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Ausgabe:

1974

Spalte:

450-451

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Calixt, Georg

Titel/Untertitel:

Schriften zur Eschatologie 1974

Rezensent:

Zeller, Winfried

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1974 Nr. 6

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logie, indem es auf ein Denkmodell aufmerksam macht, KIRCHENGESCHICHTE:

dessen Bedeutung für die scholastische Theologie in P P PO R M ATI Cl N ^ 7 F IT

früheren Untersuchungen nicht klar genug erkannt KtrUKmttllUINOZ.CII

worden sei. Die Untersuchung beschränkt sich darauf
, festzustellen, „wie in der mittelalterlichen Theo- Calixt, Georg: Schriften zur Eschatologie, hrsg. v. Inge
logie die Rede von 'visio beata', 'scientia infusa', ^ager ?ötti,ngen: Vandenhoeck & Ruprecht [1972],

'scientia experimentalts/acquisita' entstanden ist. Da- ^Lii^S-^.^^^^Jl"*' T v ■ f'

u • . , , »» . „ , ... ... . „„„;«:„ Niedersachsische Kirchengeschichte an den Vereinig-

be. W1rd das Modell der cognitio matutma und cognitio ten Theologischen Seminaren der Universität Göt-

Vespertina speziell berücksichtigt. Auf diese Weise tingen 4.
möchte der Vf. zeigen, wie es zur herkömmlichen dog-

malischen Einteilung des Wissens Christi innerhalb der Die "nter der Leitung von Hans-Walter Krumwiede
römisch-katholischen Systematik gekommen ist. stehende Abteilung für Niedersächsische Kirchenge-
Die sechs Paragraphen des 1. Kapitels sind patristi- schichte in Göttingen veranstaltet eine Ausgabe aussehen
Voraussetzungen gewidmet. Hier wird u. a. ge- gewählter Werke Georg Calixts, deren 4. Band nunzeigt
, wie Augustinus in seiner Deutung der Schöpfung ™hr vorliegt. Während der bereits 1970 erschienene
von der Erkenntnis der Engel redet, von der Erkennt- 3;^ndJ?le "Ethischen Schriften" des großen Helm-
his der Dinge in sich selbst und der Erkenntnis der stedt*r Theologen enthält, werden jetzt seine „Schriften
Dinge im Worte Gottes, wobei Augustinus sich auf ™r Eschatologie" dargeboten. Die Bearbeitung beider
„Abend" und „Morgen" der Schöpfungstage bezieht. Bande lag in den bewährten Händen von Inge Mager.
Im übrigen gibt die Interpretation von Lk 2,52 und Mk , De5 Band glbt dlei grundlegende eschatologische Wer
13,32 den Vätern Gelegenheit, sich zur Frage der Er- ke Cahxts Wleder- die alle während des Dreißigjähri-
kenntnis Christi zu äußern. Der Vf. zeigt: man habe gen Krieges verfaßt sind und das Jenseitsdenken des
dabei entweder von einer progressiven Manifestation Frühbarock in kennzeichnender Weise zum Ausdruck
der Erkenntnis Christi, als göttliche oder auch mensch- bnngen' Dle 1627 geschriebene Abhandlung "De immor-
lich-vollkommene verstanden, gesprochen oder von tahtate an.mae et resurrectione carnis" ist mit Recht ein
einem Nicht-Offenbaren-Wollen. Im 12. Jh. (Thema des "°PUS im™rtale" Calixts genannt worden. Auf die 1635
2. Kapitels) verstärkt sich die Aufmerksamkeit auf die entstandene Schnft "De supremo iudicio" folgt schließmenschliche
Erkenntnis Christi. Das 3. Kapitel verfolgt hch dle aus dem Jahre 1643 stammende Arbeit „De bono
die interessante Verwendung des Augustinischen Mo- Perfecte summo". Die einzelnen Schriften sind von der
dells von Morgen- und Abenderkenntnis im Rahmen Herausgeberin mit kurzen Einleitungen versehen worder
Christologie. Der Vf. geht den Umdeutungen des den- die die erforderlichen Hinweise auf die Entstehung
Augustinischen Schemas, etwa bei Alexander von Haies, £ einzelnen Werke und auf die Überlieferung der
nach. Bei der Abenderkenntnis als einem eingegossenen b'eten A Darüber hinaus uwerde"ln de™ wisse"~
Wissen wird die cognitio experimentalis irrelevant. schafthehen Apparat vorzügliche Nachweise der zahlte
Aristotelesrezeption verändert die Möglichkeit der 2^!°2 l angeführten Autoren gegeben. Uber-

Psvr+i^i„„;„ ^__t, , . . „ .. . . , . , . . sichtliche Register tragen zur leichteren Benutzbarkeit

^»ycnologie der Erkenntnis. Kapitel 4 bringt den wich- ? "

tigsten Teil der Untersuchung mit der Darstellung der erl" , _ . . ...__, _ . . , .

chi-ic*«i~„;„,>i___ i7 . . Y7.. . — . In der dem Buche vorangestellten Gesamteinleitung

u» istologischen Versuche Alberts, Bonaventuras und ... .„ . . „ u<.

