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Ausgabe:

1974

Spalte:

433-439

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Schlier, Heinrich

Titel/Untertitel:

Das Ende der Zeit 1974

Rezensent:

Merk, Otto

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Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 6

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beabsichtigt angesehenen Schluß des Markusevange- daraus Konsequenzen zu ziehen, ist bleibende „Aufgabe
Itumi (mit 16,8) nicht: die Auferstehung Jesu sei von der Theologie" (S. 36). Wenn freilich Schi, auf das „apo-
Markus nur in der Weise der Engelsproklamation (16,6), stolische Wort" im besonderen als auf Sukzession der
aber nicht durch eine Erscheinungserzählung dargestellt Wort verkündiger und (kirchliche) Tradition der Verworden
(was soll dann 16,7?). - Aber alle diese Hin- Kündigung selbst tendierend verweist (S. 22 ff.), schränkt
weise wollen nur stellvertretend den Dank für manche er den richtigen und wichtigen Sachverhalt, daß Gott
andere fördernde Beobachtung ausdrücken. sich menschlicher Zeugen zur Übersetzung seines Wor-
Eine Ubersetzung des Buches ins Deutsche wird man tes in je neue Situation bedient (vgl. auch S. 36), so-
nicht ohne weiteres empfehlen. Dazu müßte doch die wohl im Hinblick nuf sein eigenes Anliegen wie im Hin-
seit Graß' Buch weitergegangene Diskussion (W. Marx- blick auf die Unverfügbarkeit des Wortes Gottes im ge-
sen, H. W. Bartsch, U. Wilckens) mit einbezogen wer- samten Neuen Testament exegetisch-theologisch ein.
den, da sie bei uns auch den von F. vornehmlich ange- Denn indem er durch weithin undifferenzierte Zu-
sprochenen Leserkreis erfaßt hat. Das tvaditionsge- sammenordnung von Stellen aus den ntl. Briefen und
schichtlich gewonnene Ergebnis F.s wäre dahingehend aus der Apg ein einheitlich-harmonisches Bild des an
zu hinterfragen, ob die dem apokalyptischen Denken die Überlieferung gebundenen Wortes Gottes zeichnet,
verbundene Aussageweise ..er ist auferstanden" als In- wird er dem geschichtlichen Gewordensein des Neuen
formation oder als Interpretation der Osterwirklichkeit Testaments und damit dem ntl. Zeugnis von der Ge-
zu gelten habe. Aber davon abgesehen wird man sagen schichte der Unverfügbarkeit des Wortes Gottes nicht
können, daß F.s Buch seinen Zweck, Verständnis für perecht. Diesem Einwand gegenüber würde Schi, aller-
das Werden der neutestamentlichen Osterüberlieferung dings - wie häufig in diesem Aufsatzband (vgl. etwa
zu erwecken, im Grundsätzlichen überzeugend erreicht. S. 52.67) - darauf verweisen, daß ihn nicht Exegese,

_. ' . . . , _ . ... , „ , sondern weiterführende meditativ-theologische Besin-

Einige Technica wirken z.T. ziemlich störend. So der ' . _ ..__„ , .. . , , „• A . „ „_

Umstand, daß der Buchtitel - überflüssigerweise - aus- be, seinen Erwägungen geleitet habe und daßgegerechnet
auf jeder rechten Seite erscheint, während der rade die Zukunft des Wortes Gottes auch dessen Unver-
Kapiteltitel links steht. Das Bibelstellenregister (S. 219 fügbarkeit ausmache (8.341). In diesem Sinne die Zu-
bis 222) ist sehr unübersichtlich gesetzt. Im Autoren- kunft zu reflektieren aber heißt nach Schi., das ..Ende
register hätte kenntlich gemacht werden sollen, wo man der Zeit" wesenhaft zu kennzeichnen als gegenwärtige
die zitierten Arbeiten des Autors bibliographisch genau .Zeit der Kirche'. Und darum ist die ..Aufgabe der Theoangegeben
findet (dann würde man das fehlende Lite- logie" identisch mit der Aufgabe der Kirche: unver-
raturverzeichnis gut entbehren können). Vor allem sind rückt darauf zu dringen, daß Gottes Wort und Men-
die Anmerkungen schwer auffindbar, da sie am Ende schenwort eindeutig geschieden bleiben (vgl. S. 36).
des Buches stehen, aber nicht durchidas ganze Buch hin- m Reidl Gottes und Kjrche nach dem Neuen
durch, sondern kap.telweise gezahlt sind, im Textteil Testament- (s. 37_51) liegt die eben skizzierte Beson-
kann man aber nur schwer erkennen, in welchem Ka- t~T~r. ; 7 . , * . „. „. „ . . H„_
Pitel man sich befindet - im Anmerkungsteil dagegen derheit in gleicher Weise vor: Die Kirche ist der
weiß man nicht, auf welche Seite sich die Anmerkung ..R a u m" und das „Anwesen der Nahe der Herrscnatt
bezieht Gotts" und zugleich „auch die Form ihrer Anwesen-
NaumburK (S..ie) Niko.aus Walter heit« (S. 50). „Die in Jesus Christus nahegekommene

