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Ausgabe:

1974

Spalte:

761-765

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Hainz, Josef

Titel/Untertitel:

Ekklesia 1974

Rezensent:

Walter, Nikolaus

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761 Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 10 762

Papyrusbriefc sind von Christen geschrieben worden, und Die Dissertation aus der Schule von Otto Kuss bemüht

fünf davon weichen, in ihrer Form (abgesehen von Anfang sich um einen Weg zur paulinischen Ekkh-siologie der nicht

und Schluß) so völlig ab von allen übrigen, daß Kim erwägt, von systematischen Leitbildern des Wesens von Kirche"

ob sie nicht das altertümliche Gegenstück sein könnten zu sondern von den konkreten Auseinandersetzungen des

unserer kirchlichen Mitgliedsbescheinigung, welche man nach Paulus mit seinen Gemeinden um die Fragen des Gemeinde-

seincr Übersiedelung dem Kirchenvorstand in dem neuen lebens ausgeht. Hainz will zeigen, daß Paulus den Gemeinden

Wohnort zeigen muß. Der profane Empfehlungsbrief hat im kein vorgeformtes, einheitliches Ordnungsschema überstülpt,

großen und ganzen die folgende Gliederung: i. Eröffnung sondern daß er von bestimmten theologischen Leitlinien aus

a) Gruß („Der/die A dem/der B cbairein", seit dem 3. Jh konkrete Fragen konkret regelt. Eine so erarbeitete Ekklc-

n. Chr. auch: „Dem/der Ii der/die A chairein"); b) Wohl- siologie hätte die Chance, die Paulusbriefe nicht als Reservoir

scinswunsch (Eormula Valetudinis); 2. Hintergrund a) Iden- für „Belegstellen" zu benutzen, sondern von der Beobachtung

tifikntion der empfohlenen Person („Ammonios, der den geschichtlicher Vorgänge aus zu theologischen Leitlinien zu

Brief bringt, ist mein Neffe ..."); b) Umstände, die zum gelangen und so vielleicht auch der Kritik E. Käsemanns

Empfehlungsakt geführt haben, oft eingeleitet durch Verb (Paulinischc Perspektiven, 1969, S. 209) an jedem Versuch,

-f de; c) Petitionsverb („Sie würden recht tun ...") mit die paulinische Ekklcsiologie thematisch geschlossen darzu-

Partizip als Andeutung der gewünschten Maßnahme, stellen, eine Alternative entgegenzusetzen. H. will zugleich

meistens eine Bitte um Hilfe überhaupt, gefolgt von einem auch einen Beitrag zum ökumenischen Dialog in den Fragen

Umstandssatz („wenn er Ihren Beistand braucht", „wofür der Ekklesiologie geben, da „die paulinische Ekklcsiologie ...

er auch zu Ihnen kommt"). Mit dem Pelitionsverb läßt sich für das Selbstverständnis der Kirchen der Reformation von

bei Cicero vergleichen: „pergratum mihi feceris si ..."); tragender Bedeutung geworden" sei (S. 9).

d) Finalsatz mit Bitte um eine jetzt präzisierte Maßnahme, Dem methodisch verheißungsvollen Ansatz entspricht der

oder ein Kausalsatz, welcher die Gründe der Bitte be- äußere Aufbau der Arbeit: Der I. Hauptteil („Ansätze

schreibt; e) bisweilen noch die Bemerkung, daß, falls die paulinischer Gemeinde-Theologie und Gemeinde-Ordnung",

Hilfe tatsächlich geleistet wird, der Briefsteller sehr dankbar S. 29—220) ist exegetisch angelegt; er behandelt Brief für

sein wird und zu Gegendiensten bereit ist. Brief die einschlägigen Passagen. Der II. Hauptteil (S. 227

Darauf analysiert Kim die Empfehlungen, die in den bis 363) zeichnet dann zusammenfassend die „Strukturen

Paulinischen Briefen begegnen (Rom XVI 1—2 u. 3—10, 1 Kor paulinischer Gemeinde-Theologie und Gemeinde-Ordnung"

XVI 15-10 u. 17-18, Philipp II 29-30 u. IV 2-3, 1 Tbess V nach. Abkürzungsverzeichnis (S. 3G4f.), ausgiebiges Litera-

12— 13a, und schließlich Philemon, zumal 8—17). Als Bei- turverzeichnis (S. 30G—383) und Begister der Uibelstellen und

spu le wählen wir die Analyse von Rom XVI 1—2 und der zitierten Autoren (S. 384—400) beschließen das Buch.

