

Recherche – Detailansicht
Ausgabe: | 1974 |
Spalte: | 382 |
Kategorie: | Praktische Theologie |
Autor/Hrsg.: | Piper, Hans-Christoph |
Titel/Untertitel: | Gesprächsanalysen 1974 |
Rezensent: | Winkler, Eberhard |
Ansicht Scan: | |
Download Scan: |
3^1 Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 5 382
Grundlagendiskussion ist für die Frage nach angemessenen Punkt irreal, Modelle der Kleingruppen auf kirchliche
Leitungsstrukturen in Kirche und Gemeinde instruktiv. Makrostrukturen ühertragen zu wollen.
Im ersten Teil weist der Vf. die sozialreformerischen Gewiß läge es nicht im Sinne des Autors, seine AusMotive
bei wichtigen Vertretern der Klcingruppenforschung, führungeil lediglich auf innerkirchliche Probleme anzu-
besonders in den USA, nach. Er beschreibt das subinsti- wenden. „Wo eine soziale Gruppe ihren Prozeß nur nach
tutionelle Demokratieverständnis anband der Entwürfe von innen reflektiert und ihren Dezug zu den sie umgebenden
G. H. Mead und W. I. Thomas. Die Problematik zeigt sich Sozialsystemen aus dem Auge verliert, droht die Gefahr der
sowohl in begrifflicher Unscharfe (Mead gebraucht „Gruppe" Isolierung und Desintegration" (176). Trotzdem hält es der
und „Gesellschaft" mitunter synonym) als auch im Fehlen Rcz. für richtig, die Ergebnisse der Kleingruppenforschung
von Zielvorstellungen. Bei Thomas findet der Vf. „eine und deren anregende Interpretation durch Steinkamp vor
eigentümlich mechanistische Auffassung der Vermittlung von allem auf kirchliche Fragen zu beziehen, zumal sich die
Individuum und Gesellschaft die menschliche So- sozialethische Thematik unter den Bedingungen der Sozialität
letztlich als instinktgeleitet deutet" (44). zialistischen Gesellschaft, in der es keinen Pluralismus gibt,
Methodisch ist der subinstitutionelle Ansatz dadurch anders stellt als in den USA und Westeuropa,
gekennzeichnet, daß er wichtige Prinzipien der angewandten Dje Arbeit wurde von der Katholisch-theologischen
Gruppenforschung wie das face-to-face-Prinzip, das feed- Fakultät in Würzburg als Doktordissertation angenommen.
back-Prinzip, das herc-and-now-Prinzip auf den gesell- Der Betreuer, Prof. Wilhelm Dreier, schrieb ein Vorwort.
Schaft liehen Bereich überträgt. Als Wertprämissen postuliert
die angewandte Gruppendynamik eine demokratische und Halla/Sa.le Kherhar.1 Winkler
ständig selbstkritisch lernende Grundhaltung (deinocracy
und spirit of inquiry). Unter deinocracy wird im wesentlichen
Zusammenarbeit, rationale Konfliktlösung und helfende
Beziehung verstanden (57). Steinkamp zeigt am Beispiel der
Konfliktlösung, daß die in Kleingruppen evtl. realisierbare Piper, Hans-Christoph: Gcspriielisnnalysen. Göttingen: Van-
Ausdiskutierung aller Möglichkeiten für makrosoziale Knt- denhoeck & Ruprecht (1973). 108 S. gr. 8°. Kart. DM 12,80.
Scheidungsprozesse i.nanwcndbar ist. Dem Rez. erscheint p. und kommclltiert fünfzehn Gesprächs-
d.eser Hinweis für die kirchliche Leitungstätigkeit als Otokolle aus verschiedenen seelsorgerlichen Anlässen mit
Wichtig: BiM nah« Übertragung von Me.ngruppenmodellcn dem SchwcrpunUt Krankenscclsorgc. Die Gespräche wurden
<«uf synodale Entscheidungen muß fehlschlagen und führt y()n ^ Mitarbpjtprn _ untcr ibnpn mehrt.ro Nichtlheologen
toicht zum ScIbstbctrug, mindestens aber zu untragbarem _ ans Jem Ge(1;ichtnis aulgczpitbnpt. ull)1 im Rahmen eines
Zeitaufwand. Die „Forderung nach rationaler und emot.o- clinicnl pastora, TrllininR- allS(,cwcrtct. Der Autor wählte
n«ler Beteiligung aller Individuen an den für sie jeweils bewirft keinc ;,,,.„,,.„ Beispiele aus, um an den Fehlern
relevant,.,, and M gemeinsam betreffenden Entscheidungen" CXPmplnrisch einige Probleme zu demonstrieren. Besonders
Ul) ist für,he Kirche ebenso irreal wie für die Gesellschaft, weigt cf auf Hic NotWPndigkcit llin> dic „icht-verbalen
Wenn auch hier w.e dort eine .optimale Beteiligung und K01Ilraunikationsbemühungen der Gesprächspartner nufzu-
Milverai.lwnrtung angestrebt wird, n&mm sowie Kommunikationshindernisse auf Seiten des
Im zweiten Hauptte.l untersucht Steinkamp drei Problem- Seelsorgers (Angst, Aggression, Resignation u. dgl.) zu über-
^•r,..chc, die den Zusammenhang zwischen Meingruppcu- >vindpn. ohne besondere Hinweise auf Rogers veranschaulicht
«rschung und DcmokratisHTungsdiskussion besonders deut- dag Buch Jie Konzeptio„ des „icht-direktiven Gesprächs.
