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Ausgabe:

1974

Spalte:

426-428

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Hofius, Otfried

Titel/Untertitel:

Der Vorhang vor dem Thron Gottes 1974

Rezensent:

Theißen, Gerd

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Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 6

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sehen dem Gericht über den NichtChristen und dem- gerade in Zusammenhängen gesprochen wird, wo das

jenigen über den sola gratia begnadigten Christen, der Sein der Kirche durch das Verhalten ihrer Glieder,

der Verdammnis nicht mehr anheimfallen kann, außer etwa durch fehlende Bruderliebe, zerstört zu werden

wenn er aufhört, Christ zu sein, dessen Werke aber droht.

wohl auf ihre relative Güte hin gerichtet werden sol- Roetzel argumentiert vor allem — das ist nicht zu-
len. Alle Positionen sind noch nicht restlos befrie- fällig — mit Texten aus dem l.Korintherbrief. Sein An-
digend. Mattern systematisiert die paulinischen Texte zu liegen ist, die Exegeten von zu ausschließlicher Konzen-
sehr. Nach dem Vf. leiden alle Entwürfe daran, daß sie tration auf das Problem der Rechtfertigung allein aus
das paulinische Gerichtsverständnis ausschließlich oder Glauben wegzuführen. Er hält den Versuch, Gerichts-
fast ausschließlich unter dem Aspekt des Gerichtes erwartung und Rechtfertigung allein aus Glauben mit-
über das Individuum sehen und seine kollektive Dirnen- einander zu verbinden, "more of a concern of the wes-
sion weithin außer acht lassen. Deshalb will R. vor tern theologian for consistency than a concern of
allem die Beziehungen zwischen Ekklesiologie und Ge- Paul's" (S. 178). Darum ist es aber schade, daß Roetzel
richtsverständnis herausstellen. Spiritus rectores bei gerade über das Verhältnis Rechtfertigung — Gericht
diesem Unterfangen sind ihm A. Schweitzer, W. D. Keine eigene Gegenthese bietet. Mit dem Verweis auf
Davies, J. Munck, H. J. Schoeps und vor allem E. Käse- Schweitzer oder Schoeps oder D. Moody Smith3 und
mann. der schlichten Behauptung, daß es irrig sei, die Recht-
Der Anmarschweg ist lang: In einem zweiten Kapitel tertigung auch nur als das zentrale Thema des Römerwird
zunächst der religionsgeschichtliche Hintergrund brlefs anzusehen (S. 78), ist eben dem wesentlichen
der Gerichtsvorstellung in A.T., apokalyptischem Juden- Theologen auch nicht geholfen. So mag Roetzels Buch
tum, Qumran und rabbinischem Judentum kurz skiz- eine willkommene Ergänzung und ein Hinweis auf in
ziert, vor allem anhand der Leitbegriffe Gericht, Ge- der Diskussion vernachlässigte Aspekte sein, aber ein
rechtigkeit, Bund, Zorn, Tag (Jahwes) (S. 14-67). Ziel echter Neuentwurf der paulinischen Gerichtsauffassung
rfio.c__Tn„::_t________ j„„ M„„v,,.,„i„ rf.n im r.r«r.ho. ist es wohl nicht. Denn denjenigen Fragen, die den

dieser Erörterungen ist der Nachweis, daß im prophetischen
, apokalyptischen und qumranischen Material

wesentlichen Theologen gerade anhand des Römerbriefs

mtF»»mW¥*^umu — l*u,,"°""',-----.r7"rr~ an der paulinischen Gerichtsauffassung beschäftigen,

die korporative, eschatolog.sche und heilsgeschichthche Roetzel kaum ^ damit bMbt dem Rezen.

