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Ausgabe:

1974

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 6

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liehe Bezugnahmen und Anspielungen des 1 Clem auf dieser sorgfältig gearbeiteten, eine Lücke in der Cle-

die übrigen Schriften des NT — in eigenartiger Reihen- mensliteratur schließenden und auf jeden Fall dankens-

tolge und Zuordnung (Hebräer und paulin. Briefe — werten Untersuchungen.

sie!-, Past., kath. Briefe, Apg., joh. Schriften) - Gegen- Druckfehler und Errata sind dem Rez. nur wenige

stand eingehender Untersuchung. Dabei ergibt sich eine aufgefallen. Sie hier aufzuführen erscheint nicht not-

Fülle von wahrscheinlichen bzw. möglichen Bezugnah- wendig.

men, die, sofern man H. durchweg folgen wollte, das rroi,.walrt „ _.. . T .

„„_.__. '— . ,, ,,, . . . . .7 . . .. Greifswald Hans-Gunter Leder

romische Schreiben weithin als eine teils verbale, teils

.edankliche ausschließlich zweckbestimmte Kompi- yaggione, Richard P.: Over All Asia? The Extent of the

lation aus der Mehrzahl Ml. (u. atl.) Schriften erschei- Scythian Domination in Herodotus (.TBL 92, 1973

nen lassen würde. s. 523-530).

H. bemüht sich auch in diesem Teil seiner Untersuchungen
, auf deren überwiegende Wahrscheinlichkeitsergebnisse
aus Platzgründen nicht eingegangen werden

kann, unter vielfältiger Diskussion der Literatur, bei KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Präponderanz des anglo-amerikanischen Sprachbereichs,
um vorsichtig abwägende Urteile, zeigt aber - nach

Auffassung des Rez. - im ganzen eine zu starke Nei- Hoffmann, Manfred: Erkenntnis und Verwirklichung der

t»iui. u aui-j! • i • wahren Theologie nach Erasmus von Rotterdam.

Rung, hterar.scher Abhängigkeit gegenüber traditions- Tübingen: Mohr 1972. XIV, 294 S gr 8° = Beiträge

geschichtlichen Zusammenhängen den Vorzug zu geben. zur Historischen Theologie, hrsg. von G. Ebeling, 44.

Dementsprechend wirft er Beyschlag und anderen „Ger- Lw. DM 56,—.
man scholars" vor, sie praktizierten einen Skeptizismus

gegen literarische Abhängigkeit und überbetonten die Bis in die jüngste Zeit ist das Verstehen und die Deu-
Bedeutung der Tradition (308 ff.). Freilich - und darin tun§ des Erasmus von Rotterdam mindestens für den
liegt ja eben die Schwierigkeit dieses Fragenkomplexes Theologiehistoriker eine crux gewesen. Schillernd und
- lassen sich wirkliche Nachweise im allgemeinen vieldeutig präsentiert sich seine Persönlichkeit, seine
weder für das eine noch für das andere führen. Dem hat geschichtliche Rolle, sein Werk. Entsprechend schwanker
Vf. dann auch Rechnung zu tragen versucht, wie ten die Urteile über ihn. Trotz der bereits unüberseh-
die Frequenz von „probability", „probabel" und ande- bar gewordenen Erasmusliteratur wollte sich ein Kon-
ren ähnlichen Begriffen in seiner Arbeit zeigt sens einstellen. Man war sich zwar des kaum zu

lM=~u u v,„* /-ii „ . . „ . , , überschätzenden vielfältigen geistesgeschichtlichen Einbach
H. hat Clemens "sayings of Jesus im Gefolge „ T. 1 , f.. f7 „. , „ „
miinHiinh«. „ „ u ■ ° ,. flusses des Erasmus durchaus bewußt (gegen Hoffmann
"unaJicher Tradition gebraucht, die Mehrheit der pau- „ , ... ... , , .. . D ... „

ninrhon r>„;„(■„ /„,„u„„„u • i- v. _ , ,»_•_.!» S. 1), aber es wollte nicht recht gelingen, seine Position

•"iischen Briefe (wahrscheinlich ein „Zehn-Bnefe-Cor- . . , . * ,. „ . ...

Pus" r-«9di oinC«v,ii-,ni;„k ui j r> i it__i-*-» • auf einen Nenner zu bringen und die Systematik seines

l-i/i] einschließlich wohl der Pastoral bnefe) sowie j u u t^ j • ,„.,,„„

Wpiiorc cr.v,..ift„n ,i tvtti / a tt , , _ . _ . . Denkens zu durchschauen. Es sind nun in den letzten

weiiere Schriften des NT (Apg, Hebr, 1. Petr. Jac) ße- , , , , „ . „ ,, , , ,

kanm i.nnAh „,„■,, i „ ■ u o ■ ,ll " „ *I Jahrzehnten z. B. von Auer, Padberg und Kohls immer

*annt, jedoch wohl kaum das joh. Sclinfttum. Daß der . , . ... . . , , .•„,,.,,.

