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Ausgabe:

1974

Spalte:

591-593

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Arenhoevel, Diego

Titel/Untertitel:

Die Theokratie nach dem 1. und 2. Makkabäerbuch 1974

Rezensent:

Schunck, Klaus-Dietrich

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Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 8

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wird zwar einige Male zitiert, doch rein nebensächlich,
ohne eine Auseinandersetzung mit ihm; von Kutsch findet
man nur frühere Aufsätze. Wo vom „apodiktischen Recht"
die Rede ist, wäre eine Bezugnahme auf die Abhandlung
von H. Schulz" vonnöten gewesen. Da die These dieser
Werke mit denen des Vf.s unvereinbar sind, hätte er sie
eingehend widerlegen müssen; und wo denn sonst, wenn
nicht in diesem Rahmen? Ich finde dankbar meine eigene
Arbeit zitiert (S. 11, Anm. 2)r': .sie soll sich für das Studium
der historischen Fragen eignen. Doch an einer Stelle,
zu 2 Sam 7, wird sie vollkommen außer Betracht gelassen:
dort gehe ich, auf Grund von früheren Arbeiten, von dem
bemerkenswerten Widerspruch aus, der zwischen den V.
1-3 und 4 ff. von 2 Sam 7 besteht: absolutes Verbot von
Seiten Nathans eines Tempelbaus, nach einer kurz vorher
gewährten, unbedingten, allgemeinen Billigung eines
jeglichen Vorhabens Davids! Auch hätte die Datierung der
chronologisch angefochtenen Stellen (Am 9,11 ff.; Jes 9,1 ff.;
11,1 ff.; Mi 5,1 ff. Jer 30 usw.) auf einer genaueren Grundlage
stattfinden müssen, mit eingehender Widerlegung der
entgegengesetzten Meinungen".

Da nun die Arbeit sowieso verspätet erschienen ist (was
angesichts des raschen Offset-Verfahrens nicht gerechtfertigt
ist), hätte sie vielleicht erst 1974 erscheinen können,
dann aber unter Berücksichtigung der einschlägigen Literatur
. Nur so wären „einige in der Diskussion weniger beachtete
Aspekte", die der Vf. herausheben möchte, richtig
zur Entfaltung gekommen.

Ist der Wunsch zu kühn, eine solche grundsätzliche Umarbeitung
in einer nicht zu fernen Zukunft zu erhoffen?

Rom J. A. Soggin

1 S. Herrmann, Die Königsnovelle in Ägypten und Israel, Wiss. Zeitschrift
.. . Leipzig, 3 (1953/54), S. 33-34.

- W. Beyerlin, Die Kulttraditionen Israels in der Verkündigung des
Propheten Micha. FRLANT, Heft 72, Güttingen 1959, bes. S. 75 ff.

" L Perlitt, Bundestheologie im Alten Testament, WMANT, Bd. 36,
Neukirchen 1969; E. Kutsch, Verheißung und Gesetz. BZAW, Bd. 131,
Berlin 1973. Ich verhalte mich sehr kritisch gegenüber den Ausführungen
von L. Perlitt, vgl. meine Rezension, Protestantesimo 28 (1973), S- 98 f.
(italienisch).

i H. Schulz, Das Todesrecht im Alten Testament. BZAW, Bd. 114,
Berlin 1969.

I J. A. Soggin, Das Königtum in Israel. BZAW, Bd. 104, Berlin 1967,
S. 72 f.

' Von Ideinen Unebenheiten möchte Ich ganz absehen. Vgl. nur z. B.
auf S. 17, Anm. 3, wo der Kommentar von W. R. Harper (ICC) nach dem
unveränderten Nochdruck 1953 anstatt nach der Originalausgabe 1905 zitiert
wird; ähnlich auf S. 18, Anm. 4, wo ein Kommentar von J. Well-
housen als 4/1963 anstatt als 3 1898 erscheint. Wie toll sich der weniger
Kundige in der Bibliographie zurechtfinden?

Arenhoevel, Diego, OP: Die Theokratie nach dem l.und
2. Makkabäerbuch. Mainz: Matthias-Crünewald-Vcrlag
(1967). XXII, 202 S. 8° = Walberberger Studien d. Albertus
-Magnus-Akademie. Theologische Reihe, hrsg. v. D.
Arenhoevel, A. Fries. O. Pesch, 3. Lw. DM 28.50.
Dieses Buch, die Doktor-Dissertation eines der verdienstvollen
Herausgeber der deutschen Ausgabe der
„Biblc de Jerusalem", bietet weitaus mehr, als man vom
Titel her zunächst erwartet. Über rein theologische Fragen
- und speziell die mit dem Begriff .Theokratie' um-
rissenen Probleme - hinaus kommen hier fast alle wichtigen
Fragestellungen zum 1 Makk und 2 Makk zur Sprache
. Dennoch liegt das Schwergewicht der Arbeit naturgemäß
auf dem Gebiet der Theologie; „daß dieser Ansatz
berechtigt ist, steht außer Zweifel für den, der an den kanonischen
Rang der Bücher glaubt" (S. XXI). Auch wenn
man in dieser Wertung von 1 Makk und 2 Makk nicht mit
dem Vf. übereinstimmt, bleibt eine eingehende Untersuchung
gerade der Theologie dieser beiden Schriften bzw.
der hinter ihnen stehenden Schriftsteller eine wirklich
notwendige Aufgabe; gibt es außer der Arbeit von E. Bik-
kermann. Der Gott der Makkabäcr, Berlin 1937, doch seit

einem Jahrhundert keine größere zusammenfassende Abhandlung
über die theologischen Aussagen des 1 und 2
Makk.

