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Ausgabe:

1974

Spalte:

775

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Hus, Jan

Titel/Untertitel:

The letters of John Hus 1974

Rezensent:

Molnár, Amedeo

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Seite 1

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775

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1974 Nr. 10

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Spinka, Matthew: The Letters of John Ulis, translated from schung über die Entwicklung des herkömmlichen Simonic-
the Latin and the Czech. Manchester: Manchester Uni- Verständnisses Stellung nimmt, stellt überzeugend heraus,
versily Press; Totowa, N. 3.1 USA: Rowinan and Littlc- daß Wyclif statt der studiosa voluntas lieber von der inor-
ficld [1972]. IX, 233 S. 8°. Lw. .£ 3,60. dinata volicio sprach. Demnach liegt die Simonie weniger im
Die vorzügliche englische Übersetzung der lateinischen und äußeren Akt des Kaufens und Verkaufens als in der sündtschechischen
Briefe des böhmischen Reformators (1371— haften inordinalio dieser Tat. Indem Wyclif weiter den Akt
1415) ist das letzte Werk des 1972 verstorbenen nord- des Kaufens und Verkaufens als eommutatio bezeichnet,
amerikanischen Kirchenhistorikers tschechischen Ursprungs. erweitert er den Simoniebegriff beträchtlich. Dieser meint
Es krönt seine umsichtigen Monographien, mit denen er in dann den Austausch geistlicher Dinge für irdische Güter, der
seinen letzten Lebensjahren zur theologischen Profilierung die von Gott gesetzte Ordnung mißachtet. Letzten Endes
von Ilus beigetragen hat „(John IIus at the Council of folgt daraus die radikale Ablehnung des Kirchenbcsitzrs eben
Constance", New York 1905; „John IIus' Concept of the als Simonie. „Der Begriff der Simonie besteht für ihn
Church", Princeton 1966; „John Hus, a biography", (Wyclif) seinem Wesen nach darin, daß geistliche Dinge aus
Princeton 1968). Die Übersetzung von nicht weniger als dem verwerflichen Streben nach irdischen Gütern heraus
101 Briefen des Jan Hus aus den Jahren 1404 bis 1415 ist nicht ihrer ursprünglichen Ordnung gemäß allein geistlichen
noch durch einige Beilagen ergänzt, von denen seine Appe- Zwecken dienen, sondern in irgendeiner Form zur Er-
lation zu Christus als Schiedsrichter vom 18. Oktober 1412 langung irdischer Güter benutzt werden" (S. 82).
wohl die wichtigste ist. Die Wyclif Forschung wird speziell dadurch bereichert, daß
Als Grundlage diente die kritische Ausgabe der Hus- der Vf. der Frage der Stellung des Simonicbcgiiffes im
Korrespondenz von Vaclav Novotny (Prag 1920), die auch Gesamtwerk Wyclifs nicht ausweicht. Nur eine begrenzte
öfters für die wertvollen Anmerkungen Informationen bei- Zeit beschäftigte Wyclif die Simonieproblematik vorder-
gesteuert hat. Allerdings ging Spinka hier in mehreren gründig, in seinen letzten Arbeiten wurden andere Gegcn-
Fragen eigene Wege, und bereits seine Übersetzungen intcr- stände behandelt. Die prädestinatianischc Ekklesiologic
preticren weniger eindeutige Stellen aus dem Situations- erweist sich nach der Untersuchung von de Boor nicht als
kontext, wie ihn Spinkas eigene Forschungen herausgestellt die einzige Grundlage der kritischen Einstellung Wyclifs
haben. Somit haben wir die bisher vollständigste und beste und scheint seinem Ordnungsgcdankcn untergeordnet. InÜbersetzung
der Hu«-Korrespondenz vor uns. Ihre Bc- wieweit die Einordnung Wyclifs, die Vf., Troeltsch folgend,
deutung als historische Oucllc ersten Ranges wie auch als die mittelalterliche Sektenbewegung einmünden läßt, mit
unmittelbares Zeugnis der frommen Menschlichkeit ihres der Konsequenz einer Verstaatlichung der Kirche in
Urhebers braucht kaum betont zu werden. Einklang zu bringen ist, wird an der Übernahme und
Man könnte vielleicht nur dies bedauern, daß der Über- Weiterentwicklung des wyclifschen Erbes im Lollardentum
setzer nicht in einer Vorrede die Geschichte der Brief- und den hussitischen Kirchen geprüft werden müssen.
Sammlung von Hus wenigstens skizzenhaft zur Darstellung Prag Amcdeo MolnAr
brachte. Der Leser hätte wohl gern etwas darüber gehört,
daß eine erste Sammlung dieser Briefe, rund 60, mit einer
Vorrede Luthers 1537 und von neuem 1558 herausgegeben

wurd.-; daß eine Auswahl dieser Briefe mittels der Mnrtyro- Hndini T,|„cM> Tornmngo. Orazionc conlro I-ilippo Mclon-

*» 'lcf°rma;:?" re'T l,*f W,'k""S, a"Wüht h»» tone. Testo, traduzione e commento a cura di F. Ghizzoni.