Thr.r«^ . r> • u j » . . . weist Inge Mager nach, daß es sich bei Calixts eschato-

*"omus. Gegenuber den Augustinischen Voraussetzun- , . , _ . ° ... „ . ,, ...

ti<n j j m ii . „ ... . . logischen Schriften „nicht um Zufallsarbelten, sondern

sen wird der Welt nun mehr Eigengewicht zuerkannt. . , . , . , . , ,. . .

Chru.i r. r-, i . • .----„ . . . ... um tili von Anfang an geplantes und folgerichtig durch-

"-nristus muß Erkenntnis erwerben, fordert der spate „ .... . „ . , „ i . ,. . ... .

Th^^, i■ * j , . ~t. j geführtes Gesamtwerk" handelt, das sich in sein dog-

homas Eine Möglichkeit zu anderer Interpretation der matisdles sinnV(jU einordnet. Die Einheit der theolo-

wu" m'cu ur ° 1stl crß * *' e'ne gC" g^chen Gedankenwelt Calixts erweist sich auch darin,

s*.. Nahe zu geschiclitlichem Verständnis. Das letzte, da(J seine eschatologischen Anschauungen in engen Be-

tar,'nngre 6 KapitCl g6ht de" Sentenzenkommen- rührungen sowohl mit seinen irenischen Bemühungen

von hzw1 1230 und 1310 "ach' autüren jener zeit' als auch mit seinen ethischen Interessen stehen. Gerade

ist em Sentenzenkommenlar nicht überkommen die enge Zuordnung von Ethik und Eschatologie ge-

nichi u * dOCh iSl dit> Beschrankunß natürlich hört mit zu den Besonderheiten der Theologie Calixts".

Vf rtu*T Stegmullers Repertorium bietet dem Cahxts Unsterblichkeitsbegriff fußt auf einer Anthro-

Grundlagen für dieses Kapitel. U. a. wird deut- päag*, die dem protestantischen Aristotelismus seines

ßefunden h^Cnig * SPÖt Se dCS Thomas Nachfolßer Lehrers Cornelius Martini entstammt. Dankenswerter -

Die "n 0 weise macht die Herausgeberin auf die Bedenken auf-

durch^• h,1' B 'St jedem Kapitel flüssig und merksam, die von der streng lutherischen Fakultät zu

'ateini k Im Apparat werden alle verwendeten Gießen gegen Calixts Unsterblichkeitslehre erhoben

«eiiji' n TeXte ,?eboten• 80 daß der Leser dieser worden sind. Um sowohl die Identität als auch das An-

Kapit°in eit Sldl selbst ein Urteil bilden kann Jedes derssein von altem und neuem Menschen zu wahren,

samnT 1 auch das Buch seIbst^ schließt mit einer Zu- nat Calixt in seiner Eschatologie die Vereinbarkeit der

verwpnH Ung' die das Verständnis erleichtert. Die Unsterblichkeit der Seele mit der Auferstehung des

t«t d ung des genannten Denkmodells zu erhellen. Fleisches theologisch zu begründen versucht. In ähn-

rendt'm Vf ß<>lungen Daß er in der Reßel bei referie- lichem Sinne hat er auch den von Johann Gerhard ver-

■*tinli Darsk'llung bleibt, ist eine verständliche Be- trelenen Gedanken einer völligen „annihilatio mundi"

Ch,isl 8 Dio Relevanz des Denkmodells für heutige abgelehnt. Seine Eschatologie rückte damit dem refor-

sein * gie deutet der Vf an, sie liegt jedoch außerhalb mierten Raumbegriff näher als dem der lutherischen

rig ^^'anes; sie aufzuzeigen wäre sicher sehr schwie- Ubiquitätstheorie (An diesem Punkte verdienen die Aus-

schij .riaß das umfangreiche Literaturverzeichnis aus- einandersetzungen der Herausgeberin mit den Johann-

eJ1'ch röm.-katholische Titel nennt, liegt nahe. Gerhard-Forschungen K. Stocks Beachtung). Offensicht-

^ostocit HHdricti lich wil1 Callxt eine gewisse Kontinuität der untergehenden
alten mit der neuen Welt aufrechterhalten.
Aufs Ganze gesehen hat der Helmstedter Theologe
jedenfalls die Eschatologie mehr von der Anthropologie