe:

1974

Spalte:

785-788

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Schmalenberg, Erich

Titel/Untertitel:

Das Todesverständnis bei Simone de Beauvoir 1974

Rezensent:

Urner, Hans

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Theologische Literalurzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 10

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schichllichen Suche aller Menschen Dach Glück". Als Arbeits- Barl Ii zu dieser Auffassung des biologischen Todes nur von

hypothese formuliert: „Die göttliche 1 leilsoffenbarung naeh seiner Christologic herkommt, nicht von einer sog. „Schüp-

der Interpretation einer universalen Ileils/.usage und unler fungstheologie", bedarf wohl keiner Hervorhebung,
der Voraussetzung, daß das Heil sieh nicht ohne menschliche Wo aber sind denn die Christen, die ihren Tod „als Wohl-

Verantwortung ereignet, erschließt die Prädestination nicht verdientes Gericht" (S. 136) annehmen, wie Schmalenberg,

endgültig, sondern im Sinne einer in der Hoffnung zu- in diesem Punkt sogar ausdrücklich gegen Althaus (S. 17—

gesagten Möglichkeit für alle mit dem Vorbehalt, daß die 18), zum Schluß sagt? Die Anfechtung bis in das Sterben

letzte Tat (Gottes) einer solchen Zutage für alle offenbleibt" hinein ist es gerade, die mir nls Christen die „Solidarität

(13). Gerade die Mission — nämlich die Situation des Vf.s im mit dem Gottlosen" aufdeckt (Heinrich Vogel in: Monats-

afrikanischci, Heimatland - hat den allgemeinen Heilswillen schrift für Pustorultheologie 17, 1931, 326-332). Wenn ich

Gottes zum Grundsatz. Nur „von der universalen Hoffnung recht sehe, fehlt der Begriff der Anfechtung in Schmalen-

nuf diesen Heilfwillen aus kann man die Missionstätigkeit bergs Rechtfertigungstheologie nicht (als „Anfechtung des

der Kirche glaubwürdig legitimieren" (293). Deus absconditus" z. 13. S. 23), wohl aber jeder Gedanke

5. Anfragen von katholischer Seite aus hat bereits K. an diese „Solidarität". Könnte das damit zusammenhängen,

Rahner im Begleitwort formuliert (XII1-XVI), Anfragen daß Schmalenberg weder eine philosophische nocli eine

beilich, die dieses Buch gerade dem protestantischen Leser theologische Anthropologie - und sei sie so konsequent aus

schmackhaft machen. Sicherlich bleiben dem heutigen der Christologie entwickelt wie bei Karl Barth - in den

Protestanten (und auch manchem Katholiken) die subtilen Blick bekommt, weil sein theologisches Denken im Umkreis

Dogmatismen (etwa der unulysis fidei oder der Gnadenlehre) der Sotcriologie bleibt? So aber kann er vom Menschen

«nehr denn je Spekulation. Aber das Anliegen dieser Arbeit: nichts anderes sagen, nls daß er „Sünder" ist (S. 149). Dabei

die Situation des Christen in der europäisch-nachchristlichen hätte etwa die gründliche theologiegeschichtliche I"ter-

Oder afrikanisch-heidnischen Welt als Solidoritätsgcmcin- pretation des Satzes „Ohne Christus wäre ich Atheist"

»ehalt mit allen Menschen gerade theologisch zu legitimieren- (Johannes Gottschick) durch Heinrich Benckert (Theo-

dicses leider nicht auch im Seitenblick auf protestantisches logische Bagatellen [1970], S. 132-144, Wiederabdruck aus:

Tbcologisicren traktierte Anliegen dürfte derzeit auch in Evangelische Theologie 18, 1958) zeigen können, wie es

unseren volkskirchlichen Breitengraden wieder hoch aktuell gerade von lutherischer Rechtfertigungstheologie aus zur

sein (vgl. noch H. Ott u. a., Die Antwort des Glaubens, „Solidarität mit dem Gottlosen" kommen kann.
Stuttgart 1972, Art. 12, 20, 30). Gern will ich noch einmal unterstreichen, daß Schmalcn-

c. , „ , hcre in den referierenden Partien seiner Untersuchung den

htni I. Hrlilmra Uwe Gerber e ■ . ,

B Werken von Simone de Beauvoir alle dem Theologen nur

mögliche Gerechtigkeit widerfahren läßt. Er nimmt Rück-
sicht auf die „drei Lebens- und Schaffensperioden" der

Schmalenberg, Erich: Das Todesverständnis bei Simone de Schriftstellerin (S. 24) und entwickelt daraus seine Glie-

Beauvoir. Eine theologische Untersuchung. Berlin, New- derung (Tod durch Sein S. 27-72, Tod durch andere S. 73-

York: de Gruyter 1972. VIII, 143 S. 8° = Theologische 100i Tod durch Schicksalsmacht S. 101-137), unterschlägt

Bibliothek Topelmann, hrsg. v. K. Aland, K. G. Kuhn, dabei aber doch wohl das starke sozialkritische Element und

