Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1974

Spalte:

491-493

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Régi Magyarországi nyomtatványok 1974

Rezensent:

Sólyom, Jenő

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

491

Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 197''« Nr. 7

ALLGEMEINES, FESTSCHRIFTEN

Regi magyarorszägi iiyomtalvänvok (Alte iingarländischc
Drucke). 1473—1600. Hrsg. von Magyar Tudomdnyos
Akaddmia, Orszägos Szechenyi Könyvtär. Budapest:
Akademiai Kiado 1971. 928 S.( 42 Taf. 8°. Ft. 630,-.

Dieses großangelegte bibliographisches Werk entstand als
Gemeinschaftsunternehmen der Ungarischen Akademie der
Wissenschaften und der Ungarischen Nationalhihliothck
Szechenyi in Budapest.

Es behandelt jene vor 1601 erschienenen Druckwerke, die
auf dem Gebiet des geschichtlichen Ungarns (ohne Rücksicht
auf ihre Sprache) oder im Ausland ganz oder z. T. in ungarischer
Sprache erschienen sind. Die Bezeichnung „geschichtliches
Ungarn" weist in diesem Zusammenhang vor
allem auf den Anfang des 16. Jh.s Dabei werden einerseits
die im Laufe des 16. Jh.s erfolgten Veränderungen (d. h.,
daß ein Teil des Landes unter die Türkenherrschaft geriet
und in Siebenbürgen ein relativ selbständiges Fürstentum
entstand) ausgeklammert, andcrnteils wird die Tatsache
berücksichtigt, daß Kroatien und Slawonien als eine eigene
politische Einheit galt. (NB: Slawonien darf nicht mit dem
gegenwärtigen Slowenien verwechselt werden!)

Aus der Einleitung des Werkes soll hier vor allem auf den
Vorlaufer dieser Bibliographie, auf Käroly Szabös Werk
Regi Magyar Könyvtär (Alte ungarische Bibliothek) hingewiesen
werden, welches bis zum Jahre 1711 im 1. Band
(1879) die in ungarischer Sprache erschienenen Drucke, im
2. Band (1885) die in Ungarn erschienenen nicht-ungarischen
Drucke erfaßte. Für die zwischen 1601 und 1711 erschienenen
Werke bleibt diese Bibliographie auch weiterhin unentbehrlich
. Unberücksichtigt bleiben in der Bibliographie jene
Druckschriften, die im Ausland von aus Ungarn stammenden
Verfassern in einer nicht-ungarischen Sprache erschienen
sind: für solche Werke ist auch weiterhin auf den 3. Band
des erwähnten bibliographischen Werkes Regi Magyar
Könyvtär zu verweisen.

Die Beschreibung der ungarländischen Drucke erfolgt in
der Ordnung ihrer Erscheinungsjahre, nicht nach ihrer
Sprache oder ihrem Druckort. Nur dieses Verfahren ermöglicht
es, einen Einblick in die Eigenart der Buchkultur
in diesem Räume zu gewinnen.

Denjenigen Benutzern, die Drucke in einer bestimmten
Nationalsprache suchen, steht ein Index lingunrum zur
Verfügung. Dieser weist aber betreffs der Drucke in ungarischer
und lateinischer Sprache auf das Sachregister, da
die Hauptmasse der Drucke in diesen beiden Sprachen verfaßt
ist. Da aber in den Titelbeschreibungcn die Titel der
Drucke in griechischer Sprache und der in Cyrill-Schrift
gesetzten Slavika ohne Umschrift geboten werden, weist das
Titelregistcr die Titel dieser Werke in besonderen Gruppen
auf. Deutsche Titel sind nicht besonders gruppiert, da die
Frakturschrift z. T. auch von nicht-deutschen Drucken
benutzt wurde.

Noch interessanter als die Verschiedenheit der Sprachen
der einzelnen Drucke ist aber in dieser Bibliographie die
Vielfalt der Bildungsvcrhältnissc und der theologischen
Richtungen des 16. Jh.s, wie sie kaum noch ein ähnliches
Werk aus einem anderen Land ausweisen kann. Werke rein
humanistischer Provenienz und Drucke im Dienste der
Reformation scheinen parallel auf. Wir beobachten nicht nur
die Ausbreitung der Reformation, sondern gleichzeitig auch
den Gegenangriff des Katholizismus. Neben den Haupt-
richtungen der Wittenberger und der schweizerisch-oberdeutschen
Reformation entfaltet sich die kämpferische
Ideologie des Antitrinitarismus. Unser Blickfeld wird gewaltig
erweitert, und wir werden zu ökumenischer Betrachtung
aufgefordert, wenn wir beobachten, daß in diesem
Raum auch das orthodoxe Christentum am Werke ist: es

werden 38 Druckwerke beschrieben, die in all-kirchenslawischer
bzw. rumänischer Sprache verfaßt sind.