Funktion des Gerichts stärker betont ist als im rabbr- ^ ^ ob ^ ^ die vQn RoeUel bei_

n.schen Material. Gegen Mattern halt R. fest daß in teuerten Beobachtungen in einen Gesamtentwurf der

apokalyptischen Schriften nicht nur dieVernuhtung der nischen Eschatologie eingebracht werden können,

ungerechten, sondern auch das Gericht über die Ge- H

rechten betont sein kann (S. 40). Das dritte Kapitel han- unDeantwortet.

delt von „Gerichtsterminologie, Form und Themen in Göttingen Ulrich Luz

den paulinischen Briefen" (S. 68-108). Die wesentlichen -

Ergebnisse dieses recht vagen und wenig eindringlichen i s. Lyonnet: Gratuite de la justification et gratuite

Kapitels sind: Das paulinische Gerichtsverständnis steht du salut, in: Analecta Biblica XVII/XVIII (Studiorum

Weit näher beim apokalyptischen als beim rabbinischen. Paulinorum Congressus Internationalis Catholicus 2 Bde,

Mit der Apokalyptik verbindet Paulus sein Interesse an 1963), Bd. I, Mg; teil Justification,

^r Gerechtigkeit Gottes, die seinem Interesse am Ein- Jon. prmcipalemem dans 1 ep.tre aux Romains, Rech,

feinen vorangeht, die zentrale Funktion der Eschato- , R Q Devor; The Concept of Judgement in the

l°gie in seinem Denken, der Bezug der Eschatologie auf gpistles of Paul, Diss. Drew University (maschinen-

die Heilsgeschichte, die Naherwartung. Von ihr unter- schriftl.), 1959.

'•eheidet er sich durch die proleptische Vergegenwärti- j d.M. Smith Jr.: '0 de dixaios tx itienttat Cif^r«',

eung des Eschatons die Rolle Christi, der allein über in: Studies in the History and Text of the New Testa-

Ergehen im Gericht entscheidet, die Bedeutung der ment (Festschr K. W. Clark) hrsgvon ^Daniels und

«er.chtserwartung für die Paränese. JJ^J. Suggs, Stud.es and Documents 29, Salt Lake City

Nur im vierten Kapitel über „Kirche und Gericht'
B. 109-176) kommt Vf. zu wirklich eigenständigen und
detaillierteren Textanalysen. Hier werden die Texte,

die von einer Rolle der Kirche im Gericht in Gegenwart Hoflus. Otfried: Der Vorhang vor dem Thron Gottes.

u"d Zukunft sprechen (1 Kor5,lff.; 1 Kor6,1 ff.; 1 Thess Eine exegetisch-religionsgeschichtliche Unte"uchu"g

fcftj 2 Kor 2,6 ff. und Röm 14.1 11.) untersucht, in £19i ■

SS (^Ä^fnS iiejemgr TnXKe,r SlWS 2L T^t/^fTiÄ u. Deiche.,

'»eni Gericht über die Kirche sprechen (1 Kor 11,27 fr., DM ^ _

Kor 16,22; 1 Kor 3,10 ff.). Im einzelnen wird hier viel .

"teressantes geboten; besonders hingewiesen sei auf Die Habilitationsschrift von O. Hofius hat sien aie

°le Diskussion von 1 Kor 16,22 (S. 142 ff.), ein Vers, des- Aufgabe gesetzt, die These Käsemanns zu widerlegen

*n Sitz im Leben Vf mit guten Gründen nicht zu Be- die im Hebr begegnende Vorstellung eines Himmel

*'n» der Eucharistie sondern im „apostolischen Urteil und Erde trennenden Vorhangs sei aus gnostischen 1 ra-

J*? Paulus sieht. Bemerkenswert sind auch die Aus- ditionen abzuleiten. Die Gegenthese lautet. 1 Die Vor

BUhru«Kcn des Vf. über das Problem der Sätze heiligen Stellung vom Vorhang sei aus jüdischen SpÄUUnonwi

fehles (S. 149« ) und über die Unterschiede zwischen über den Thron Gottes, aus der -Markabhah-Mystik

^Mischen, und apostolischen, Selbstverstandnis des abzuleiten (Teil 4) und nicht MI. gl»ost.sch«4™""

,Ullus (S i83m, Ir; ,anzen laufen seine Ausführun- (Teil B). 2. Der Vorhang trenne im Hebr niigendwo

tn ^auf hinaus daßTbe Paulus außerordentlich „immel und Erde, sondern den Thron Gottes vom ubrl-

V,el Material S wo GeriAt und Kirche miteinander gen himmlischen Heiligtum, das nicht mit dem ganzen

Ve*u»„en s nd Dm Se i t ein Instrument des Ge- Himmel identisch sei (Teil C). Hof.us setzt damit die

Ufrü'lig ist auch, wie oft vom Gericht über die Kirche bestritten werden.

J 1 T"«°l. Llteratunauun. tßt