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Ausgabe:

1974

Spalte:

521-523

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Balke, Willem

Titel/Untertitel:

Calvijn en de Doperse radikalen 1974

Rezensent:

Rogge, Joachim

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•r'2t Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 7 522

halten, wenn er auch nicht sicher gewesen ist, daß ent- generelle Frage gestellt, ob der junge Calvin (1534-1536)

scheidende Reformen ohne Tumult erreicht werden könnten. überhaupt Kontakte mit den Täufern gehabt habe. Die

Erasmus selbst wollte jedenfalls solchen Tumult weder Tüuferproblcmatik in seinem Leben wird dann an den

anstiften noch dazu raten, liainton resümiert: „Je un- Hauptstationen seiner Veröffentlichungen bzw. seines

duldsamer die Streitenden wurden, desto mehr zog er sich Wirkens aufgezeigt. Balke wendet sich dem ersten Dog-

nirück und mühte sich zu vermitteln. Er endete als der matikentwurf der Institutio von 1536 zu, untersucht dann

geschlagene Liberale. Kann es je anders sein?" (S. 6). Hält unter seiner Thematik Calvins erste Zeit in Genf (1536-1538),

hier liainton nur, wie er sehreiht, „unserer Zeit" einen lenkt weiterhin den Hlick auf die Neuauflage der Institutio

Spiegel vor? von 1539, behandelt danach die Straßburgcr Zeit 1538-1541,

Daß das Werk sehr gründlieh gearbeitet ist, sich mit aller, beleuchtet sodann die dritte Instituto-Version von 1543,

auch der modernsten, wichtigen Literatur auseinandersetzt danach die wirkungsvollsten Jahre Calvins in Genf (1541 bis

und die wesentlichen Probleme behandelt, ist bei dem Vf. 1564) und schließlich die nachlassende Täuferpolemik in der

selbstverständlich, ebenso, daß er sich um Objektivität Institutio-Fassung von 1559.

bemüht. Daß er dabei seinen eigenen Standpunkt, der, wie „,.,. systemati8che Teil der Arbeit behandelt die Themen

erwähnt, dem des Erasmus nahekommt, nicht verleugnet, Helligkeit und Einheit in der Kirche, Kirche und Staat,

zwingt den Leser zur Auseinandersetzung mit der vor- Inkarnation und Seelenschlaf und schließt mit einer her-

liegcnden Deutung. I)abe. kommt als Schwierigkeit hinzu, meneutischen Erörterung zum Verhältnis zwischen Altem

'laß d, r große Meister des rori.iul.crens, Erasmus, sich nicht llnd N,.,„.ra Testament unter Einbeziehung der Bergpredigt

nur vorsichtig auszudrücken wußte, sondern darüber hinaus „nd deg Hogrirfspnnros Wort und Geist. Eine Probe zeit-

»icht stets heim Wort genommen werden kann. Wo spricht genössischer einschlägiger Prozeßakten und eine Doknmen-

er ironisch und wo nicht? Dieses Problems ist sich auch tation über das Täuferwesen in Genf finden sich im Anhang.

Bamton bewußt. Kine großc Frage durchzieht die ganze Arbeit: Welche

Auf einige unterlaufene Ungenauigkcitcn sei hingewiesen: Affinität gibt es zwischen Calvinismus und Täufertum?

Der S. 147 zitierte Knüttelvers stammt nicht von Tetzel. Halke unterscheidet sorgsam die verschiedenen Gruppic-

S. 153 wird nicht deutlich, daß die Bannandrohungsbulle rungen innerhalb der „Radikalen" (S. 358). Er stellt jedoch

Regen Luther am 15, .Juni erging. auch wjederum fest, daß die Grenzen fließend sind (S. 355).

Die Haltung Karls V. gegenüber dem Papsttum muß Dic Informatoren hatten es hauptsächlich je mit einer

wohl n.i.lers gesehen werden (S. 198). Gruppe zu tun: „Luther mit den Schwärmern, Zwingli mit

Uaß Hutten „lutherischer" als Luther selbst war (S. 154) (Ien Täufern und Calvin mit den Libertinern." In der Tat

und Franz von Sickingen ein „Kondoltiere" (S, 155), ist wurden Calvins Kräfte wahrend seiner großen zweiten

»nu etwas zu leichter Hand geschrieben. Wirkungsperiode in Genf zum großen Teil von der Ausein-

IJie Meinung, daß der Vorschlag des Erasmus, den Luthe- andersetzung mit den Libertinern absorbiert. Daß gegen die

«0«in die gleiche Duldung zu gewähren wie den Juden und Täufer von Seiten Calvins nicht mit gleicher Schärfe vor-

< en Böhmischen Brüdern, akzeptabel gewesen sei und dio gegangen worden ist, unterstreicht der Vf. mehrfach. In eben

^"l'gionskriege hätte verhindern können (S. 248), ist bei der diese Richtung zielt das der Arbeit vorangestellte Zitat von

-"ge der Dinge im 16. Jahrhundert kaum realistisch. 0 Noor(|mans, die Reformierten seien die Zwillingsbrüder

Ins Zentrum der Schwierigkeiten führen Aussagen wie die, der Taufgesinnten.