Dieses Werk hat auch in anderer Beziehung eine eigenartige
Bedeutung unter den Bibliographien. Es repräsentiert
eine neue Gattung, indem es — natürlich mit Beibehaltung
der gewohnten bibliographischen Daten — geradezu ein
Handbuch eines Sektors der Buchgeschichle darstellt. Es
beschreibt den Inhalt de» behandelten Drucks, bei den
religiösen (theologischen) Drucken gibt es einen Hinweis auf
die konfessionelle Zugehörigkeit des betreffenden Werkes
nach der gegenwärtigen gangbaren Nomenklatur, dazu
kommen noch Hinweise, welche das beschriebene Werk
näher beleuchten und für seine Entstehung bedeutsam sind.
In der Reihe der beschriebenen Drucke finden sich Hinweise
auf ausgeklammerte Drucke, aber im Anhang bekommen wir
Informationen auch in bezug auf die letzteren und dazu die
Begründung, warum sie ausgeklammert wurden. Diese
Ausklammerung wird Forscher und besonders die Benutzer
gangbarer Handbücher verschiedentlich zwingen, ihre bisherigen
Kenntnisse bzw. Annahmen zu revidieren, auch
wenn sie sich auf Autoritäten stützen. Die Daten der neu
beschriebenen oder neu eingereihten Drucke dürften in
manchen Fällen Geschichtsforscher verschiedener Einzelgebiete
zu neuen Überlegungen anleiten.

Einen besonderen Wert verleihen dem Werk die 41 Bildtafeln
mit den verkleinerten Abbildungen der Titelblätter
oder von je einem Blatt der vorhandenen alten ungarländischen
Drucke. Auch von einigen verschollenen Druckwerken
erhalten wir Abbildungen, sofern solche anderweitig
vorhanden sind. Der Arbeitsgemeinschaft der Verfasser ist es
gelungen, von den in Budapest nicht vorhandenen Exemplaren
der besprochenen Drucke in beinahe vollständiger
Zahl Photographien zu beschaffen, wodurch Interessenten
diese beinahe in Vollzahl in Budapest von den Originalen
oder von Photographien studieren können, Dazu erhalten
die Forscher Information über die Unversehrtheit bzw. das
Maß der etwaigen Unvollständigkeit der einzelnen Drucke.
Das Register der Bibliotheken, wo Exemplare der behandelten
Drucke aufbewahrt werden, umfaßt neben mittel- und
südosteuropäischen Bibliotheken auch skandinavische,
englische und amerikanische Bibliotheken. Auch nach Abschluß
der Bibliographie und noch mehr nach Krscheinen
derselben sind Daten über bislang unbekannte Druckwerke
und neu aufgefundene Exemplare aufgetaucht.

Besonders in bezug auf das Interesse der Kirchenge-
schichtler kann zusammenfassend festgestellt werden, daß
diese Bibliographie mit ihrer nahezu tausend Drucke umfassenden
Spannweite ein bedeutsames Hilfsmittel bildet für
die Erforschung der südosteuropäischen Reformation. Es
finden sich hier Momente oder Ansätze zur Reformation in
der Vergangenheit mehrerer Völker — eine neuerliche
Widerlegung jenes hartnäckigen Irrtums, als ob sich die
Grenzen der verschiedenen Richtungen der Reformation mit
sprachlichen Grenzen decken würden. Wir finden hier z. B.
die ersten ungarischen und slowakischen Übersetzungen von
Luthers Kleinem Katechismus nebeneinander, dazu auch
noch seine in Ungarn erschienenen deutschen Ausgaben.
Oder wir haben hier die Beschreibung jener Kronstädter
Katechismen, welche — anders als gewisse andere Ausgaben —
neben den Pfarrern nicht für Prediger, sondern — wie auch
im Titelblatt vermerkt — für Hausväter bestimmt waren.
Sodann findet man hier die Daten der ersten rumänischen
Drucke, denn sie entstanden innerhalb des Karpalcn-
raumes. Von dem ältesten derselben (erschienen 1544) ist
zwar kein Exemplar auf uns gekommen, aber es ist gewiß,
daß es ein im Zeichen der Reformation entstandener Katechismus
war. Jedenfalls ist es notwendig, daß sich die
Benutzer an die Gebrauchsanweisung halten, aus welcher
z. B. zu ersehen ist, daß bei der Beschreibung von Obersetzungswerken
der Name des Ubersetzers an der Stelle des
Verfassers aufscheint, da mit der Übersetzung zumeist auch