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Ausgabe:

1974

Spalte:

689-690

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Zeugnis für die Einheit 1974

Rezensent:

Ludolphy, Ingetraut

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Seite 1

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089

Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 9

690

Um zum Schluß keinen Zweifel aufkommen zu lassen,
sei betont: Man kann und muß dem „Sachregister" der
Weimarer- Luther-Ausgabe alles Gute wünschen. Was
aber konkret dieses „Gute" ist und was es erfordert, das
ist auch, ja gerade nach den jetzt vorgelegten Probeartikeln
nicht auszumachen!

Miinster/Westf. Klaus Haencller

Jaeger, Henry-Evrard: Zeugnis für die Einheit. Geistliche
Texte aus den Kirchen der Reformation, hrsg., eingeleitet u.
kommentiert. II: Calvinismus. III: Anglikanismus. Mainz:
Matthias-Grünewald-Verlag [1971/72]. 252 S. n. II, 288 8.
8°. Kart. DM 19,50 u. DM 24,-.

Von der dreiteiligen Anthologie aus lutherischen, reformierten
und anglikanischen Texten, die „Schätze der
Wahrheit" und „geistlichen Lebens" bei den nichtkatholischen
Christen sichtbar machen soll (vgl. ThLZ
96, 1971 Sp. 925ff) liegen hier der zweite und dritte Band
vor, die entsprechend dem ersten gestaltet sind.

Der 2. Band, der dem „Calvinismus" gewidmet ist,
enthält Texte von Johannes Calvin, Agrippa d'Aubign^,
Jean de Sponde, Benedict Pictet, Alexandre Vinet,
Adolphe Monod, Gaston Frommel, Tommy Fallot,
Wilfred Monod, Karl Barth, Suzanne de Dietrich und
Jean de Saussure. Er setzt also wie der erste mit der
Reformationszeit ein und umschließt den folgenden
Zeitraum bis zu unseren Tagen. Jaeger meint, zeigen zu
können, daß „im Fortschreiten der aus dem Innersten
der beiden großen kontinentalen reformatorischen
Spiritualitätsformen hervorbrechenden Dynamik...
Luthertum und reformierte Geistigkeit in eine evangelische
Katholizität" einmünden. „Aber", fährt er fort,
„die reformatorischen Spiritualitätsformen wären nicht
im weitesten Sinn katholisch und in die gesamteuropäische
Entwicklung der christlichen Zivilisation eingeschrieben
, würde jene spirituelle Welt verschwiegen,
die ganz bewußt und von Anfang an von einer inneren
Katholizität her lebte: die anglikanische Geistigkeit"
(Bd.II, S.31).

Deshalb schließt sich notwendig der 3. Band an, der
den Anglikanismus vorstellt durch Texte von Thomas
Cranmer, Richard Hooker, Lancelot Andrewes, John
Donne, George Herbert, Benjamin Whichcote, John
Smith, Ralph Cudworth, Thomas Ken, Charles Simeon,
Edward P. Pusey, John Henry Newman (anglikanische
Periode), Richard M. Benson, William Temple, Kenneth
E. Kirk und Michael Ramsey. Dabei scheint uns - soweit
wir uns hier ein Urteil erlauben dürfen - die Auswahl
der anglikanischen Texte am gelungensten zu sein sowohl
was das Typische angelangt als auch hinsichtlich der
Mannigfaltigkeit anglikanischer Spiritualität, die sie
offenbaren. Auch ist der im Gesamtwerk viel gebrauchte
Begriff der „Spiritualität" hier am treffendsten anzuwenden
. Nachdem im 1. Bande bewußt auf pietistische
Autoren verzichtet wurde, erscheint es als Selbstverständlichkeit
, daß der Puritanismus, der wohl in die
anglikanische Welt, doch nicht zum Anglikanismus
selbst gehört, bei der Auswahl keine Berücksichtigung
fand.

Interessant ist die häufig belegte Feststellung, daß die
„geistige Sonderform des christlichen England" ihre
Wurzeln weit vor der Reformationszeit hat, als nämlich
in der ausgehenden Antike und dem beginnenden Mittelalter
Kontakte mit der griechisch-byzantinischen Welt
des christlichen Ostens entstanden (Bd. III, S.8).

