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1974

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Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

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Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 8

Tradition, z. T. aber auch spätjüdischer Tradition verpflichtet
sei (z B.: Jesus im 2 Clem verstanden als .Lehrer" im
umfassenden Sinne; 1 Clem 16,2ff. = Jes 53,1-12, eingeleitet
mit deutlichen Bezügen auf Phil 2,6f., - ein „imi-
tation-text . . . consistent with late Jewish ethical imitation
of God").

S. 86-95 befaßt B. sich mit dem anscheinend aus frühester
paläst. Tradition stammenden „haima"-Begriff. Im
Gegensatz zur Bedeutung des Blutes in christologischen
Aussagen des NTs geht es im 1 Clem nicht um eschatolo-
gisch vollzogenes Heil, sondern um Christi Blut als wertvolles
Zeichen der Beständigkeit des göttlichen Heilsplanes
(bes. deutlich 1 Clem 7,4: es brachte die Gnade der Buße;
Gottes Ruf zur Buße ist ein weit verbreitetes Thema in der
.intertestamental" Literatur).

Judenchristl.-paläst. Prägung clementinischer Sotcriologie,
soweit man von einer solchen überhaupt sprechen kann,
ergibt sich B. dann auch bei der Untersuchung des „pais"-
und des „archiereus"-Begriffes im 1 Clem (S. 96-104 und
105-113), wobei - wie schon zum „haima"-Begriff - summarische
Übersichten zu Gebrauch und Bedeutung in AT
und NT vorausgehen. Eine Zusammenfassung zu Teil I
(S. 114-125) schließt die Untersuchung der christologischen
Titel im 1 Clem mit dem Ergebnis ab, daß Clem von der
Möglichkeit, eine ausgeprägte Soteriologie zu bieten, nirgends
Gebrauch gemacht habe. Der Grund für dieses Fehlen
soteriologischen Interesses liege darin, „that Clement's
Messianic picture is still almost totally grounded in the
intertestamental literature, mostly in themes and categories
taken from 1 Enoch ..." (122).

Der II. Teil der Unersuchung befaßt sich mit der
„functional Christology" des 1 Clem (S. 126-167), d.h. dem
Verhältnis Christi zu Gott in der Durchführung des Heilsplanes
. Im Hinblick auf den Standort des 1 Clem (late
Judaism; NT) ergibt sich (Zusammenfassung zu II: S. 168
bis 170), daß ein strenger (jüd.) Monotheismus, zuweilen
unter Verwendung von hellenistischen Kategorien, bei Clemens
für die Integrierung des Werkes Christi in den Heilsplan
ohne Schmälerung der streng monotheistischen Theologie
keinen Platz gelassen habe. In Unterordnung unter
die Konzeption von der Herrschaft des Schöpfergottes erscheine
„the work of Jesus as teacher, revealcr and leader
of the group of the saved, very much as in the categories
of the intertestamental literature" (170).

Eine die Einzelergebnisse wiederholende Gesamtzusam-
menfassung (S. 173-183), die zu wenig wirkliche Auswertung
enthält, sowie ein Literatur-Verzeichnis (S. 184-196)
schließen die Arbeit ab.

B.s Versuch, das christologische Niveau des 1 Clem zu bestimmen
und historisch einzuordnen, verdienen Interesse
und Anerkennung. Ungeachtet mancher Schwächen in Ansatz
und Durchführung gelingt es Vf., ein im ganzen sachlich
durchaus ansprechendes, freilich nicht vollkommen
neues (s. Danielou, namentlich aber Knoch, dem B. im II.
Teil stark verpflichtet ist) Bild der christologisch-thco-
logischcn Grundhaltung des 1 Clem zu zeichnen. Das geschieht
unter Einbeziehung von ntl. Texten, die eine frühe
judenchristl.-paläst. Tradition zu bieten bzw. deren Weiterbestand
zu belegen scheinen (Traditionsgut bei Paulus, den
Synopt., Miss.-Reden der Apg, Hcbr, Jac; hierzu ergeben
sich freilich im einzelnen mancherlei Fragen; überdies vermißt
man einschlägige Literatur), sowie unter Heranziehung
verschiedenartiger spätjüdischer Literatur (1 Hcn,
Test XII Patr, Sir, Sap Sal, usw.; auch hier hätte kritisch
differenzierter und literaturbezogener gearbeitet werden
müssen).