C. H. Ratschow u. E. Schlink, 25. Lw. DM 42, — . den Marxismus, wenn er beide erst in dem „Essay" über

Wenn ein Theologe seiner Dissertation (Münster 1971) über „Das Alter" (deutsch 1972) nicht mehr ganz übersehen

dna Todesverstämlnis einer atheistischen Schriftstellerin den kann und dann allzu schnell damit fertig wird, obwohl er

Untertitel „Eine theologische Untersuchung" gibt, so will er dabei auch .las „Verdienst der Autorin, auf die Vcrflochten-

d°eh wohl damit dem Leser von vornherein eÜMB slrikten heil der Probleme des alten Menschen und der Gesellschaft

'''"«eis, vielleicht gar eine Warnung mitgeben, etwa in dem aufmerksam gemacht zu haben", nicht schmälern will

f,n"e: „Erwartet von mir keine philosophische Abhandlung, (S. 125-126). Das wäre zu wenig, wenn Schmalenberg nicht

k('"" litcraturwissenschaftliche Studie, vor allem nicht das darauf verweisen könnte, daß diese Probleme in der tat nur

■Mittgate Sicheinlassen auf den Atheismus, wie er bei am Rande sein eigentliches Thema berühren.
!"'"" ho. anderen „Theologen", mit denen ich nichts zu tun Nicht ganz übergangen werden darf aber auch eine andere

''»bei, will, zu finden ist!". Der Rezensent bat sich wenigstens Randbemerkung von Schmalenberg, in der (mit H. lvuiin

««»ch den Untertitel in dieser Weise anreden und warnen Begegnung mit dem Nichts 1950) gefragt wird, „ob mein

"M*'n und war bei der Lektüre gelegentlich geneigt, eine Faschismus und Existentialismus einem ge*»g°**m"'

J<'9Preehung abzulehnen, weil ihm die Kompetenz dafür Mutterboden entwachsen sind,dem Nihilismus (S.^8.»). Wiese
fehlt. Dem, de, Untertitel sohle noch deutliche! und präziser Frage halte ich denn doch für eine gefährliche Ablenkung

"'''"e dogmatische Untersuchung" heißen. Nun ist der von der unleugbaren Tatsache, daß der Faschismus Minen

"H'ilf ..dogmatisch" - schon im Gedanken an Karl Barths Mutterboden im Rassismus und im Nationalismus hat, mag

'''"'Ptwerk - für den Rezensenten nicht lediglich ein man sich noch so sehr um eine Einordnung in die t.cis es-

bch'nipfwo, t. Wie der Autor sieh redlich gemüht hat, die ges, Lichte bemühen. Nietzsche, an den man h,er deiiKen

"U,<'istisehe Schriftstellerin zu verstehen, war ich als Leser könnte, war kein Nihilist, sondern verstand sich alsMUi -
^1-aus beeil, Mli,.h auf seinen systematiseh-theoh.gisehen winder des Nihilismus, und der Existentialismus hat e s s-

zu stell,-,,. Besonders in den Abschnitten der Ein- geschichtlich seine stärksten Wurzeln ,m ,
'"'"•'"'g ..Zur Ih. ologia mortis" (S. 9-18) und „Zur Apolo- gaards. An den politischen „Nihilismus im R«»
8**" (S. 18-23) wird dieser Boden mit sehr überlegter 19. Jahrhunderts kann schon gar nicht gedacht

f"8,i"........g und Ablehnung gegenüber Barth, Tillich u. a. Um von Randbemerkungen auf den Kern . er l

''*;""'«•• .....I. seheint mir bei allem klugen Abwägen bis hin Buchung zurückzukommen, die eine systemaUS >

JG- Schunack, Das hermeneu, ische Problem des Todes getische sein will, muß ich leider bekennen, daß de a
PI - «"er Autor sich doch dem dogmatischen Denke,, von eindruck mich allzustark an die Art tl.eolog.s 1» ü Ü«*W!
'i;.'"1 A"l.a„s am nächsten zu wissen (S. 17-obwohl er nur erinnerl. der Bonhoeffer vorwarf, s«e mache Gott
''.Mc" gegen Thiclicke gerichteten Aufsatz: Der Mensch und „Lückenbüßer". »„„..u ,1,« Unter-

1,1 Tod. In- Iniversi.as 3 1948 und: Die letzten Dinge Doch ich habe mich allzulange vom Aspekt det U nt r

i» miert) D. hatte ich denn doch für einen Rück- titel, leite.....ssen. Bei aller ^^^^

'-sonders hinter Karl Barth, dessen Gedanke, zum liehen Sorgfalt der Methode mußte ^ ""V ' ^JJJJta

„"'■-I"'..hl,,„ Schmalenberg in die «reifende P«.....I zu- von einem Rückschritt auf dcm WegeJ"™™£ ™

r '"""•"fußt: der eigentliche Sinn des Todes „kl nicht das 20. Jahrhundert sprechen. Dal gilt Odererst

Gcr,C,'t. N»ndeTdMn«S . den Schöpfer" (S. 15). Daß nun bedenken, daß der Verfasser das re.che Romanschaffen