"Wn erkennen lassen: Gruppenformeii, l'uhrung und 1 arti- Sowohl als Lehrmaterial für poimenische Seminare als auch
»patwn. Obwohl die referierten un,l diskutierten Theorien zur Splbstkon|rol,e filr allP) die da8 seelsorgerliche Gespräch
«d Befunde aus da Stand.ndhteratur zum großen 1 eil üben, ist das Buch zu empfehlen, zumal es eine interessante
'»■kannt sind, ergeben sich immer wieder interessante ymd jpsbare LektttW bietet. Auch wenn nicht jede
"'•hische und praktisch-theologische Aspekte. Nur einiges sei nPlltung der Gcsprüchsbeiträgc den Leser überzeugen mag.
'"•rausgegriffen: die normative Bedeutung der Reziprozität w.jrt) cr auf ^a Pft|j 7um Napbdpnkcn angeregt.
'""I damit zusammenhängend die Orientierung des Handelns
u» '1er „Goldenen Regel"; die Reziprozität in den „authen- HeBs/Seals Eberhard Winkler
tisch,.,, Beziehungen" : „ich vermag den anderen nur
***quat ... wahrzunehiuen, wie meine Angst schwindet,
«ttreh sein So-Sein in meiner Identität gefährdet zu werden"
j*"9). Eine PUlle wichtiger Hinweise ergibt sich zu den
''r'ige>> ,|Pr Führung. Das gerade in kirchlichen Kreisen vereitele
Mißverständnis, der demokratische Führungsstil klimmer, I. [Hrsg.]: Lcctio Brcvis. Aus Ansprachen von
'^"'.Ic Gleichmacherei, wird klar widerlegt. Zurückge- Ileinrich Kahlefeld. Frankfurt/M.: Knecht (1972). 273 S.
*'"sen wird auch eine vereinfachende Deutung der Führung 8°- Lw- DM 1930.
*" Punktion der Gruppe. Zwei, drei Seiten lang sind die Abschnitte dieses Ilm lies
Für die Überlegungen zur Kirchcnreform sind der Arbeit im Durchschnitt. Sie sind aus Predigten ausgewählt, dic
l,'inkamps viele Anregungen zu entnehmen, vielleicht H. Kahlefeld in den letzten zwanzig Jahren gehalten hat.
Berede deshalb, weil dies gar nicht direkt in der Absicht des Jeder Abschnitt ist für sich verständlich, er soll auch für
"Utors lag. Das gilt z. I!. auc h für den Abschnitt über sich gelesen werden — der Buchtitel, dem Horengebet ent-
'""•izipation. „Nicht allein die Gesichtspunkte der Fffek- nominell, weist darauf hin. Trotzdem sind die Texte zu vier
Je *** und eines guten Betriebsklimas sprechen für die Gruppen zusammengefaßt, mit den Themen: Probleme
otwemligkrit von Partizipation, sondern letztlich und ent* unserer Zeit; Das Evangelium; Gebet; Kultische Kontcm-
'Cn<'idend das Argument der menschlichen Entfaltung" (172). plation.
I,'"1"''ts, ils werden die Grenzen der Möglichkeit praktischer Die Texte bedienen sich einer stillen Sprache ohne Schlag-
, '"■'i'ipation an den Fntschcidungsprozessen auf den Wörter. Der Pre.liger versucht deutlich zu machen, daß die
"•Wen Ebenen gesehen. Partizipation im Sinne des Mit- III. Schrift die Aufgabe der Vergegenwärtigung hat und daß
V"r;"Hwortens ,,„<! Mitentscheidens der einzelnen Ge- diese Aufgabe im Gottesdienst heute sich fortsetzt. „Im
"'•«ideglieder wird in, kirchlic hen EUttn immer schwächer Glauben die vordergründigen, verhüllenden und unzu-
seltener je weiter die Fntscheid.ingsgremiei. räumlich längliehen bergenden Zeichen zu durchdringen und den
■•Chlich von den Gemeinden entfernt sind. Hier wird nahen Herrn zu erkennen", das versteht K. unter Konlem-
,c" manches bessern lassen, aber es wäre auch an diesem plation. Hört die versammelte Gemeinde die Evangelien, so