Herrschaft Gottes erschließt sich ... im Heilsraum der
Kirche" (S. 50). Denn das „Ende der Zeit" wird wesenhaft
in der Kirche erfahren und ist darin legitim neu-
«chlier. Heinrich: Das Ende der Zeit. Exegetische Auf- testamentlich weil auch im Neuen Testament „das
«ätze und Vorträge. III. Freiburg/Basel .Wien: Herder Nahegekommensein' der Herrschaft Gottes . . . primär
119711. 320 S. 8°. Lw. DM 40,-. keinen zeitlichen Sinn" hat, „nahegekommen" heiße
Nach seinen beiden Sammelbänden „Die Zeit der vielmehr, „daß diese Herrschaft Gottes in den Hori-
Kirche" (1956' «1966) und „Besinnung auf das Neue zont der menschlichen Geschichte und Erfahrung ge-
Testamont" (1964- 21968) hat H Schlier erneut eine rückt ist" (S. 39). Zwar verschweigt Schi, die Belege für
Reihe von Aufsätzen und Vorträgen zusammengestellt. eine im zeitlichen Sinne verstandene Naherwartung
d'e teils an entlegenem Ort erschienen und teils unver- nicht, aber wieder vermißt man die exegetische Durch-
"KontllAt waren und deren verschiedene Einzelthemen dringung und damit auch den Aufweis der Konsequenzen
oder im Hintergrund stehend das diesen Beiträgen zen, die sich aus dem häufig unternommenen und mit
gemeinsame Sachanliegen „Das Ende der Zeit" als den guten Gründen geführten Nachweis ergeben, daß Jesu
Gr"nd unseres Existenzverstehens widerspiegeln. Die Botschaft von der Nähe der Gottesherrschaft p rl-
Weite Bereiche neutestamentlicher Theologie berühren- mär in einem zeitlichen Sinne zu verstehen ist . Es
den eindringend-prägnanten Erwägungen sind stark geht Schi, um die Identifikation der .Zeit der Kirche
^ditativ ausgerichtet und wollen offensichtlich einem mit dem Neuen Testament in der Weise, daß in ihr „das
fiteren Kreis eine Hilfe zur Bewältigung geistiger und Ende der Zeit" als die Nähe der Herrschaft Gottes mar-
klrcl.lieher Nöte sein. Auf eine explizite Auseinander- kiert ist. Und diese Herrschaft Gottes ist nach dem
Reizung mit der fachwissenschaftlichen Literatur (und Neuen Testament in Jesus nahegekommen (Lk U.a ,
deren Anführung) ist darum weitgehend verzichtet. Mt 12.28), sie ist aber nicht in ihm gegenwartig (S.W.
. In I. „Grundzüge einer neutestamentlichen Theologie An dieser Aussage liegt Schi., weil so Jesus u n d die
des Wortes Gottes" (S 16-24) und II. ..Gotteswort und Jünger in der gleichen Situation angesichts der nun
.^en^henwort" (S 25-36- unveröffentlicht) wird mit der Gottesherrschaft sich befinden (S.45) woraus für
;p*l herausgearbeitet, daß Gottes Wort in Jesus Chri- die ..nachösterliche Situation" sich ergibt. daß NIM
5» konkret geworden ist und in der Verkündigung als der Gottesherrschaft als „Herrschaft Christi offenkun-

geschichtlichen Bedingtheit er- dig und gegenwärtig durch den

£hre" wird, sich aber nicht „auflöst zu einem zwischen- sich erschließt, wie analog „die Kirche Gottes da s

22*hll*«i Wort" (S 36t Gottes Wort und Menschen- (S. 49). „Alles war schon vor Ostern da . und doch ist

W/>n ^eken sich nicht (vgl S. 28). weil im Zeugnis- erst jetzt das „Nahe-Sein" vollendet, weil jetzt die

J*»*Wr der VerkündigunK Im apostolischen Wort ' Nähe der Gottesherrschaft als Ende der Zeit' das

fc Zeugen (S 23 vgl S 20) implSt die Unverfüg- Wesenmerkmal der Kirche ist (S. 49 f ). Demgegenüber

barkeit Gotte c ngesch.ossen ist Dta ^n erkennen und aber ist zu bedenken, daß jene Belege aus den Syn-