1 PI«™ ^ u ~ i i- * ~ , , wieder Anlaufe unternommen worden, das theologische

des AT il beme[,ke"SW^r2" Ko"trast zum Gebrauch d zu fagsen und darzustellen. sicher

suchf l W°rtllch? Z'tat aUS dem enthalt" ver" zu Recht versucht man Erasmus vor allem als Theo-

ucht h hl au d p vo ..memory..zltaten ]ogen zu verstehen dabej hat es sjch bewahrt> daß je.

auch kanonsgeschichthch zu erklären. weils einzelne wichtige Schriften des Erasmus in den
Im vorletzten c. des II. Teiles fragt H. mit negativem Mittelpunkt der Untersuchungen gestellt wurden. Zwar
^•"ßebnis nach möglichen Eigenheiten im Gebrauch des blieb das Bild des Theologen Erasmus dabei unvollstän-
T bei Clemens im Vergleich zu den übrigen „apostol. dig, vorläufig und einseitig — dies gilt etwa für den von
ateriv' und diskutiert hier u. a. auch die Frage nach Kohls herausgearbeiteten heilsgeschichtlichen Entwurf
""•"glichen nichtkanonischen Quellen für Anspielun- des Erasmus —. aber es wurden doch die Konturen der
gen auf ntl. Schriften (q, Urevangelium, apokryphe theologischen Konzeption des Rotterdamers besser er-
Vv- usw.). Zu den „apostol. Vätern" rechnet H. 1 Clem kennbar. Die vorliegende Arbeit geht von den bisheri-
gnatius, Polycarp, Didache, Barnabas, Hermas, 2 Clem gen Erkenntnissen aus und setzt s;ch intensiv mit ihnen
art. Polyc. Diese Schriften bilden jedoch keine echte auseinander. Es dürfte ihr gelungen sein, unter Korrek-
uppo in der altkirchlichen Literatur. Die unsach- tur bisheriger Vorstellungen, eine einleuchtende und
dah1aße "0rdnungskateg°rie" »apostol. Väter" sollte klare Darstellung des Systems und der Ethik des Eras-
ner allmählich aus der Literatur verschwinden; sie mus zu geben. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht
"v'»ziert zu historischen Fehlurteilen. eine der bisher kaum gewürdigten Einleitungsschriften
Im aS let7te c- ist unter ausführlicher Diskussion der zum NT, die „Ratio seu Methodus Compendio perveni-
2v'•UtUr kanonsgeschichtlichen Problemen gewidmet. endi ad veram Theologiam" von 1519, die als eine
Behl Appendices (AT-Zitate im 1 Clem; Bezüge auf ntl. Schlüsselschrift zum Verständnis der Gedankenwelt
Auto*11 'm 1 Clem)' ein umfangreiches Lit.-Verz., ein des Erasmus gelten dürfte. Die zentralen Werke des
ra ''l e,11'egister' sowie ein Stellenregister ermöglichen Erasmus sind zwischen 1514 und 1520 entstanden. Die
H °rientierung. Ratio gehört zu ihnen. Zusammen mit dem Enchiridion
im i,S. Untersuchungen bringen — wie zu erwarten war und der Institutio Principis Christiani dürfte sie eine
nile Pir|eiiei Sensationen. Ihre Bedeutung dürfte vor Trias bilden, denn diese drei Schriften wenden sich an
durch lieeen- daß sie eine solide- fi e'l'ch nicht den Theologen, bzw. die Obrigkeit, bzw. den einzelnen
tUn Jr*8 widerspruchslos hinzunehmende Aufarbei- Christen, die in ihrer Gesamtheit die Gesellschaft ausin
d s einschlägigen Materials bieten. Das wird ihnen machen.

^chv Clemens]'teratur einen festen Platz sichern. Als Die Ratio hat drei Teile: 1. Die Voraussetzungen zur

lloU 'ctl Wertvoll erweist sich u. a., daß der 1 Clem nicht theologischen Arbeit. Diese sind sowohl sittlicher als

Kritn'* betracntet wird. Gewiß wird sich hier und da auch fachlicher Art (Sprachkenntnisse). 2. Die Prin-

<ngJ5 nn H s Arbeit ergeben (so etwa auch über das zipien. Hier führt Erasmus seine christozentrische Dog-

Clern 6Utete ninaus an der Verhältnisbestimmung des matik aus. Christus ist das Vorbild, der Lehrer, der ein

ens zu Paulus), doch mindert das nicht den Wert neues Gottesvolk stiftet. 3. Die Anwendung auf die