(1554 Jean Cresoin, 1550 Ludw. Ilabus, 1503 John box); daß c . . ,. n ,. .. ., n - i • t.- i

v. . " „ . , . ,, „ „ i- Saggio inlrodutlivo di G. Berti. Brescia: I'aideiu Edtlri"

einige dieser Briefe ins Holländische (Adr. Cornchss van [19731 243 S er 8° I irc 3000 —

llacmstade, 1559), Polnische (Cypr. Bazylik, 1567), Deutsche , }' . .' ' „_ ,.„.,.

(J. Crocius, 1617), Französische (E. de Bonnechose, 1846) und „„ l)rr D'!?™n" r°.'nml,s<> R"U™ ^desch. (latinisiert .

Englische (R. M. Pope und II. B. Workman, 1904) übersetzt ll"»ma. Radinus rod.sehus) aus Piaccnza gehört neben

wurden; daß die tschechisch geschriebenen Briefe zum Ordensgenossen Silvester Pr.cr.as Ambrosius Cath^

» u r ivi- _i jcco i l j riniis und 1 bomas de io (.ajetanus zu den bedeutenderen

ersten Mal in .Nürnberg lub.t hernusgel.nuiinen sind usw. ..... „' „ei

AT , c . . , , . , . . ,, it.iheiiisehen literarischen (.egnern der deulseheii Helm'

Ein gutes Namen- und Sachregister erleichtert die Bc- . , , , . , .„

■ fj, ■■ ,. n . t ■ J • r matoren. Bei dem vorliegenden Werk handelt es sien um

nutzung der Übersetzung, die die IJnele in drei Gruppen J_IW1, ° .

r. -i. r> ■ r i •/ •■ in n seine erstmals 1522 in Horn erschienene, dein Papst lladria»

aufteilt: Briefe aus der Zeit vor der Haimling von Hus aus ,„ ' .' i,

>> nrA-i Ii • r .11.1 • ■ i.- •! v I. gewidmete Hede gegen Melanelil hon. Hadim war dauin"

1 rag (141.2), JSriele aus seiner sudbohmisehen Exilszcit _ _B °. B . . ...

(1412-1414) und Briefe aus Konstanz (1414-1415), die Professor an der Kölnischen 1 niveisilät der Sapienza.

am zahlreichsten sind und die menschliche Seite des großen D,e Ld,t,on ,,mfnüt ,lon mtc.nischen lext der Rede «

Dramas unvergeßlich nahebringen. kritischem Apparat) und e.ne italienische Übersetzung (m>

historisch-sachlichem Kommentar), beides besorgt von 1 •

Prag Amedeo Molnar Ghizzoni. Dem Herausgeberlagen fünf gedruckte Kvempln.o

vor, die zwei verschiedenen römischen Ausgaben aus dem
Jahre 1.72'.! angehören. Auf Handschriften konnte er nie''1
zurückgreifen, und so beschränkt sieh der texlkritis»nC

de Boor, Friedrich: Wyclifs Simoniebegriff. Die theo- Apparat im wesentlichen darauf, die schreib- und dni'k'

logischen und kirchenpolitisehcn Grundlagen der Kirchen- technischen Unterschiede der beiden Ausgaben P (Piacef

kritik John Wyclifs. Ilalle/S.: Niemeycr 1970. 184 S. |fao), nach dem in der Sladtbibliothek l'iacen/a hclindli< l",n'

gr. 8" = Arbeiten zur Kirchengeschichte und Religions- lin,i (Vaticano), nach dem der Bibliotecn VaticaM F'

Wissenschaft, hrsg. v. K. Meiern. H. Moritz, 3. Lw. M 30,- hörenden Codex, nachzuweisen. Beispiele: quonara Pi 1"?

Der Simoniebegriff ist ein fester Bestandteil von Wyclifs nam V; herbarum ve P et V: hanc particulam modo «dj

Auflösung des hierarchischen Kirchenbegriffs und der unetam modo disiunetam seribunt (S. 104); iUiCepiitl J

mittelalterlichen sakramentalen Gnadenlehre. Besonders im susenepisti P (S. 110); obiieis P: obijeig V (S. 152).

böhmischen Hiissilentum spielte er eine wichtige Rolle. eindeutige Druckfehler werden durchweg sorgfältig "

Deshalb war es der Mühe wert, der Art und Weise nachzu- Varianten aufgeführt. Man sieht, daß es auch möglich >* '

gehen, wie Wyclif den traditionellen Simoniebegriff der die philologisc he Akribie ad absurdum zu exerziert Di (

Scholastik auflöste, einen neuen Begriff der Simonie auf- Der die italienische Übersetzung begleitende Kommet1'

stellte und für seine Kritik an den Grundlagen des katho- bringt zahlreiche wertvolle und für das Verständnis "

lischcn Kirchenbegriffs benutzte. Die gründliche Arbeit de Textes notwendige historische und UteraturgCichichtB«

Boors, die übrigens eingehend auch zu der neuesten For- Notizen, ist allerdings nicht auf dem Stand der modern