"aß Erasmus au zwei Fronten kämpfte (S. 169). Stand er ,. . . . .. . . .... ....

iu,.i,, • , , . . , _ « Unter diesem Aspekt kommt alles darauf an, Affinitat

ni vielmehr zwischen den Ironien l , . , j j- /-• • t_. l»

i; .. ., , , _ . ,. «. und Abwehr zu untersuchen und die dewichte gerecht zu

UM Ahendmahlsauffassungen Karlstadts, Zwingiis, Oko- ^ tc'len

'"npads und des Erasmus lassen sich „auch im Grunde" .

"'cht zur Deckung bringen (S. 203). D,e er9tt'Q 9l"rk vmn Humanismus beeinflußten Vr-

Hiusichtlich der Auseinandersetzung zwischen Erasmus öffenthehungen de» Reformators (Kommentierung der

u"d Luther um die Freiheit bzw. Unfreiheit des Willens Seneca-Schr.ft De Clement.« und Psychopannych.n) zeigen

(S. I7(:tr ,, . . i r» . n __u. v— iwar schon eine Stellung gegen politischen Radikalismus,

wolf) wünschte man in der Darstellung mehr Ver- , , , , ... . . ■, , -n

•tlndnl. f - i- ii- . u ■ .ii • „v___ n;ff„ aber noch ohne deutliche Charakteristik der angegrillencn

»"iiniR für die dahinli-rstehenden theologischen Dittc- . . " p °

reu/,.,, Gruppen. Als sich Calvin in seiner ersten Institutio-Ausgabe

Z«r 'Übersetzung: Der Ausdruck „wie ein Maulwurf für Gleichgesinnte in Frankreich einsetzte, mußte er den auf

,,rl»'i'"'." ist im Deutscheu zur Rezcichnung harter Arbeit «• gefallenen Verdacht des Anabapt.smus zurückweisen.

n'clit gebräuchlich (S 99) Jetzt werden die Themen und Gegnergruppen profilierter,

. A««ch i„ der Eile sollte nach dem Original zitiert werden um A™ e» im KamPf Calvin, gehen wird: Kirchenzucht in

'vgl- Epilug Anm 9) Zusammenhang mit der Sakramentenfragc, Obrigkeitsverständnis
, Lehre von der Kirche; Calvin disputiert mit

Ingoütut Ludolphy Täufern; diese werden verbannt. Aber die Situation ist nicht
eindeutig, weil der Einfloß mancher von Stadtobrigkeiten
milder behandelten Täufer zuweilen auch die Position der

Ij, i, Reformatoren tangierte und sogar mit zu ihrer Verbannung

he, V.: (j,lvjjn M d,. dopersc Radikalen. Calvin and the führte.

kjS*Öf! "»'li' al». Calvin und die täuferischen Radi- Dje ,H,|j„„ j,, nlI9 Ereignissen in der ersten

dam Ii Su.mm,mc» Enghsh and German. Amster- 0pnf(,r M un(, wAhrend der Straßburger Jahre fließen ein

hfl.

I •« U'!tg0vorij To" lloll"nu 1973- XI ''388 S-gr-S-Kart b t,;R Ingtit„tio-Edition von 1543. Der Gegensatz ent-

39,50.

zündet sich wieder an dem Verständnis des Alten Testaments

d

- VI VtDIVII f. "-'Hl «« U WU » V- ■ •-------

Arbeit gehört in den immer größer gezogenen Kreis und (im weitesten Sinne) der Ordnung und Zucht (in Kirche

Btudien zur Aufhellung <ler Geschichte des .linken und Staat). Der Kirchen- und Amtsbegriff bleiben the-

^."K'ds' dnr Reformation. Hier wurden im Rahmen einer matisch. Die Kalholizität der Kirche wird von Calvin stark

rj'»»crtatjon an der Reichsuniversität zu Utrecht (unter auf die sichtbare Kirche bezogen. Das Amt wird als Ord-

e,re»'"ng von S. van der Linde) Ergebnisse erzielt, die nungsfaktor deutlich hervorgehoben. Dic Divergenzen mit

u".'''"' Lücke schließen und integrierender ISestandteil den Täufern in Fragen der Zucht werden immer pointierter

!,f,|Ken biographischen Arbeitens über Calvin sein müßten. (S. 168). In Straßburg hatte Calvin Gelegenheit, Täufer

U J "°nt Kapiteln legt der Vf einen ausgezeichnet unter- kennenzulernen, auf sie einzuwirken und sie zur Kirche

i n"n historischen Dar.fclliinir.tcil vor. der sich eng an herüberzuziehen. Der erste Ehemann von Calvins späterer

CsJyj^jT* h'»torischen Darstclliingstcil vor, dt
n* biographische I)nten anschließt. Zunä

ächst wird die Frau gehörte zu einer der Täufergruppen.