Im 2.Bande ist der Calvinismus im allgemeinen gut
erfaßt; doch bleibt zu fragen, ob es etwas für die ökumenische
Verständigung austrägt, wenn individuelle,
aber untypische Äußerungen reformierter Theologen die

Realpräsenz Christi im Abendmahl - nicht einmal ganz
eindeutig - (Bd.II, S.93ff) oder die immerwährende
Jungfrauschaft Mariens (Bd. II, S. 99) dokumentieren.

Es lag nicht in der Absicht des Herausgebers, dogmatische
Differenzen auszubreiten. Aber dürfen diese bei
einer Darstellung der Frömmigkeit vernachlässigt werden
? Es sei denn, man bekennt sich zu dem Prinzip, das
Jaeger als typisch für fast alle Anglikaner seiner Textauswahl
bezeichnet, daß nämlich „der anglikanische
Geist ... nicht nur instinktiv vor jeder Versuchung zur
Fixierung zurückweicht, sondern ganz bewußt auf jegliche
Systembildung verzichtet" (Bd. III, S.19). Es
muß verwirren, wenn ein dogmatischer Fachterminus
nicht eindeutig gebraucht wird, wie etwa der Begriff der
„Katholizität". Thomas von Kempen war nicht „lutherisch
" (Bd. III, S.29). Ob das Faktum, daß ein unbekannter
Katholik um 1700 ein reformiertes Werk, dessen
Autor er nicht kannte, drucken ließ, eine „sprechende
" „ökumenische Bestätigung" des Textes war, ist doch
recht zweifelhaft (Bd. II, S. 102).

Gern möchte man die Quellen stärker in ihrem jeweiligen
geistes- und theologiegeschichtlichen Zusammenhang
sehen.

Wünschenswert wäre es, entweder aus dem Original
zu übersetzen oder eine vorliegende geläufige deutsche
Übersetzung zu verwenden (vgl. Calvins „Institutio".
Bd. II, S. 225). Der 3. Band hätte an mehreren Stellen
einer stilistischen Glättung bedurft.

Trotz dieser angezeigten Probleme müssen wir Jaeger
dankbar sein, daß er sich der mühevollen Aufgabe unterzogen
hat und - unterstützt von zahlreichen Forschern
unterschiedlicher Konfessionen und Nationalitäten -
der Anregung des Matthias-Grünewald-Verlags gefolgt
ist, diese Textauswahl anzubieten.

Leipzig Ingetraut Ludolphy

Deppermann, Klaus: Die Straßburger Reformation und die
Krise des oberdeutschen Täufertums im Jahr 1527 (Mcnno-
nitische Geschichtsblätter 30, 1973 S. 24-41).

Fast, Heinold: Die Täuferbewegung im Lichte des Frankenthaler
Gespräches, 1571 (Mennonitische Geschichtsblätter
30, 1973 S. 7-23).

Yoder, John H.; Deppermann, Klaus: Ein Briefwechsel über
die Bedeutung des Schleitheimer Bekenntnisses (Mennonitische
Geschichtsblätter 30, 1973 S. 42-52).

PHILOSOPHIE,
RELIGIONSPHILOSOPHIE

Larsen, K. OlcRon: Seren Kierkegaard. Ausgewählte Aufsätze,
übers, v. E.Sehlechta-Nordcntoft. Gütersloh: Gütersloher
Verlagshaus Gerd Mohn [1973]. 164 S. 8°. Kart. DM 34,-.

Man kann als Nicht-Däne Olesen Larsen unbefangener
beurteilen als es seine Landsleute und Zeitgenossen
konnten. Das hier zur Debatte stehende Buch mit einer
Auswahl von O. L.s Kierkegaard-Arbeiten in deutscher
Übersetzung kann erst recht losgelöst von der kirchenpolitischen
Stellung seines Verfassers gelesen werden
und soll es wohl auch. In der Einführung erläutert
Leif Grane kurz die Rolle der dänischen Kirchenreform-
bewegung Tidehverv (Zeitwende), der O.L. seit ihrer
Entstehung 1926 angehörte. Obwohl Tidehverv immer
Verbindung zur deutschen Dialektischen Theologie
hatte, blieb diese Bewegung ohne Bedeutung außerhalb
Dänemarks. Aus der zweibändigen dänischen Ausgabe
mit Kierkegaard-Artikeln O.L.s (Kopenhagen 1966)
sind deshalb mit Recht nicht die Artikel des ersten
Bandes aus der Zeitschrift „Tidehverv" übersetzt wor-