Daß Harnack wie Völler mit ihren extremen Auffassungen
unrecht haften, ist pauschal überzeugend nachgewiesen.
Damit ist auch bestätigt, daß man Clemens nicht als Paulinisten
(gleichgültig welchen Grades) bezeichnen darf, gleichermaßen
unterstrichen, daß der 1 Clem nicht als - wie
auch immer gearteter und zu erklärender - Abfall von den
Höhen paulinischer Theologie betrachtet werden kann. Einmal
mehr ist die Bedeutung spätjüdischer Literatur für die
Interpretation frühchristlicher Quellen sichtbar geworden
- nur dürfte der religionsgeschichtlich im Grunde indifferente
Begriff der „intertestamental literature" für die Erzielung
genauerer Ergebnisse unzureichend sein. Neben gesichert
erscheinenden Ergebnissen ntl. Exegese und Theologie
stehen bei B. z. T. Vermutungen und Annahmen, die
schwerlich durchweg Anerkennung finden werden. Auf exegetische
Einzel- wie überhaupt Problcmdiskussionen läßt
er sich zum Schaden seiner Ergebnisse nicht ein. Berücksichtigung
und Verarbeitung der Literatur sind vielfach unbefriedigend
. So begegnet man dann auch wiederholt einer
gewissen Neigung des Vf.s zu Simplifizicrungen.

Zahlreiche Beanstandungen notierte der Rez. zu dem mit
fortschreitender Seitenzahl immer schmaler werdenden
Anmerkungsapparat (dessen Anordnung - jeweils am
Ende von Abschnitten der Arbeit - unpraktisch ist), sowie
zum Literatur-Verzeichnis, so z. B. widersprüchliche bibliographische
Angaben, entstellte Vf.-Namen, zahlreiche
Druckfehler (Diphthonge!), Inkonsequenzen beim Gebrauch
von Abkürzungen für benutzte Literatur, Unstimmigkeiten
in Belegstellen, ungenaue Literatur-Verweise, fehlende
bibliographische Angaben zu verwendeter Literatur, u.a.m.
Vollkommen unklar bleibt die Funktion des Literatur-Verzeichnisses
, von dessen Titeln etwa gut die Hälfte in der
Arbeit wicdcrcrscheint, das aber auch beim besten Willen
nicht als Versuch vollständiger Aufführung der für das
Thema relevanten Literatur verstanden werden kann. Auch
im fortlaufenden Text finden sich gelegentlich Fehler. Angesichts
alles dessen gewinnt man den Eindruck, daß die
Arbeit hastig zum Druck vorbereitet und eine gründliche
Korrektur nicht gelesen worden ist.

Trotz der Beanstandungen kann abschließend festgestellt
werden: Die Arbeit von B. schließt zweifellos eine Lücke
in der neueren Clemens-Literatur und vermittelt interessante
und ansprechende Ergebnisse zur Interpretation
des römischen Schreibens. Um so mehr bedauert man, zumal
wenn man dem Vf. vielfach beipflichten möchte, daß
seine Untersuchungen nicht in jeder Hinsicht sorgfältiger
und gründlicher gearbeitet worden sind. So empfindet man
dann doch gewisse Hemmungen, die eingangs zitierten
Fragen Bultmanns ohne weiteres mit den von B. erzielten
Ergebnissen zu beantworten - dies vielleicht aber nur
deshalb, weil man sie, zumindest z. T., gern besser begründet
gesehen hätte.
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