Man kann fragen, ob bei einer solchen Zielsetzung die
Wahl des Wortes .Theokratie' überhaupt glücklich ist.
Der Vf. weiß darum, daß dieser Begriff in der neueren
Forschung sehr unterschiedlich umschrieben wird; er
selbst will darunter ganz allgemein die Verfassung einer
Gemeinschaft, an deren Spitze Gott steht, verstanden wissen
. Und so geht es ihm dann in seiner Untersuchung genauer
„um die Frage, wie die beiden Bücher die jüdische
Gemeinschaft und ihre Leitung durch Gott darstellen, oder,
allgemeiner, wie das Verhältnis zwischen Israel und Jahwe
im Glauben der Hagiographcn erscheint" (S. XXII).

Aus dieser Aufgabenstellung folgt die Gliederung der
Arbeit in zunächst zwei Hauptteile, die sich jeweils mit
der Theokratie nach dem 1 Makk (S. 3-96) bzw. dem
2 Makk (S. 99-181) beschäftigen. Im 1. Teil werden dabei
das Volk im Verhältnis zu Thora und Bund, die Regierung
der Theokratie durch Gott und die Makkabäer als irdische
Führer, das Verhältnis Israels zu den Völkern sowie die
Frage nach dem Messianismus und die Geschichtstheologie
in 1 Makk behandelt; der 2. Teil beschäftigt sich nach
der Darlegung von Einleitungsfragcn zum 2 Makk mit
dem Volk im Verhältnis zum Tempel und Gesetz, der Regierung
des Volkes durch den sich offenbarenden Gott
und die Führer auf Erden, der Ausdehnung der Theokratie
sowie deren Vollendung. Beide Teile werden jeweils
durch einen kurzen Kommentar zu dem betreffenden
Buch abgeschlossen, der ausschließlich dem Zweck dienen
soll, nachzuweisen, daß dem Aufbau der beiden 'Ge-
schichts'-werke eine theologische Konzeption zugrunde
liegt" (S. XXII).

Ist dem Vf. dieser Nachweis gelungen? Ist er mit seiner
Hauptthese im Recht? Man darf diese Frage gewiß positiv
beantworten, obwohl damit nicht gesagt sein soll, daß
die Autoren des 1 Makk und der Epitome bzw. Jason von
Kyrene selbst nun nur nebenbei an historischer Darstellung
und Belehrung interessiert gewesen wären. Dafür
werden geschichtliche Ereignisse wie die Begebenheiten
um Alexander (1 Makk 10,1-11,19) oder die Kämpfe in
2 Makk 10,10-12,45 viel zu ausführlich und von spürbarem
persönlichen Engagement begleitet wiedergegeben.
Und dazu werden im 1 Makk wie im 2 Makk die Tradition
wie das politische Handeln in der Gegenwatt viel zu
hoch bewertet. Beide Bücher bzw. deren Autoren sind
deutlich von Stolz auf ihre Gegenwart und die Stellung
ihres Volkes in dieser Gegenwart erfüllt, woraus sich
dann ja auch die weitere richtige Feststellung dieser Abhandlung
erklärt, daß beide Schriften keine wirkliche Es-
chatologie kennen. Man war mit dem gegenwärtigen
Glück vollauf zufrieden.

Aus der Fülle zahlreicher guter Einzclbeobachtungcf
und Teilergebnisse sei hier besonders auf zwei Abschnitte
aufmerksam gemacht: 1. Auf die Ausführungen über den
.Bund' im 1 Makk (S. 22-33), die u.a. zu dem Ergebnis
führen, daß gegen A. Jepsen - und neben ihm wären
jetzt auch noch E. Kutsch und weitere Forscher zu nennen
- im 1 Makk das Wort .Bund' die beste Wiedergabe von
<W)»/x>/ ist (S. 25). 2 Auf die Darlegungen über das Am'
der Makkabäcr (S. 44-50), die für dessen nicht-priesterli'
che Seite die enge Anlehnung der Makkabäer an die Bio*1
tcrgcstaltcn des AT sowie das dtr. Rahmenschema nach'
weisen (47-50). Dabei wird nicht nur überzeugend herausgearbeitet
, daß bei Jonathan und Simon der hlitoriW"*
Ablauf teilweise zugunsten des Rahmenschemas korrigicrt
wurde, sondern es wird auch deutlich gemacht, daß dic
Makkabäer als Richter und zugleich Retter gesehen wu>"
den. Gerade die letztere Feststellung kann erneut zeig«-'"'