Phil, :mon, dem einzigen Empfehlungsbrief, der also nicht Die Reihenfolge der behandelten Briefe im I. Teil

selber Teil eines größeren Briefes ist. Auch bei Paulus (IThess, 1 Kor, Gal, 2Kor, Rom, Philem, Phil) ist offen-

bestcht die eigentliche Empfehlung aus drei Teilen. Römer sichtlich chronologisch gemeint (vgl. S. 28) und zeigt zugleich,

XVI: a) Einleitung mit Empfehlung»- oder Petitionsverb daß Haiuz die in der Echtheit fraglichen Briefe nicht in die

Ur>d Identität der empfohlenen Person: Vs. la „Ich befehle Untersuchung einbezieht. Schon an den meisten Kapitel-

euch Phöbe"; b) „Akkreditive" der empfohlenen: Vs. lb Überschriften (mit denen II. den inhaltlichen Schwerpunkt

»unsre Schwester, welche im Dienste der Gemeinde zu der einschlägigen Abschnitte des jeweiligen Briefes charak-

Kenchreä ist" und Vs. 2b „denn auch sie hat Beistand terisiert), an der Trennung von 1 und 2 Kor (dazwischen

v,elen getan, auch mir selbst"; c) Gewünschte Maßnahme: steht der Abschnitt über Gal) und an der Nichtbchandlung

^8 2a „daß ihr sie aufnehmet in dem Herrn, wie sich'« ziemt der Frage, ob die kanonische Fassung der Paulusbriefe der

"en Heiligen, und tut ihr Beistand in allem Geschäfte, darin ursprünglichen entspricht oder ob sie das Ergebnis re-

8lc euer bedarf". In Philemon sind diese Stücke resp. daktionellcr Zusammenarbeitung ist, wird freilich eine
«) Vs.

10 „So ermahne ich dich um meines Sohnes willen folgenschwere methodische Vorentscheidung H.s erkennbar.

Onegimus"; b) Vg. 11-16 „den ich gezeugt habe in meiner Der von ihm selbst (neben dem chronologischen) als wichtig

Gefangenschaft" usw.; c) V». 17 „Wenn du mich nun für veranschlagte geographische Gesichtspunkt (S. 28) wird ver-

deincn Freund hältst, so wollest du ihn aufnehmen wie mich nachlässigt; anders gegagt: die innere Entwicklung je einer

Gemeinde und damit die Genesis der in den Briefen ver-

. Hi(.8(. ,|re; Studien zusammen liefern abermals den Bewei«, handelten Gemcindeproblcme liegt nicht im Blickfeld H.s.

}ct/t mittels der Epigtolographie, daß da» N. T. nicht Nach den grundsätzlichen Vorbemerkungen hätte man er-

'solicrt werden darf und kann von »einer zeitgenössischen warten können, daß H. ein Bild der Geschichte jeder

..'nwclt. Hie beiden Verfasser zeigen uns musterhaft und Gemeinde und der Beziehungen des Paulus zu ihr zu geben

"«»•zeugend, ohne dabei in Schematismus zu verfallen, versuchen würde. Natürlich hätte er sich damit hinter den

*,|Rhcs die konventionellen Wendungen und Charakte- Text auf das Feld geschichtlicher Rekonstruktion begeben

ns,'ka einiger griechischer Briefarten sind, und machen und zu mancher Hypothese Stellung nehmen müssen. Statt

! "'"falls klar, daß es hier ebensowenig wie bei Paulus von dessen bleibt der I. Hauptteil nur-exegelisch im engeren

' '''' Uder Briefslriiktur oder sogar von Willkür die Rede sein Sinne: er zeichnet Textaussagen nach. (Eine Folge: das

Im Interesse der n.t.lichcn Theologie und Literatur- Kapitel über Gal befaßt sich nur wenig mit den Vorgängen

'"Seilschaft weisen sie auf Übereinstimmungen mit dieser in Galatien und der Reaktion de» Paulu» auf sie, vielmehr

"»weit und auf Untergchiede hin, ober auch für eine überwiegend mit den Beziehungen zwischen Paulus und den

."""-nschaft, die sich mit dieser Umwelt begehäftigt wie die Jerusalemcrn - in dieser Bichtung freilich keineswegs ohne

f'l'"<;"ische Papyrologie, sind m. E. ihre Bücher wichtig und historische Hypothesen!) Damit gewinnt ein Thema eine für

'schlußreich, da sie sowohl analysierende Beschreibungen das Gesamtziel der Arbeit unangemessene Zentralstellung:

lc Wotcrinliensummlungen sind. der Apostolat des Paulus (das weisen schon die erwähnten

1, Kapitelüberschriften aus).

Gerard Muwie. Ke;ne Fra(?e. pntilus spricht in seinen Briefen viel von
•einem Apostolat, und er hat seine Gründe dafür Keine
Frage auch, daß H.s Buch in den exegetischen wie in den

t'*- Jowf. KUIesia. Strukturen paulinischer Gemeinde- zusammenfassenden Kapiteln wertvolle Beiträge zum

.....und .Ii, : Ordnung. Begensburg: Fr. Apo.telver.«toJ^^P^M^.^^^ffi

,"Sl"t »»73. 400 S. gr. 8» = BD** Untersuchungen, daß der Apostolat und sein f^^JJ^^,0"

S; v- O. Kuss 9 (Müncbeuer Pniversitäts-Schriften, (S. 174ff„ 342 u. ö.) ein wichtiges theologisches Ihema ist.

K"lh- Theol |.',,|(„|,„ ,< , , M Fraglich ist aber, ob dieses Thema für die Ekklcsiologie ,n