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Ausgabe:

1974

Spalte:

510-513

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Merk, Otto

Titel/Untertitel:

Biblische Theologie des Neuen Testaments in ihrer Anfangszeit 1974

Rezensent:

Wiefel, Wolfgang

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Theologische Litcraturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 7

510

Schlier, Heinrich: Der Apostel und «eine Gfinnindf Aus- Merk, Otto: Biblische Theologie des Neuen Testaments in

legung des ersten Briefes an die Thessalonicher. Freiburg- ihrer Anfangszeit. Ihre methodischen Probleme bei Johann

Basel-Wien: Herder [1972]. 120 S. 8°. Kart. DM 13,80. Philipp Gabler und Georg Lorenz Bauer und deren Nach-

Das kleine Büchlein enthält die überarbeitete und er- Wirkungen. Marburg: Elwcrt 1972. VIII, 309 S., 1 Taf.

gänzte Auslegung, die in der Zeitschrift „Bibel und Leben" 8° = Marburger rheolog.sche btu.l.en, hrsg. v. H.

iftm «i-i L i vr i _ i • i i '* im Grass u. G. Kümmel, 9. Lw. DM 04,80. —
lJui/Oü erschienen war. Der VI. bemerkt bescheiden im

Vorwort, seine Auslegung erhebe nicht den Anspruch, ein |)Pr vorliegenden Untersuchung geht es darum, die AnKommentar
zu sein. Er hat ein meisterliches Werk ge- fangsgeschiehte einer Disziplin freizulegen, die auch im
schrieben, das Bewunderung erweckt! Bewußtsein der fachlich mit ihr Befaßten verschüttet ist.

Eine kurze Einleitung informiert über die wichtigsten Von Johann Philipp Gabler ist kaum mein als der Name und

Fragen des Briefes sowie über seinen Gedankengang. Die der Titel seiner Altdorfer Antrittsvorlesung von 1787 gegen-

durch die Erklärung der Briefadresse 1,1 und des Brief- wärtig, mit der die Emanzipation der Nciitestamentlichen

»chlusses 5,25-28 gerahmte Auslegung teilt das Schreiben in Theologie von der Dogmatik einsetzt. Das wissenschaftliche

«wei große Teile, „der Apostel und seine Gemeinde" (1,2 bis Werk von Georg Lorenz, Hauer, der früher gelegentlich als

3,13) und „die Belehrung der Gemeinde" (4,1-5,2/1). Weder Schüler Gablers und Verfasser mehrerer Lehrbücher in

in der Einleitung noch in der Auslegung werden bezüglich dessen Sinn genannt wurde, darf als verschollen angesehen

der Einleitungsfragen oder des Gesamtverständnisses grund- werden. Daß die Beschäftigung mit ihnen nicht aus einem

»ätzlich neue, etwa gar „aufregende" Ansichten vertreten. antiquarischen Interesse erwachsen ist, läßt der Titel er-

Und die Auslegung selbst enthält so gut wiekeine erkennbar kennen: er nennt nicht ihre Namen, sondern bezeichnet ihren

gemachten Reflexionen auf eine Umsetzung der Aussagendes forschungsgeschichtlichen Ort. Während die theologische

Paulus-Textes in die geistige Situation der Gegenwart. Unter Arbeit seit geraumer Zeit darangegangen ist, das Erbe des

souveräner Heranziehung des sprachlichen und sachlichen 19. Jh.s zu sichten, erscheint der Rückgriff auf die ihm

Materials, das den auszulegenden Text helfen kann zu er- vorangegangene Epoche, zumal wenn es um die Bibel-

schlicßcn, und in tiefem Eindringen in das Denken des Wissenschaft geht, noch immer als ein Wagnis. Freilich sind

Paulus erklärt Schlier in ebenso klarer wie dichter Sprache, hier auch echte Entdeckungen zu machen, wie die auf

was der Text den Lesern sagen will, an die er gerichtet ist. benachbartem Felde geführte Untersuchung von Klaus

"«durch aber gewinnt er eine unvermutet andringende Schulder über die Ursprünge und Probleme der Bibelkritik

theologische und geistliche Aktualität. Man mag mit Recht im 17. Jh. (vgl. ThLZ 94, 1969 Sp. 193-197) gezeigt hat.

gegenüber der Hermeneutik Schliers als Programm Bedenken Der Autor hat sein Unternehmen gut abgesichert, indem er

tragen (vgl. z. B. F. Hahn in ZNW63, 1972, 9ff.). ihre Hand- in einem einleitenden Abschnitt die Genesis der in dem

ktbung durch Schlier selbst ist gleichwohl überzeugend. Es Begriff Biblisehe Theologie (BTh) enthaltenen Problem-

bestfitigt sieh „das geschichtliche Moment im Auslegungs- Stellung vom Ursprung her verfolgt (S. 5-28) und in einem

v"rgang, ... der damit wie alles hermeneutische Geschehen abschließenden Teil die in der Anfangsgeschichtc heraus-

°ei aller Beachtung der Regeln sich einer Regulierung gearbeiteten Ansätze an verschiedenen Entwürfen und DWP"

■eUtlich entzieht" (Schlier, Was heißt Auslegung der Stellungen bis in die Gegenwart hinein sich bewahren läßt

Heiligen Schrift?, in: Besinnung auf das Neue Testament, (S. 205—272).

1884, 57). Bei der Reformation zu beginnen, lag schon deshalb nahe,

Im übrigen sind an die inhaltliche Auslegung durchaus weil der Anspruch der Theologie, BTh zu sein, dort seinen

Kragen zu richten. Die Situation, in die der Brief hinein- Ausgang nimmt. Die lange unausgetragene Frage, ob diese

w'rken will dürfte schärfer akzentuiert und gespannter Prinzip oder Disziplin sein soll, hat hier ihre Wurzel, Ein-

K«Wcse„ »ein. als Seh. es voraussetzt. So ist Kap. 2 eine drucksvoll wird gezeigt, wie . inerse.ts Luthers Schr.it-

NUlfa Apologie gegenüber Versuchen, den Anspruch der prinzip Grundlage dafür ist, .laß es zur Herausbildung der

"""linisch'-n Verkündigung durch Diskreditierung des Ver- BTh kommen konnte, andererseits aber sein hcrmeneutisrher

k""digers zurückzuweisen. 4,111. hat doch wohl eine be- Einsatz eine kritische und histonsche Durchführung ja selbst

Mi>»mte Eschatologic zum Hintergrund, nicht nur nach «lir Bezeichnung inhibiert. So kommt es dahin, daß Luther

•'*<•■» gesetzte Bewegtheit des gläubigen Leben, (zu dieser «ich in der Exegese von systematischen Fragestellungen

Su'"e findet sich die einzige deutlich aktualisierende lnter- bestimmt sah, die ihm folgende Orthodoxie die Exegese in

Pr«tati„„, „ml gerade sie erschließt den Text wemger über- einem vorgeblich aus der Schrift konstruierten System aul

*c"K-nd als die übrigen Partien). Bei der Behandlung von gehen ließ. Inder Kritik «..dieser Usurpation derExegese durch

^3ff. wird m. E. zu Unrecht geleugnet, daß Paulus in einem die Systematik ist der Ursprung des Begriffs BTh zu suchen

**e»UUI massiven apokalyptischen Realismus gedacht hat, Geprägt von Wolfgang Jakob Christmann 1629 bezeichnet

,0, kehlig es auch ist, die Aus.ageintention solcher Ab- er zunächst nur eine biblische Belege bereitstellende H.lfs-

■C "'itte, die sie im Kontext haben, betont herauszustellen. «lisziplin der Dogmatik, deren Bedeutung freilich durch die

. r »»lche Fragen berühren das Gewicht dieser Auslegung Kritik des Pietismus an der orthodoxen Schultheologie

die eine reife Frucht c.nes Meisters der Auslegung de. »"iner Zeit wächst. Doch erst die Aufklärung gibt der bis ang

^e.ien Testaments ist nocn z" Hakigen Auffassung Tiefenschärfe. Buschings l.nt-

I„.„„. .. .... ., .. . , . • gegensetzung „biblisch-dogmatischer" und „scholastischer"

"»gesamt frei ich b eiht eine Präge nach dem Leserkreis « * » " e r „ linri

d.R Ii . ,„ ,. ■ , • l- u • . j„. Theologie, Senders l ntcrschcidung von Wort Collis unn

» "liehe*. Olm,, rine Kenntnis des Griechischen .st der u t o v_it. • v. ah 7ln „nd Temno-

lext „;„i . , . . . , , a Heiliger Schrift, zwischen Allgemeingültigem und lempo

, ""hl zu hewä Ilgen; andererseits werden in den An- r> < . r Kil.li.rher Autor das

""•rkii„„ ..... . .. . n .«.-«— re em, Zacharias Einsieht, daß kein InlUis« Ii« r numr

Kri- ZT r S°hl:,ü "r!" ^TTT r £ Ok-k-*««^. biet«, führen z„ jener Ko„.

•Iri„ ' ' ' -»«tzheh ubersetz.. Angesichts der ..... Einjt, (Ohlers und Bauers ermöglichte.

... y "de.. Notwendigkeit einer fundierten theologischem nvKi_4a<)R „Pt.

"".1 Weiterbildung von Laien sowie mit Blick auf I»t Buhn, von Johann Ph.hpp .«hier ^«BW

f.") WjU' " "« »eil,,, änd.-er Mitarbeit auch auf theologischem bindet sieh mit der „, der Antrittsyorlesu, g entfall, „

r1'" ' in UierArliin . e wünschenswert, daß ein solche. Hauptthese: die biblische Theologie hat historischen C.ha-

'"« b ganz h , r . cZchkenn.nisse zu lesen wäre. rakter. ,lie von ihr zu sondernde dogmatische hingegen

"« f.eili(.hK '"„; h , ,.....,„,,.„ ..... ..didaktischen". Im Anhang dieser Arbci, heg, das ,n sc,,,,,-

.......ring, (lr t l , , ,„r Gesten Marge- (iänze kaum /u,ang.iche theolog.egeschich.licW 1),^,,,,,,,

*°*4e« S(.in K nnC" ,n einer vollständigen (Übersetzung vor (S. 272-284). Die

Anficht, daß (iabler damit bereits zum Bahnbrecher einer

"«Iii.«.., ... .. „ „ historisch-kritischen Auffassung geworden sei, relativiert

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